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WALTER (seltener Walther), JAKOB * in Bayern, gegen 1600 | † verm. Arheilgen (heute Darmstadt-Arheilgen), zwischen 1652 und 1661; Sänger, Lehrer, Kapellmeister

Jakob Walter und die Familie seiner Frau gehörten den akademisch-universitären Kreisen in Marburg an. Während Walter in so enger (persönlicher wie beruflicher) Beziehung zu dem weitgereisten Gelehrten Catharinus Dulcis stand, der zunächst in Kassel (1602) und dann in Marburg (ab 1605) als Professor neuere Sprachen lehrte, dass er 1626 sein Erbe wurde, war Ehefrau Walpurgis (geb. ca. 1602) Tochter des Juristen Johannes Euler, eines Schwiegersohns des Juraprofessors Christoph Lersner. 1629, nicht lange nach der im März des Vorjahrs in Marburg erfolgten Eheschließung, ließen sich Walpurgis und Jakob Walter in Darmstadt nieder, da Letzterer eine Anstellung als Tenorist an der Hofkapelle sowie gleichzeitig als Kantor und auch als Sprachlehrer am Pädagog, der gerade eröffneten, von Landgraf Georg II. ins Leben gerufenen städtischen Lateinschule, erhalten hatte. Da aber dem vielseitig gebildeten Walter offenbar jegliches Talent zum Lehrerdasein fehlte, beschloss man in gegenseitigem Einvernehmen, das Anstellungsverhältnis zu beenden: Hofprediger Simon Leißring, der dem Ehepaar Walter (er fungierte 1633 als Taufpate eines Sohns) sehr verbunden war, legte als Verantwortlicher für das Pädagog eine Rückkehr nach Marburg nahe, weil Jakob Walter dort „die studiosos in frantzösischer Sprach vnnd vf der Viol zu informiren wüste“ (Brief vom 13. Dez. 1633 an den Hofkanzler; zit. nach Noack, S. 85). Da auch Walpurgis Walter inzwischen eine Erbschaft in Marburg anzutreten hatte – vermutlich aufgrund verwandtschaftlicher Beziehungen zur im November 1631 verstorbenen „reichsten Frau in Marburg“ (Marburger Sippenbuch Bd. 13, S. 222) und Gattin des Kanzleirats Georg von Lettow, der gleichfalls Pate des genannten Sohns war –, fiel die Entscheidung nicht schwer, zumal der Darmstädter Hof sich nicht lumpen ließ und dem ehemaligen Kantor im Januar 1634 noch etliche Gulden und die üblichen Naturalien (insgesamt ein Fünftel des vormaligen Jahresgehalts) hinterherschickte. Walters Nachfolger am Pädagog wurde Johann Daniel Misler aus Münzenberg, der bereits im August 1635 als gerade einmal 23jähriger an der Pest starb. Als interimistischer Hofkapellmeister diente in Personalunion mit dem Hofoganistenamt seit 1653 der schon 1648 vertretungsweise tätig gewesene und eigentlich als Hofregistrator angestellte Philipp Christoph Wannenmacher (1616–1668).

Wie es den Walters im Einzelnen in Marburg erging, wissen wir nicht – bekannt ist nur, dass Jakob Universitätsangehöriger blieb und zudem die landesherrliche Funktion eines Zentgrafen innehatte. 1641 jedoch trat er wieder in den Dienst Landgraf Georgs, der seine Residenz kriegsbedingt nach Gießen verlegt hatte, und wurde Nachfolger des seitherigen Hofkapellmeisters Christian Theodor Völckel. Nach der Rückkehr des Hofs nach Darmstadt (1649) ist zwar im Blick auf Walter als dem „gewesenen Capellmeister“ die Rede, doch durfte er seinen ursprünglichen Titel weiterhin tragen und – gut bezahlte – Aufträge ausführen; die letzte zweifelsfrei nachgewiesene Aktivität ist die Komposition der im März 1651 in Darmstadt aufgeführten Ballettmusik anlässlich der im November 1650 in Gottorf erfolgten fürstlichen Hochzeit durch „Jacob Waltern, Fürstlichen Hessischen Capellmeistern“. Nicht lange danach scheint Walter sich nach Arheilgen zurückgezogen zu haben, wo seine Witwe Walpurgis 1680 starb.

WerkeAir françois zu Vnterthänigsten Ehren Vndt wünschung eines glückseligen Fried Vndt Frewden-newen Jahrs […], (nicht vor 1641) komponiert für Landgräfin Sophie Eleonore (1609–1671); Autograph ehem. in D-DS (Katalogkarte mit Incipit erhalten) <> Ballet Welches bey der Durchleuchtig hochgebornen Fürstin […] Marien Elisabethen gebornen Herzogin zue Schleßwig Holstein […] Vermählter Landgräffin zue Hessen […] Heimbführung den 3. Martij Anno 1651 zue Darmbstatt ist gehalten worden, Manuskript (verm. Autograph) ehem. in D-DS (Katalogkarte mit Incipit und den Überschriften der 22 Nummern erhalten; zit. bei Noack 1967, S. 114)

Quellen und Referenzwerke — KB Darmstadt (ev.) <> Marburger Sippenbuch (digital) <> Art. Catharinus Dulcis, in: Friedrich Wilhelm Strieder, Grundlage zu einer Hessischen Gelehrten und Schriftsteller Geschichte seit der Reformation bis auf gegenwärtige Zeiten, Bd. 3, Kassel 1783, S. 243–247

Literatur — EitnerQ <> Noack 1967 (hier auch weitere Quellen- und ältere Literaturangaben)


Axel Beer

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  • Zuletzt geändert: 2024/12/05 18:55
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