ohliger


OHLIGER, WILHELM * Wald (heute Stadtteil Solingens) [nicht Gräfrath] 16. Apr. 1865 | † Essen Ende Jan. 1934; Violinist, Kapellmeister und Komponist

Beschaut man lediglich die größeren Stationen der Biographie Ohligers, würde man ihn nicht unbedingt als Kandidaten für das vorliegende Lexikon vermuten, ebenso wie bei genauerem Hinsehen ein einzelnes Musiker- bzw. Kapellmeisterleben für die Anzahl und räumliche Streuung der Anstellungen und Auftritte kaum ausreichend scheint. Dennoch: Nach seiner Ausbildung zum Violinisten am Kölner Konservatorium unter Gustav Holländer (um 1880 und abermals 1884/85) und weiterer Vertiefung bei Hubert Léonard in Paris (vor 1884) sowie (dank Vermittlung durch Rudolph Ibach) mit einem positiven Zeugnis Joseph Joachims ausgestattet, verfolgte der Messerschmiedsohn Ohliger zunächst eine Virtuosenkarriere. Konzerte führten ihn in den Jahren 1882 bis 1884 durch Nordrhein-Westphalen, nach Brüssel und Berlin, wobei das erste Violinkonzert von Max Bruch die Rolle eines treuen Begleiters einnahm. Es folgten (neben solistischen und kammermusikalischen Auftritten) Engagements als Sologeiger bzw. Konzertmeister des städtischen Orchesters in Aachen unter Julius Kniese (1885), der Gewerbehauskapelle in Dresden unter Ernst Stahl (1886/87 (und evtl. 1904/05)), der als Kurorchester engagierten Kapelle Julius Laubes in Pawlowsk (1891), der Kurkapelle Bad Kissingen unter Julius Schreck (1892) und der Städtischen Kapelle in Chemnitz unter Max Pohle (1892/93, 1896/97 (und evtl. 1901/02)) sowie Konzerttourneen durch Schottland und Irland (mit August Manns, 1885/86), die USA und Kanada (mit dem Mendelssohn Quintette Club aus Boston ca. 1888–1890). In der Position des Kapellmeisters leitete Ohliger Ensembles in Annaberg (städt. Orch., 1897), Aussig (Ústí nad Labem, Tschechien) („Ohliger-Orchester“, ca. 1900–1904?), Dortmund (1907/08, 1914), Halle a. d. Saale (1908/09, 1915), Gladbach (1911), Duisburg (1916). Zuletzt lebte er in Essen, wo ihn die Adressbücher seit 1918 als Kapellmeister führen.

Ohligers Berührungspunkte mit dem Mittelrhein waren zunächst Konzertreihen in Bad Ems, bei denen er unter Leitung von Julius →Langenbach als Solist jeweils im Herbst 1884, 1885 und 1886 engagiert war, bevor Hermann Mannsfeldt) ihn für die Saison 1887 als Konzertmeister anstellte. Um 1890 bis April 1891 lehrte er an der Pfau-Johnson’schen Musik- und Gesangschule in Koblenz und wurde im Herbst 1893 (bis etwa 1896) in Mainz neben Ferdinand Pöpperl und Hyppolit →Diehl als Konzertmeister am Mainzer Theater unter Emil Steinbach eingestellt. Während dieser Zeit sind Auftritte in Kreuznach (1893) und Worms (letzterer 1894 an der Seite von Cellist Richard Vollrath und Sängerin Tony Canstatt) belegt; außerdem steuerte Ohliger den offiziellen Festmarsch für das 1894 in Mainz abgehaltene XI. Deutsche Bundesschießen bei. Schließlich war er von 1906 bis 1908 Musikdirektor und Konzertmeister an den vereinigten Stadttheatern von Kaiserslautern und Zweibrücken (neben den Kapellmeistern Anton Aich und Hans Selger). Die in einer Pressemeldung von 1908 (Dortmunder Zeitung 1. Mai 1908) genannten Anstellungen als Konzertmeister Homburg vor der Höhe und Kreuznach sind noch zu verifizieren. Seit 1905 war Ohliger mit der Handarbeitslehrerin und Landwirtstochter Maria Theresia geb. Kerschner (* Modlan (Bezirk Aussig; heute Modlany, Tschechien) 21. März 1867 | † vermutl. Essen nach 1935) verheiratet; unter den Trauzeugen befand sich der Dresdner Musiker Emil Tamme.

Werkein der Region erschienen: Grüsst mir das blonde Kind am Rhein und sagt, ich käme wieder (Sst., Kl.) op. 24, Offenbach: André [1892]; D-B, D-OF <> Zwei Lieder (1. „War ein Reh im Walde“, 2. Frühlingslied; Sst., Kl.) op. 25, Koblenz: Metzger [1891/92]; D-B – dass. Köln: Ullrich [1898] <> Mainzer Schützen-Marsch (Orch./Militärmusik), Mainz: Ebling [1894]; D-MZsch (Kl.-Fsg.) <> Drei Lieder (1. Wanderlied, 2. Im Lenz, 3. Frommer Wunsch; Sst., Kl.), Mainz: Kittlitz-Schott [1895]; D-MZsch (Nr. 2) <> Wie die Liebe und Lebe Wohl (Sst., Kl.) op. 1 Nrn. 1–2, Mainz: Ebling [ca. 1896]; D-B, D-MZsch <> Berceuse (Vl., Kl.) op. 2 („A Monsieur Louis Zimmermann“), ebd. [ca. 1896]; D-B, D-Mbs, D-MZsch (Ausg. u. Autographe Druckvorlage „Wiegenlied“), Privatbesitz (IMSLP digital) <> Ein Sommerabend auf dem Rhein. Walzer (Kl.), ebd. [ca. 1896]; D-B, D-BABHkrämer, D-MZsch, D-SPlb (digital, s. Abb.) <> andernorts erschienen: Zigeunerweisen (Vl., Kl.), Berlin: Paez [1884]; D-B, GB-Lbl <> Liebestraum (Serenade) und Romanze (Vl., Streichquintett), Dresden: Weiss [1888] <> Abendlied (Vl., Kl.), Köln: Ullrich [1890] – dass., Köln: Illian & Ullrich [1891] – dass., Köln: Tonger [1893] – dass. in Tongers Geigenschatz, ebd. [1914]; CH-Zz, D-B, D-Mh <> „Geh’ an den Rhein“ (Sst., Kl.), (Berlin-) Charlottenburg: Michow [1891] <> (als Bearbeiter:) Paul Gradenwitz, 3 Stücke arr. (Vl., Kl.), Bad Kissingen: Verlag der Tagesfragen [1892] <> Liebeslied (Sst., Kl.) op. 10, Berlin: Thelen [1893]; D-B (dort zudem Ausg. Berlin: Zechlin) <> Drei Männerchöre (1. „Ich hör’ ein Vöglein locken“, 2. Abendgang, 3. Schäfer’s Klagelied; Mch.) op. 12, ebd. [1891] <> Ich liebe Dich (Sst., Kl.) op. 15, ebd. [?]; D-B <> Ich denke Dein (Sst., Kl.) op. 21, ebd. [?]; D-B <> Valse-Caprice (Vl., Kl.) op. 26, Köln: Illian & Ullrich [1892] – dass. Köln: Tonger [1893]; D-B <> Der schönste Augenblick (Sst., Kl.), Köln: Tonger [1893]; D-B – dass. arr. von Henry Vries (Zith.), ebd. [1911] – dass. arr. von Felix Zumhasch (Salonorch.), ebd. [1914] – dass. arr. von J. Ott, ebd. [1921] – dass. arr. von Otto Lange (Mch.), ebd. [1924]; D-B <> Liebeswerben. Walzer (Orch.), Chemnitz: Plötner Nachf. [1897] – dass. (Kl.), Chemnitz: Plötner Nachf. [1897] <> nicht veröffentlicht (der Presse entnommen): Violinkonzert a-Moll, vermutl. Fragment geblieben; vgl. Echo der Gegenwart 25. Juni 1885 <> Lieder „Ich will meine Seele tauchen“ und Fahrwohl (Sst., Kl.) sowie Ungarische Fantasie (Vl., Kl.?); vgl. Solinger Zeitung 9. Juni 1888 <> Fantasie über amerikanische Volksweisen bzw. Souvenir d’Amerique (Vl., Orch.); vgl. Tagesfragen (Bad Kissingen) Nr. 5/6 (Juni/Juli) 1892, Mainzer Neueste Nachrichten 27. Nov. 1894 <> Tendre Aveu und Serment d’amour (Vl.?); vgl. Solinger Zeitung 12. Aug. 1895 <> Orpheus. Marsch (Orch.), dem Männergesangverein Orpheus in Aussig gewidmet; vgl. Die Lyra 15. Nov. 1900 <> Gruß an Aussig (Orch.); vgl. Die Lyra 15. Aug. 1904 <> Intermezzo (Streicher); vgl. Dresdner Journal 8. März 1905

Quellen und Referenzwerke — Standesamtsregister Dresden <> Adressbücher Essen <> Verlagsverträge mit André in Offenbach; D-OF <> SchülerInnen Konservatorium Köln (Liste des Sophie Drinker Instituts) <> Neuer Theater-Almanach 1895, 1907 <> Zahlreiche Nennungen in der Lokalpresse (hier in Auswahl): Hagener Zeitung 10. Juni 1882; Solinger Zeitung 31. Juli 1882, 15. März 1884, 1. Sept. 1884, 13. März 1886, 16. Apr. 1887, 9. Juni 1888, 5. Apr. 1890, 28. März 1891, 12. Aug. 1895, 22. Apr. 1920 und passim; Wittener Zeitung 24. Apr. 1883; Kölnische Zeitung 29. Apr. 1883; Nieuwe Amsterdamsche Courant 22. Mai 1883; Solinger Tageblatt 6. Dez. 1883, 5. Febr. 1884, 27. Febr. 1934, 23. Juli 1939 (J. Luppa, Wilhelm Ohliger, der Solinger Meistergeiger. Zu seinem Wirken in Solingen vor 50 Jahren (mit diversen irrigen Angaben)) und passim; General-Anzeiger (Düsseldorf) 5. Febr. 1884, 19. Sept. 1895; Bad-Ems. General-Liste der anwesenden Kurgäste und Durchgereisten 3. Sept. 1884, 10. Sept. 1884, 13. Sept. 1884, 17. Sept. 1884, 24. Sept. 1884, 5. Sept. 1885, 9. Set. 1885, 12. Sept. 1885, 16. Sept. 1885, 19. Sept. 1885, 23. Sept. 1885; Aachener Zeitung 10. Febr. 1885; Echo der Gegenwart (Aachen) 25. Juni 1885, 22. Aug. 1885, 24. Okt. 1885; Frankfurter Zeitung und Handelsblatt 28. Aug. 1885 (Morgenbl.), 14. Okt. 1893 (2. Morgenbl.); The Glasgow Herald 30. Dez. 1885, 2. Jan. 1886; Fremdenliste von Bad-Ems. General-Liste 1. Sept. 1886, 8. Sept. 1886, 22. Sept. 1886, 25. Mai 1887; Dresdner Nachrichten 9. Jan. 1887, 4. Febr. 1905; The Portland Daily Press 27. Sept. 1888; Toronto Daily Mail 6. Nov. 1888, 28. Dez. 1889; The Salt Lake Herald 20. Jan. 1889, 3. März 1889; Fort Worth Daily Gazette 3. Febr. 1889; San Antonio Daily Light 13. Febr. 1889; Freie Presse für Texas 15. Febr. 1889; Walder Zeitung 28. Febr. 1889; Los Angeles Daily Herald 30. März 1889, 6. Apr. 1889, 15. Febr. 1890; Pittsburg Dispatch 13. Okt. 1889; Morning Journal and Courier (New Haven) 3. Dez. 1889; The Valley Virginian (Staunton) 2. Jan. 1890; Santa Fe Daily New Mexican 12. Febr. 1890; Hamburger Fremdenblatt 29. Mai 1890; Tagesfragen (Bad Kissingen) Nr. 5/6 (Juni/Juli); General-Anzeiger für Chemnitz und Umgegend 28. Sept. 1893, 6. Okt. 1896; General-Anzeiger (Mannheim) 16. Apr. 1894; General-Anzeiger (MainZ) 23. Juni 1894; Mainzer Neueste Nachrichten 27. Nov. 1894, 30. Nov. 1894; Lichtenstein-Callnberger Tageblatt 15. Juni 1897; Dresdner Journal 8. März 1905; General-Anzeiger (Dortmund) 29. Nov. 1907; Dortmunder Zeitung 1. Mai 1908; Saale-Zeitung 7. Okt. 1908 <> Nennungen in der musikalischen Presse: NZfM 4. Aug. 1882, 27. Apr. 1883, 18. Jan. 1884, 19. Nov. 1886; Musikalisches Wochenblatt 8. Nov. 1883, 29. Nov. 1883, 3. Jan. 1884, 17. Jan. 1884, 14. Febr. 1884, 18. Juni 1885, 25. Juni 1885, 18. Nov. 1886, 26. Mai 1892, 7. Juli 1892, 27. Okt. 1892, 17. Nov. 1892, 5. Jan. 1893, 9. Febr. 1893, 16. Febr. 1893, 16. März 1893, 11. Mai 1893, 12. Okt. 1893; Signale für die musikalische Welt Nr. 25 (März) 1884, Nr. 53 (Okt.) 1893, Nr. 25 (März) 1894, 9. Apr. 1896; The Musical World (London) 9. Jan. 1886; Die Lyra (Wien) 15. Nov. 1900, 15. Jan. 1901, 15. Aug. 1904 <> Florian Speer, Klaviere und Flügel aus dem Wupperthale – Instrumentenbau in der Wupperregion und am Niederrhein während des 19. Jahrhunderts am Beispiel der Orgel- und Klavierbauerfamlie Ibach, phil. Diss., Wuppertal 2000, S. 307f.

Abbildung: Titelseite zu Ein Sommerabend auf dem Rhein. Walzer; D-SPlb


Kristina Krämer

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  • Zuletzt geändert: 2024/09/26 22:51
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  • angelegt 2024/09/24 17:24