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STIEHL, (ANTON WILHELM) FERDINAND * Arnoldshain (heute Ortsteil von Schmitten im Taunus) 12. Apr. 1812 | † Freiburg im Breisgau 16. Sept. 1878; Seminarlehrer

Der Pfarrerssohn studierte nach dem Besuch des Gymnasiums in Wetzlar 1830–1833 an den Universitäten in Bonn und Halle Theologie. 1835 kam er als Lehrer an das Seminar in Neuwied, wo er 1836 Friedrich Braun als Direktor folgte. 1844 berief ihn Friedrich Eichhorn als Mitarbeiter an das preußische Ministerium der geistlichen Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten, wo er 1872 ausschied. Stiehls Bedeutung für die Musikgeschichte besteht nicht in seinen Verdiensten, sondern in den Einschränkungen, die er in den sogenannten „Stiehlschen Regulativen“ dem preußischen Elementarschulwesen einschließlich der Lehrerausbildung verordnete: Der Gesangunterricht an den Elementarschulen soll zwar zum Singen nach Noten führen, aber nur Volkslieder, patriotische Lieder und Choräle vermitteln, „die Aufführung liturgischer Chöre durch Schulchöre ist wünschenswerth, muß aber von der Berücksichtigung örtlicher Verhältnisse abhängig bleiben“ (Stiehl, S. 72). Der Musikunterricht am Lehrerseminar dient der „Förderung seiner kirchlichen und sittlichen Lebenszwecke“, erst danach folgt die Ausbildung von Gesanglehrern für die Elementarschule sowie Kantoren und Organisten (S. 40). Entsprechend ist der Violinunterricht auf das Vorspielen von Melodien begrenzt, der Klavierunterricht bereitet das Orgelspiel vor, das Orgelspiel ist nur zur Choralbegleitung da, im Gesangunterricht gibt es wie in der Elementarschule ausschließlich Volkslieder, patriotische Lieder, Choräle und liturgischen Figuralgesang, die Harmonielehre dient keinesfalls eigenen kompositorischen Betätigungen der Zöglinge. Weitergehender Unterricht von „einzelnen begabteren Schülern […] wird in jedem Fall sorgfältiger Erwägung unterliegen“ (S. 41). Diese Vorstellungen erklären, warum Stiehl in seiner Neuwieder Zeit mit dem Musiklehrer des Seminars Ernst Adolph Wendt offensichtlich in einem sehr angespannten Verhältnis stand (Kloevenkorn).

WerkeDie drei Preußischen Regulative vom 1., 2. und 3. October 1854 über Einrichtung des evangelischen Seminar-, Präparanden- und Elementarschul-Unterrichts, Berlin 1854; D-Mbs (digital)

Literatur — Heinrich Kloevenkorn, Das Lehrerseminar in Neuwied (1819-1919), Neuwied 1919 <> Willi Gundlach, Schulgesang im Spannungsfeld der Regulative, in: Musikpädagogik. Historische, systematische und didaktische Perspektiven, hrsg. von Hans Günther Bastian und Dieter Klöckner, Düsseldorf 1982, S. 57–66 <> ADB; NDB; NassB


Karl Traugott Goldbach

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