draud

auch Draudt, Draudius, Traut u. ä.

(1) Georg * Dauernheim (seinerzeit Grafschaft Katzenelnbogen, heute Ortsteil der Gemeinde Ranstadt, Wetterau) 9. Jan. 1573 | † Butzbach 25. Mai 1635; evangelischer Pfarrer, Literat, Bibliograph

(2) Heinrich Georg get. Dauernheim 4. Febr. 1646 | † Wolfskehlen (Stadtteil von Riedstadt, Kreis Groß-Gerau) 13. Sept. 1708; Enkel von (1), (Musik-)Lehrer und evangelischer Pfarrer


(1) Georg Draud ging aus der überaus kinderreichen Familie des Dauernheimer Pfarrers Philipp David Draud (1528–1597), des Stammvaters zahlreicher hessischer Theologen und Lehrer, hervor. Nach seinem Studium an der Marburger Universität (immatr. 1584; 1589 Baccalaureus und Magister) fand er 1590 seine erste Anstellung als Mitarbeiter der Frankfurter Buchverlage Bassée und Feyerabend, wurde 1599 Pfarrer in Groß-Karben (heute zu Karben, Wetteraukreis), 1614 in Ortenberg bei Büdingen und schließlich 1625 – zunächst als Adjunkt seines Bruders Heinrich, dann als dessen Nachfolger – in seinem Geburtsort Dauernheim. In den Wirren des Dreißigjährigen Kriegs floh Draud 1634 über Nidda nach Butzbach, wo sein erster Sohn Cornelius (1602–1664; 1629–1636 Hofmaler Landgraf Philipps III. von Hessen-Butzbach, anschließend im Dienst Georgs II. in Darmstadt) lebte; hier wurde er, ebenso wie etliche Mitglieder seiner Familie innerhalb weniger Wochen, Opfer der Pest. Georg Draud, der 1597 die Frankfurter Glaserstochter Elisabeth Thiem geheiratet und 1599 das Bürgerecht erhalten hatte, blieb der Mainmetropole auch nach seinem Weggang verbunden, was nicht nur daran zu erkennen ist, dass er, bereits in Groß-Karben lebend, seine Kinder in Frankfurt taufen ließ. Er führte vor allem seine Kooperation mit der Frankfurter Verlagswelt bruchlos weiter und veröffentlichte eine ganze Reihe von Editions- und Übersetzungsarbeiten von Werken unterschiedlicher Fachgebiete. Daneben knüpfte er an die bibliographischen Arbeiten von Johannes Cless an, dessen postum publizierten Bücherverzeichnisse er offenbar zunächst auf den neuesten Stand brachte, bevor er – nicht zufällig im selben Verlag und nach geraumer Zeit – mit seinen eigenen Katalogen an die Öffentlichkeit trat, wobei die Zweckbestimmung zweifellos den Interessen des Buchhandels dient: Die drei Verzeichnisse der Jahre 1610 und 1611 versammeln die Titel fremdsprachiger (Bibliotheca exotica) und deutscher (Bibliotheca librorum Germanicorum) Bücher sowie eine dem internationalen Handel dienende lateinische Version (Bibliotheca classica). Musikalische Werke – Theoretica wie Practica – sind hierbei in separaten Rubriken sowie nach Schlagwörtern (von Balletten über Geistliche Lieder, Hochzeit Gesang, Lautenbücher, Täntz, Venuslieder bis Weihnachtlieder etc.) gelistet und durch ein alphabetisches Verfasserregister erschlossen (vgl. auch Ameln, S. V–VII). Dass Draud es trotz seiner Akribie nicht Allen recht machen konnte, wusste er selbst: „Man kann je keinen Hut finden / der jedem Kopff gerecht ist/“ (Bibliotheca librorum Germanicorum, Vorrede ohne Paginierung).

Werke — Strieders Ansicht, dass Draudt „viel ums Brod geschrieben“ hätte (S. 215; Fußnote), lassen wir einfach mal so stehen, obwohl – gemessen am Output mancher Zeitgenossen – er wahrlich nicht zu den Vielschreibern zählt und, wie oben angedeutet, zumeist Auftragsarbeiten für seine Verlage anfertigte (vgl. VD 17 sowie Strieder, S. 215–221). Hier nur die für die Musikbibliographie relevanten Verzeichnisse: Bibliotheca exotica, sive Catalogus officinalis librorum peregrinis linguis usualibus scriptorum, videlicet Gallica, Italica, Hispanica, Belgica, Anglica, Danica, Bohemica, Ungarica etc. omnium, quotquot in Officinis Bibliopolarum indagari potuerunt, et in Nundinis Francofurtensibus prostant, ac venales habentur […], Frankfurt: Kopf 1610 (VD 17 3:303845K); enthält Libri Gallici […] Musici S. 167–170, Libri Italici […] Musici S. 206–209, Libri Belgici […] MusickBücher S. 218 – 2. erweitere Auflage Frankfurt: Oster 1625 (VD 17 23:000321A); enthält Libri Gallici […] Musici S. 208–212, Libri Italici […] Ludicri et Musici S. 266–270, Libri Hispanici […] Poetici et Musici S. 279, Libri Belgici […] MusickBücher S. 289–290, Libri Britannici […] Poetici et Musici S. 300–301 <> Bibliotheca librorum Germanicorum Classica. Das ist: Verzeichnuß aller und jeder Bücher / so fast bey dencklichen Jaren in Teutscher Spraach von allerhand Materien hin und wider in Truck außgangen / und noch den mehrertheil in Buchläden gefunden werden […], Frankfurt: Kopf 1611 (VD 17 3:303843U); darin S. 545–563 Teutsche Musicalische Bücher – 2. erweitere Auflage Frankfurt: Oster 1625 (VD 17 12:154632); darin S. 733–759 Teutsche Musicalische Bücher <> Bibliotheca classica, sive Catalogus officinalis in quo singuli singularum facultatum ac professionum libri, qui in quavis fere lingua extant […] ordine alphabetico recensentur, Frankfurt: Kopf 1611 (VD 17 12:154919S); darin Librorum musicorum vocalium iuxta atque instrumentalium […] dispositio […] S. 1203–1236 sowie (im Appendix) S. 1253 (Titel sämtlich in lateinischer Übersetzung) – 2. erweiterte Auflage Frankfurt: Oster 1625 (VD 17 23:000320T); darin S. 1609–1654 Librorum musicalium […] dispositio


(2) Es zählte wohl zu den familiären Selbstverständlichkeiten, dass Georg Drauds Sohn Johannes (get. Frankfurt (nicht Groß-Karben) 5. Aug. 1604 | † Dauernheim 9. Febr. 1662; verheiratet mit Anna Maria Nigrinus aus einem alten Pastorengeschlecht) Pfarrer (seit 1637 in Dauernheim) wurde und seinen Sohn Heinrich Georg Theologie (seit 1662 in Gießen; gedruckte Disputation 1665) studieren ließ. Jener wurde 1668 Konrektor der Schule in Echzell und übernahm 1680 als Nachfolger von Franz Wolrod die dem 3. Lehrer („Tertius“) zugeordnete Kantorenstelle am Pädagog in Darmstadt – dass er ein „guter Musicus tam vocalis quam instrumentalis“ war, hob man nach seiner Bewerbung ausdrücklich hervor (zit. nach Noack, S. 141), wobei wir nicht wissen, wem er seine musikalische Ausbildung zu verdanken hatte. 1690 verließ er Darmstadt und wurde Pfarrer in Wolfskehlen. In seiner Funktion als „Praeceptor-Classicus des fürstl. Pädagogii alhier“ war Draud 1689 neben Kapellmeister Wolfgang Carl →Briegel Taufpate des ersten Kinds von Johannes Cotta. 1672 heiratete Draud Anna Maria geb. Hirsch – natürlich eine Pfarrerstochter.


Quellen und Referenzwerke — KB Butzbach; KB Dauernheim; KB Frankfurt; KB Groß-Karben; KB Wolfskehlen <> Akte zu Heinrich Georg Drauds Pfarrbestallung in Wolfskehlen (1689); D-DSsa <> Art. Draudius (oder Draut), Georg, in: Friedrich Wilhelm Strieder, Grundlage zu einer Hessischen Gelehrten und Schriftsteller Geschichte seit der Reformation bis auf gegenwärtige Zeiten, Bd. 3, Kassel 1783, S. 213–221 <> Art. Draud oder Draudius (George), in: GerberNTL <> Die Matrikel der Universität Gießen 1608–1707, hrsg. von Ernst Klewitz und Karl Ebel, Gießen 1898 <> EitnerQ <> Wilhelm Diehl, Stipendiatenbuch der hessen-darmstädtischen Universitäten Gießen und Marburg für die Zeit von 1605–1774, Hirschhorn 1907 <> Verzeichnis der im deutschen Sprachraum erschienenen Drucke des 17. Jahrhunderts (VD 17; digital)

Literatur — Wilhelm Diehl, Der Maler Cornelius Draudt, in: Hessische Chronik 7, 1918, S. 97–104 <> Noack 1967 (zu (2)) <> Konrad Ameln, Georg Draudius. Verzeichnisse deutscher musikalischer Bücher 1611 und 1625, Bonn 1957 (mit Faksimile der Musiktitel aus den beiden Auflagen der Bibliotheca librorum Germanicorum) <> Peter Cahn, Art. Draud, Georg, in: MGG2P

Abbildung: Beginn der Musikrubrik der Bibliotheca librorum Germanicorum (1611); D-Mbs (digital)


Axel Beer

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