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ZERLETT, JOHANN BAPTIST * Geistingen (heute Stadtteil von Hennef) 27. (nicht 25.) Juli 1859 | † Berlin 24. Juni 1935; Dirigent, Pianist, Musiklehrer und Komponist

Nach seinem Studium am Kölner Konservatorium (u. a. bei Ferdinand Hiller und James →Kwast; Fritz →Volbach zählte zu seinen Kommilitonen) begann Johann Baptist Zerlett, ein Sohn des Geistinger Lehrers und Organisten Rudolph Z., 1883 seine Dirigentenlaufbahn in Saarbrücken als städtischer Musikdirektor. 1886/87 hatte er in Darmstadt als Nachfolger Willem de Haans kurzzeitig die Leitung des Mozartvereins inne, bevor er sich 1887 in Wiesbaden niederließ; abgesehen von den Jahren 1900 bis 1907, die er als Dirigent in Hannover verbrachte, lebte er hier bis 1917 und folgte anschließend einem Ruf an das Stern’sche Konservatorium in Berlin. In Wiesbaden übernahm Zerlett anstelle von Arthur Smolian die Leitung des Männergesangvereins („Zerlett-Verein“), mit dem er auch außerhalb, etwa beim Gesangsfest in Karlsruhe 1892, auftrat; sein Nachfolger wurde Franz Mannstaedt. Weiterhin war er als Preisrichter bei Chorwettbewerben, als Pianist in Kammerkonzerten präsent wie auch als Klavierbegleiter, insbesondere seiner Frau Rosalia („Rosa“) Zerlett-Olfenius (* Runkel 13. Nov. 1866; Eheschließung in Wiesbaden 28. Sept. 1889). Beide gehörten zudem dem Kollegium des Wiesbadener Conservatoriums für Musik an. Nach ihrer Rückkehr von Hannover konzentrierten sie sich in Wiesbaden ganz überwiegend auf pädagogische Aufgaben: Im Herbst 1908 warben beide für ihre Privat-Gesang- und Klavierschule, in der sie „vollständige Ausbildung in Oper- und Konzertgesang, sowie im Klavierspiel, Theorie und Kompositionslehre“ anboten (Wiesbadener Tagblatt 15. Okt. 1908); in diesem Zusammenhang ist auch die Gründung des Zerlett’schen Frauenchors – er bestand von 1910 bis 1913 – zu verstehen, in den nur „Schülerinnen des Künstlerpaars Zerlett“ (Wiesbadener Bade-Blatt 22. Febr. 1913) aufgenommen wurden. In den Jahren 1911 und 1912 gehörten beide auch dem Frankfurter Brüder-Post-Konservatorium als Lehrkräfte an. Johann Baptist Zerlett führte seit 1908 den Titel eines Königlichen Musikdirektors.
Die Söhne Hans-Hellmuth (* Wiesbaden 17. Aug. (nicht Okt.) 1892 | † Buchenwald 6. Juli 1949) und Walter (* Wiesbaden 7. Apr. 1897 | † Füssen 18. Apr. 1975; seit 1935 Zerlett-Olfenius) waren als Drehbuchautoren und Regisseure in der Filmbranche, u. a. auch für NS-Propagandaproduktionen, tätig.

Werke — Zerletts (lückenhafte und nicht immer chronologische) Opusreihe reicht bis 291; etliche Titel kamen zudem ohne Opuszahl heraus. Er veröffentlichte vor allem Lieder und Chorwerke sowie einige Klavierstücke und kammermusikalische Werke; ungedruckt blieben seine Opern und weitere Kompositionen in Kammermusikbesetzung; vgl. die Übersicht bei MüllerDML. Einige Werke kamen bei Verlegern der Region heraus, unter ihnen André in Offenbach (vgl. Kat. André 1900; u. a. das Mozart unterschobene Wiegenlied KV Anh. C 8.48 arr. für Mch.; s. Abb. 2, erschienen 1890 – Ausgabe in D-Kbeer, D-OF), Bölling in Darmstadt (Drei Lieder op. 9 [1886]), Ebling in Mainz (Männerchöre Ach Herzschen, schönes Schätzchen op. 115a [1911], Im Colosseum [1904] und Wanderlied [1911]), Schott in Mainz (Andante op. 8 (Kl.,Vl.) [1887] und Wiegenlied op. 218 (Kl., Vl.) [1894]), Steyl&Thomas in Frankfurt (Drei Lieder im Volkston op. 88 [1891]), Stöppler in Darmstadt (Männerchöre op. 74 und 93) sowie im Wiesbadener Selbstverlag bzw. im Kommissionsverlag.

Quellen — Standesamtsregister Wiesbaden <> Adressbücher Wiesbaden und Frankfurt <> Briefe an Schott u. a., s. Kalliope <> Wiesbadener Bade-Blatt 18. Jan. 1888, 1. Okt. 1888, 13. Juli 1890, 3. Aug. 1890, 26. Juli 1892, 13. Apr.1899, 13. Okt. 1907, 24. Sept. 1910, 22. Febr. 1913 und passim <> Wiesbadener Tagblatt 27. Sept. 1900, 18. Dez. 1900, 13. Okt. 1907, 15. Okt. 1908, 23. Apr. 1910 und passim <> Frankfurter Sänger-Zeitung 19. Juli 1907, 1. Aug. 1909 <> Frankfurter Musik- und Theater-Zeitung 25. Okt. 1907 <> Die Fackel (Frankfurt) 14. Okt. 1911 <> Wiesbadener Neueste Nachrichten 26. Sept. 1914, 21. Jan. 1916

Literatur und Referenzwerke — RiemannL 101922; MüllerDML; StiegerO <> MMB; Kat. André 1900

Hörbeispiel: Rosen op. 145 (Hannover: Gries [1900]) (Aufnahme von Kristina Krämer für das MMM2, Juni 2023)

Abbildung 1: Titel zu Zerletts um 1895 im Selbstverlag in Wiesbaden erschienenen Männerchor Barbarossa’s Erwachen op. 101 (mit Porträtfotographie des Komponisten); D-Kbeer

Abbildung 2: Autographe Stichvorlage des Mozart unterschobenen Wiegenlieds KV Anh. C 8.48 in Zerletts Arrangement für Männerchor (1890; Ausschnitt); D-OF


Axel Beer

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