Johannes Schober
SCHOBER, JOHANN(ES) * Kindelbrück (Landkreis Sömmerda, Thüringen) ca. 1640 | begr. Frankfurt/M. 2. Nov. 1697; Musiker
Möglicherweise war Johannes Schober bis 1662 Mitglied der Durlacher Hofkapelle, bevor er sich im Worms niederließ, wo er seit 1666 nachweisbar ist; 1668 bewarb er sich als dortiger Musikdirektor erfolgreich um Aufnahme in die Frankfurter Stadtkapelle und wirkte anschließend unter Leitung Daniel Lommers zunächst als Sänger und Violinist bei der Kirchenmusik in der Barfüßerkirche mit. Die Tätigkeitsbezeichnung „Cantor“ (bei der Taufe seines Sohns Johann Caspar; 25. Jan. 1675) deutet zudem möglicherweise auf die wachsende Relevanz des Gemeindegesangs während der Zeit Philipp Jakob Speners als Stadtprediger hin, mit dem Schober nachweislich zusammenarbeitete (s. u.) und der just in diesem Jahr sein berühmtes pietistisches Grundsatzwerk Pia desideria in Frankfurt veröffentlichte. 1681 wurde Schober mit der Leitung der Kirchenmusik in der neuerbauten Katharinenkirche, zu deren Einweihung er eine mehrchörige Festmusik geschaffen hatte, betraut; sein Gesuch um die Übertragung der (städtischen) Kapellmeisterstelle in der Nachfolge des verstorbenen Lommer (1682) blieb ohne Erfolg – er erhielt lediglich den Titel des Vizekapellmeisters, während Georg Christoph Strattner sein Vorgesetzter wurde. Nach dessen Weggang blieb jene Position rein formal bis auf Weiteres unbesetzt; Schober war dennoch während seiner letzten Lebensjahre „zur führenden Musikerpersönlichkeit der Stadt geworden.“ (Cahn, S. 298). Sein Nachfolger als leitender Musiker an der Katharinenkirche wurde Philipp Jakob Mehl. Die Umstände, die es erlaubten, dass Schober wenigstens in den Jahren 1679 und 1680 auch in Darmstadt (u. a. als Mitglied einer bei Hof gastierenden Schauspielergesellschaft) tätig sein konnte, sind noch zu klären; jedenfalls kam sein Sohn Matthias (* Worms verm. 1666 | begr. Darmstadt 16. März 1736; bis 1686 Sänger in der Hofkapelle, dann Kammer- und Kabinettssekretär) nach seiner 1679 dort erfolgten Konfirmation als Kapellknabe in Kost und Logis bei Kapellmeister →Briegel, und seine Tochter Anna Maria (get. Frankfurt/M. 4. Juni 1672 | † Ort unbekannt; angeblich 16. Apr. 1728) wurde bereits 1686 als Hofsängerin engagiert. 1671 heiratete Schober, der in diesem Jahr auch das Frankfurter Bürgerrecht erhielt, Anna Öttel aus Dornburg an der Saale, nachdem seine erste Frau, die Mutter des Sohns Matthias, vermutlich noch in Worms verstorben war.
Werke — „musikalisches Stück für 4 Chor uffgesetzt“ (zit. nach Valentin, S. 187) zur Einweihung der Katharinenkirche (1681); verschollen <> Chorsatz Dann die Ihm vertrauen (C, A, T, B, Str., B. c.); D-F (s. RISMonline) <> Melodien zu geistlichen Liedern von Philipp Jakob Spener: Ich weiß / daß Gott mich ewig liebet, So bleibets denn also und So ists an dem / daß ich mit freuden, in: (Johann Crügers / Neu zugerichtete) PRAXIS PIETATIS MELICA: Das ist Ubung der Gottseligkeit / In Christlichen und trostreichen Gesängen Herrn D. Martin. Lutheri fürnemlich / wie auch anderer seiner getreuen Nachfolger / und reiner Evangelischer Lehr Bekenner […], hrsg. von Peter Sohr, Frankfurt: Wust 1674 (s. VD 17 12:120312D), S. 651 (Nr. 528), 757 (Nr. 611), 918 (Nr. 755); vgl. auch Zahn, Bd. 2, Nr. 3058; Bd. 1, Nr. 1115; Bd. 3, Nr. 5978
Quellen und Referenzwerke — KB Darmstadt; KB Frankfurt <> Gesuch Schobers um Aufnahme in der Frankfurter Stadtkapelle (1668); D-Fsa (H.02.14, 1668-II, Bl. 120–121) <> Gesuch Schobers (als Musicus von Kindelbrück) um Aufnahme in die Frankfurter Bürgerschaft (1671); D-Fsa (H.02.14, 1671, Bl. 299–302) <> Gesuch Schobers um Zuweisung der Kapellmeisterstelle an der Barfüßer- und Katharinenkirche (1682); D-Fsa (H.02.14, 1682, Bl. 96–99) <> Johannes Zahn, Die Melodien der deutschen evangelischen Kirchenlieder, Bd. 1–3, Gütersloh 1889 (Bd. 1) bzw. 1890
Literatur — Valentin 1906 <> Noack 1967, S. 153 <> Joachim Schlichte, Thematischer Katalog der kirchlichen Musikhandschriften des 17. und 18. Jahrhunderts in der Stadt- und Universitätsbibliothek Frankfurt am Main (Signaturengruppe Ms. Ff. Mus.), Frankfurt 1979, S. 124 <> Peter Cahn, Kirchenmusik an St. Katharinen, in: St. Katharinen zu Frankfurt am Main, hrsg. von Joachim Proescholdt, Frankfurt/M. 1981, S. 294–298 <> Roman Fischer, Art. Schober, Johann, in: Frankfurter Personenlexikon (digital)
Abbildung: Melodie zum Lied „Ich weiß, daß Gott mich ewig liebet“; in: PRAXIS PIETATIS MELICA, Ausg. Frankfurt 1674, S. 628; D-Mbs (digital) – nach dem Textincipit oben rechts: P[hilipp] J[akob] S[pener] D[octor], unten rechts J[ohannes] S[chober]; Zahn meint hierzu (Bd. 2, S. 289): „Ein Frankfurter Musiker J. S. ist uns nicht bekannt“. Uns schon!
Axel Beer