Nollet (Familie)
(1) Jean * Launois-sur-Vence (Dép. Ardennes, Frankreich) um 1681 | † Luxemburg 17. Nov. 1735; Orgelbauer
(2) Roman Benedikt * Luxemburg get. 21. Febr. 1710 | † Trier 13. März 1779; Sohn von (1), Orgelbauer
(3) Johann Bernhard (Johannes) * Trier get. 9. Okt. 1748 | † ebd. nach 1802; Sohn von (2), Orgelbauer und Organist
Jean N. (1) ist ab 1706 (nach seiner Heirat mit Françoise Elisabeth geb. de Couvy) als Bürger in Luxemburg nachweisbar; eine Ausbildung erfuhr er vermutlich in der Familie seiner Mutter, einer gebürtigen Adam. Seine erste Orgel baute er 1710 für die Luxemburger Johanneskirche, der Prospekt ist erhalten. Roman Benedikt N. (2) war – als einziges überlebendes von fünf Kindern – Schüler seines Vaters, heiratete 1728 Maria Catharina geb. Werner (1702–1747) in Trier, wurde dort eingebürgert und arbeitete zunächst von Kloster zu Kloster wandernd, dehnte aber so das Tätigkeitsgebiet der Werkstatt auf die Region Trier und bis ins Saarland aus. Nachdem sein Vater nach längerer Krankheit verstorben war, verlegte Roman Benedikt N. die Werkstatt der Familie nach Trier. Sein Sohn Franz Ernst (* St. Wendel 9. Jan. 1733) lernte wie sein Bruder den Beruf des Orgelbauers, verdingte sich aber als Soldat in dänischen Diensten. Die Werkstatt übernahm 1777 schließlich Johann Bernhard (3) – ein Sohn aus zweiter Ehe, geschlossen 1748 mit Irmina Claeres –, der auch als Organist in Villers-devant-Orval tätig war. Seine bereits mit seinem Vater begonnene Orgel für die Abtei Orval (heute Belgien) war die damals größte Orgel Europas.
Sowohl hinsichtlich der Bauart als auch der französischsprachigen Registerbezeichnungen sind die Orgelbauten der Familie Nollet stark vom französisch-luxemburgischen Orgelbau geprägt. Erhalten ist allein das 1862 aus St. Antonius in Trier translozierte Instrument Roman Benedikt Nollets in Trier-Irsch, außerdem eine Reihe von Prospekten. Alle Mitglieder der Familie Nollet sind darüber hinaus bei Stimmungen und Reparaturarbeiten nachweisbar.
Werke (in Auswahl) — Jean Nollet: um 1724 Trier, Kloster St. Afra; nach Aufhebung des Klosters Translozierung nach Weidingen (dort 1835 Reparatur), 1903 Bau einer neuen Orgel von Klais (Bonn), Gehäuse erhalten <> zwischen 1711 und 1724 Trier, Benediktinerabtei St. Martin; nach Aufhebung des Klosters 1804 Abbruch, verschollen <> 1724–1727 Trier, Dom (III/P/35) unter Verwendung alter Pfeifen und des Vorgängergehäuses; 1794 beim Einmarsch der französischen Truppen zerstört, 1803 abgebrochen <> 1731 Trier, St. Simeon; nach Aufhebung des Stifts 1803 Translozierung nach Metz (Notre Dame), 1822 Ergänzung eines Rückpositivs und Erweiterung des Pedals durch Sauer (Straßburg), 1845 neues Werk von Sauvage (Metz) im erhaltenen Prospekt (1902 von Cavaillé-Coll umgearbeitet).
Roman Benedikt Nollet: 1732 St. Wendel, Wendalinusbasilika (II/P/20); 1783 als „höchst ruinöses Werk“ transloziert in die Homburger Franziskaner-Klosterkirche, 1793 (nach Auflösung des Klosters) in die Maximilianskirche im Schloss Zweibrücken, 1867 mit dem übrigen Inventar der Kirche versteigert <> 1736 Tholey, Benediktinerabtei St. Mauritius (II/P/32); beim Einmarsch der Franzosen zerstört, 1835 Neubau von Johann Friedrich Verschneider (Püttlingen/Lothringen), 1830 Einbau einer Multiplexorgel von Turk (Klausen), 1960 Neubau von Oberlinger (Windesheim) im restaurierten Prospekt Nollets <> 1737 Saarbrücken, St. Johann (ev.) (I/P/12); 1806 von Louis Geib (Straßburg) repariert, nicht erhalten <> 1745 Bernkastel, St. Michael (II/P/18–20), nach Kriegsschäden 1955 durch einen Neubau von Klais ersetzt, Prospekt erhalten <> 1745–1748 Trier, St. Paulus; 1792 an Unbekannte verkauft, verschollen <> um 1752 Himmerod, Klosterkirche (III/P/39) [Zuschreibung]; 1802 Translozierung durch Carl Caspar Molitor (Trier) „in größter Eil“ in den Trierer Dom, Aufbau durch Konrad Kemp (Cochem) erst 1807, 1932 ersetzt durch ein Instrument von Ludwig Rohlfing (Osnabrück), nicht erhalten <> 1753–1754 Kirchberg (Hunsrück), St. Michael (I/P/14?) als Umbau der ersten Orgel von Johann Michael Stumm; 1790 überholt von Friedrich Karl Stumm, 1925 umgebaut von Otto Ruhland (Bonn) zu II/P/18, nach einem weiteren Umbau von 1969 ist nur noch der Prospekt Nollets erhalten <> 1756 Trier, St. Paulin mit einem Prospekt nach einem Entwurf von Balthasar Neumann; 1823 von Franz Heinrich [I.] Stumm renoviert, 1858 von Heinrich Wilhelm Breidenfeld erweitert zu II/P/42, 1923 tiefgreifender Umbau und Erweiterung durch Klais (Bonn) <> 1765 Trier, St. Antonius (I/P/13); 1827 von Franz Heinrich Stumm renoviert, 1862 von Heinrich Voltmann nach Trier-Irsch, Pfarrkirche St. Georg und St. Wendelinus umgesetzt, 1978 von Oberlinger (Windesheim) renoviert <> 1773 Klausen, Wallfahrtskirche St. Maria (II/P/38); 1843 von einer Pariser Firma, 1876 von Johann Friedrich Verschneider (Püttlingen) erweitert, nach Aufhebung der Klosterkirche 1804 transloziert nach Metz, St. Martin, Prospekt und einige Pfeifen erhalten.
Johann Bernhard Nollet: 1775–1780 Orval, Abtei (IV/P/75); die Abtei wurde 1793 niedergebrannt <> 1783–1785 Prüm, Basilika (II/P/25), 1790 von Johann Philipp Hartung (Türckheim) überholt, 1794 beim Einmarsch der Franzosen schwer beschädigt; 1863 Bau eines neuen Werks im alten Gehäuse durch Wilhelm Breidenfeld, 1973 Bau eines neuen Instruments durch Klais (Bonn).
Literatur — Martin Blindow, Jean Nollet und seine Orgelbautätigkeit im Trierer Dom, in: Kurtrierisches Jahrbuch 4 (1964), S. 28–34 <> Matthias Thömmes, Orgeln in Rheinland-Pfalz und im Saarland, Trier 1981 <> Fischer/Wohnhaas 1994 <> Rainer Budzinski, Die drei Trierer Orgelbauer-Generationen Nollet, in: MittAGm 70 (1999), S. 511–548 <> Rainer Budzinski, Die drei Trierer Orgelbauer-Generationen Nollet, Hannover 2004 <> Bösken/Fischer/Thömmes 2005 <> Douglas Eart Bush, Art. Nollet, in: The Organ: An Encyclopedia, hrsg. von Douglas Eart Bush und Richard Kassel, New York und London 2006, S. 272f. <> Bernhard H. Bonkhoff, Historische Orgeln im Saarland, Regensburg 2015 <> Hermann Fischer, Art. Nollet, in: MGG2P (2016)
Birger Petersen