wahlig


WAHLIG, (RUDOLPH) AUGUST * Frankfurt/M. 15. Nov. 1864 | † Stuttgart 14. Apr. 1929; Kaufmann

Einige Rätsel gibt uns August Wahlig auf. Wie sein Vater und seine beiden Brüder schlug er die Kaufmannslaufbahn ein und ging als solcher 1888 nach Großbritannien, wo er in den Jahren 1891 und 1896 als „bank clerk“ belegt ist und 1897 im Londoner Stadtteil Kensington die Ehe mit Lilian Kate Mosley (1875–1960) schloss. Kurze Zeit später übersiedelten beide nach Stuttgart. Dort weisen ihn die Adressbücher als Teilhaber der Warenagenturgeschäfte Karl Meinel und Co. (1898–99) und Wahlig und Wölffel (1910–1918) sowie als Kaufmann mit Agenturgeschäft (1900–1909, 1919–1929) aus. Nach seinem Tod wurde das Geschäft unter der Teilhabe seiner Witwe weitergeführt, die spätestens 1947 in ihre britische Heimat zurückkehrte. Wahligs musikalische Betätigung scheint ausschließlich im privaten Rahmen erfolgt zu sein und so wirft seine einzige überlieferte Komposition, ein Marsch für Klavier, der dem Frankfurter Spinnenclub gewidmet ist und in den 1880er Jahren entstand, die Frage auf, ob er ein leidenschaftlicher Arachnologe mit Musikkenntnissen oder ein Hobbymusiker mit Sympathie für Spinnenfreunde war. Dass sich zur Existenz des besagten Clubs (jenseits von Wahligs Musikstück) keinerlei Hinweis finden ließ, stimmt nachdenklich und lässt die Vermutung aufkommen, dass sich dahinter vielleicht nur ein kleiner Freundeskreis – ob nun arachnophil oder nicht – verborgen haben dürfte, dessen Umfeld sicherlich auch der Maler Hans Spohrer (eigentl. Johann Adam Spohrer, * Frankfurt/M. 15. März 1853), der die Titelblattzeichnung beisteuerte, angehörte. Als Handlungsort der am Fuß der Seite dargestellten Szene lässt sich (ausgehend vom Frankfurter Stadtwappen und der Konstellation von Zaun und Litfaßsäule) der Frankfurter Schillerplatz ermitteln, an dem sich seit Ende 1884 auch die auf der Litfaßsäule genannte Weinstube Bodega befand, in der möglicherweise die Zusammenkünfte des Spinnenclubs abgehalten wurden. Die ebenfalls auf der Säule erwähnte [Frankfurter] Kleine Presse sowie der Zoologische Garten könnten Verweise auf weitere Auftraggeber Spohrers sein. So enthält die Kleine Presse vom 5. Juni 1886 eine von Spohrer angefertigte Zeichnung der Markthalle (Best. S7A Nr. 1998-4560; D-Fsa), und für das Schwanenkränzchen gestaltete er im selben Jahr die Einladung zu einem Fastnachtsmarkt am 13. März im Zoologischen Garten (Best. S9 Nr. 1-65; D-Fsa (digital)). Es ist nicht auszuschließen, dass Wahlig dem 1878 gegründeten Katholischen Kaufmännischen Verein angehörte, für den Spohrer bereits 1882 das Programmblatt für eine „Carnevalistisch-Humoristisch-Theatralisch-Musikalische Abendunterhaltung mit Tanz“ gestaltet hatte (Best. S9 Nr. 1-61; D-Fsa (digital)). Zu ermitteln, welcher Art die abgebildete Spinne angehört und ob dies eine besondere Bewandtnis hat, überlässt die Verfasserin lieber jenen, die nicht an Arachnophobie leiden. Was die Schnake betrifft, so könnte dies eine Anspielung auf Adolf Stoltze und die von ihm herausgegebene Frankfurter Satirezeitung Schnaken sein, die bzw. der (auf welche Weise auch immer) dem Spinnenclub ins Netz ging. Die weiteren Versatzstücke des Titelblatts – die Personen und restlichen Elemente der Litfaßsäule – ließen sich nicht näher identifizieren. Inwiefern Wahlig sich in späteren Jahren oder anderem Kontext in irgendeiner Form musikalisch betätigte, ist ungewiss.

WerkeSpinnenclub Marsch (Kl.) („dem Frankfurter Spinnenclub gewidmet“), Frankfurt: C. A. André (in Komm.) [1886/87]; D-OF (Herstellungsakte; s. Abb.)

Quellen — Standesamtsregister und Standesbücher Frankfurt <> Standesamtsregister Wiesbaden und Stuttgart <> UK Census 1891 <> Erwähnung Wahligs, in: Nachlassakte Edmund W. Rich († 16. Juni 1896); Hauptnachlassgericht London <> Naturalisation Certificate Lilian Kate Wahlig (HO 334/180/27298); GB-Lna <> Nachlassakte Lilian Kate Wahlig († 17. Okt. 1960); Hauptnachlassgericht London <> Adressbücher Frankfurt und Stuttgart <> Frankfurter Zeitung und Handelsblatt 29. Aug. 1903 (2. Morgenblatt) (Todesanzeige des Vaters Georg August Wahlig)

Abbildung: Probedruck der Titelseite des Spinnenclub Marschs; D-OF – mit Stempel vom „Spinnen-Club Frankfurt a. M.“, der eine gewisse Ähnlichkeit mit von André genutzten Stempeln aufweist; freilich könnte dies Zufall sein, doch lässt es die mögliche Mitgliedschaft von Angehörigen der Familie André im besagten Club in Betracht ziehen.


Kristina Krämer

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  • Zuletzt geändert: 2023/08/02 08:44
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  • angelegt 2023/07/31 18:33