keirleber


KEIRLEBER (auch Keyrleber, Keuerleber u. ä.), JOHANN GEORG get. Nürtingen 27. Nov. 1639 | † nicht vor 1705; Schullehrer, Kantor, Komponist, Flugschriftautor

Angesichts der mit einem Begriff wie abenteuerlich nur unzureichend zu charakterisierenden Lebensgeschichte Johann Georg Keirlebers reibt man sich die Augen – auch dass überhaupt und in welcher Weise die Nachwelt sich des „musikgelehrten Sonderlings“ (Mendel 1876) durchaus dauerhaft erinnerte, ist eigenartig: Johann Gottfried Walther würdigte ihn 1732 aufgrund der beiden bis dahin bekannten außergewöhnlichen Kanons mit einem Artikel im Musicalischen Lexicon; Friedrich Wilhelm Marpurg muss bei der Recherche für seine Abhandlung von der Fuge (hier Bd. 2, 1754, S. 71 sowie Register) genau auf diesen Eintrag gestoßen sein, wobei er vor lauter Begeisterung für die rekordverdächtigen 512 Stimmen, die Keirleber (wenigstens theoretisch; s. Aggratulatio musico-poetica, 1691) zu aktivieren wusste, aus dem „Würtembergischen“ einen „Wittenbergischen Magister“ machte – geistige Fußgänger mögen daran Anstoß nehmen. Ernst Ludwig Gerber (NTL, 1813) erkennt in ihm einen „großen Verehrer der kanonischen Schreibart“, eine Aussage, die vor dem Hintergrund keiner weiteren Recherche zur Person auch die Artikel von Fétis (1839 und 1867), Mendel und schließlich Eitner (1903) bestimmt. Caroline Valentin war es vorbehalten, erstmals, wenn auch in bescheidenem Umfang, biographische Fakten zu ermitteln und Keirleber seinen Platz in der Frankfurter Musikgeschichte – hier liegt der Ausgangspunkt des MMM-Eintrags – zuzuweisen. Nachdem dann 1953 ein dritter Kanon aufgetaucht war, wurde die württembergische Lokalgeschichtsforschung auf Keirleber aufmerksam; wenig später (1958) legte Ulrich Siegele auf der Grundlage erstmals erfolgter Untersuchungen zu Leben und Werk seinen MGG-Artikel vor, und es dauerte nur drei Jahre, bis Paul Willert 1961 in Leipzig wiederum nach gründlicher Vorarbeit – aber: ohne Nutzung des Siegele-Artikels, was im geteilten Deutschland vorkommen konnte – einen Festschriftbeitrag mit weiteren Neuigkeiten zur Biographie Keirlebers veröffentlichte. Was sie alle aber übersehen hatten: Um die Mitte des 19. Jahrhunderts war Keirleber ins Fadenkreuz der Rechtshistoriker geraten, die ihrerseits von seiner musikalischen Betätigung rein gar nichts wussten; lediglich die aufsehenerregende Tatsache, dass jener Mann – sogar mehrfach – seine entführte Tochter Maria Anna zurückentführte, war als offenbar singulärer Kriminalfall des ausgehenden 17. und beginnenden 18. Jahrhundert von Interesse.

Nun aber der Reihe nach: Johann Georg Keirleber wurde in einer überaus bewegten Zeit in eine offenbar wohlhabende Nürtinger Familie als erstes Kind der zweiten Ehe seines Vaters Paul, eines Webermeisters sowie Enkels eines Pfarrers im württembergischen Plietzhausen, hineingeboren und war ausersehen, Theologie zu studieren (Immatrikulation in Tübingen 14. Sept. 1657; Magisterexamen 15. Aug. 1660). Als Schullehrer (Praeceptor) wie auch Kantor (Chori musici director) arbeitete er alsdann im Württembergischen: in Güglingen (ab 1662; im selben Jahr erfolgte in Nürtingen seine erste Eheschließung), Grüningen (heute Markgröningen; seit 1665), Neuffen (seit 1670) und Alpirsbach (seit 1672). Sein Vorhaben, sich von dort aus 1674 im kurpfälzischen Flehingen als (evangelischer) Pfarrer niederzulassen, scheitere möglicherweise aufgrund seiner charakterlichen Eigenschaften („zänkisch“, ein „unruhiger, wunderlicher Kopf“; zit. nach Siegele 1958), die bei Schulvisitationen zuvor schon zu Protokoll genommen worden waren; jedenfalls nannte sich Keirleber seither in der Öffentlichkeit vielfach „exulirender Pfarrer (von Flehingen)“. Nach einiger Zeit ungewissen Aufenthalts, während der er nach eigener Aussage in besonderem Maße persönlicher Missgunst sowie den Unbilden der Kriegsereignisse (inkl. Plünderungen) ausgesetzt war, nahm er Zuflucht in Frankfurt/M., wo er zunächst als Aushilfskorrektor („corrector supernumerarius“) im Verlagshaus Balthasar Christoph Wust (d. Ä.) Beschäftigung fand und sich mit Schreiben vom 29. Sept. und 4. Okt. 1677 (als „exulirender Pfarrherr aus dem Würtenberger land“) beim Frankfurter Rat um eine Anstellung „in kirchen und schuhlen […] bei der Music so wohl vocaliter als instrumentaliter“ (zit. nach Willert, S. 319) bewarb. Daraufhin wurde er mit dem 31. Jan. 1678 zum Vorsänger der Barfüßerkirche ernannt; zudem übernahm er nach dem Tod Christian Bornheimers (* 1643 | † Frankfurt/M. 29. März 1679) dessen Funktion als Musiklehrer am Gymnasium. Unmittelbar danach steuerte Keirleber eigene Kompositionen für den Gottesdienste in der Barfüßerkirche bei (etwa zu Ostern und Christi Himmelfahrt 1679), und wahrscheinlich entstanden um dieselbe Zeit – wir folgen (vorerst) der Argumentation Schaefers – zwei der überlieferten Kanon-Blätter, deren Veröffentlichung kaum anders als vor dem Hintergrund der Zusammenarbeit mit dem Verlag Wust denkbar ist: Sie dienten einerseits in zeitüblicher Weise als Beleg für kompositorische Meisterschaft sowie überdies mit ihren kunstvoll verwobenen theologischen, philosophischen und sprachlichen Implikationen als Ausweis umfassender humanistischer Bildung – somit gleichsam als Visitenkarte; dass sie zudem in ihrer Eigenschaft als – ebenfalls zeitübliche – Einblattdrucke und Flugschriften mit spektakulären Inhalten das Interesse der Öffentlichkeit erzielen sollten, ist gleichermaßen (s. weiter unten) von Belang. Als wiederum kirchenmusikalischer Praktiker wie auch Pragmatiker richtete Keirleber unmittelbar nach dem Tod Daniel Lommers im Januar 1682 eine Eingabe an den Frankfurter Rat zur Verbesserung der Music in den Kirchen, in der er Missstände und eingerissene Gewohnheiten mit beachtlicher Deutlichkeit zur Sprache brachte. Dass Keirleber spätestens seit diesem Schritt auch in Frankfurt als zumindest anstrengender Zeitgenosse wahrgenommen wurde, kann man sich unschwer ebenso denken wie ein Szenario, in dem gesprächsweise mit gezielter Beiläufigkeit die „Franzosenkrankheit“ in Zusammenhang mit seiner Person erwähnt wurde; 1682 legte man ihm nahe, die Stadt zu verlassen, und im August 1684 erfolgte die förmliche Ausweisung.

Keirleber, der sich bereits 1677 (mit Einsendung einer Komposition) und ein weiteres Mal 1682 an der Universität Gießen, dann in Speyer und noch einmal 1684 in Frankfurt vergeblich um eine Anstellung beworben hatte, fand um 1685/86 eine kurzzeitige Beschäftigung bei der Stifts- und Hospitalmusik in Stuttgart, wo er sich – erneut ohne Erfolg – im März 1686 um die Stelle des Stiftsorganisten bemühte, die Philipp Jakob Böddecker (ein Sohn Philipp Friedrich Böddeckers) wenig später zugesprochen wurde. Anschließend hielt er sich mutmaßlich in seiner engeren Heimat, vielleicht in Nürtingen, auf, wo sein Vater im April 1688 starb. Die mit 1691 datierte Aggratulatio sowie die hiermit verbundenen (erstmals von Willert ermittelten und einzig von Schaefer aufgegriffenen) Umstände stellen in der bisherigen Forschung das letzte Lebenszeichen des Musikers dar, der sich um jene Zeit in Wien aufhielt, dort – ohne jeden Zweifel aus Gründen der Opportunität – konvertierte und Gelegenheit fand, Kaiser Leopold I. sowie seinem Sohn Joseph zu dessen Namenstag (nicht zu Josephs und/oder seines Vaters Geburtstag, wie zuweilen behauptet wurde), dem 19. März, den erwähnten monströsen Kanon zu 512 Stimmen zu Füßen zu legen, wobei er sich als Bewahrer des klassischen Bildungsideals („artium liberalium cultor“) bezeichnet. Die sicherlich erhoffte Anstellung blieb hingegen aus; doch erhielt Keirleber immerhin den stattlichen Betrag von 38 Gulden als Remuneration und Reisegeld.

Die nächste und letzte Station, von der wir gesicherte Nachricht haben, ist Berlin, wo Keirleber im Februar 1695, inzwischen augenscheinlich wieder Protestant und als „Exulirender Rector auß Nürttigen Württenberger landts“ (KB Berlin, Dom, Trauregister S. 206), wohl zum vierten (oder fünften) Mal heiratete, und zwar Catharina geb. Engels, die Tochter eines Schweizers. Was bis dahin von 1691 an und alsdann bis etwa 1705 sich ereignete, ist in höchsten Maße rätselhaft und stellt uns vor die Aufgabe, aus einer in mehreren Auflagen von Keirleber selbst veröffentlichten, immens verworrenen wie verwirrenden Erzählung über den oben bereits erwähnten Entführungsfall wahre Ereignisse herauszudestillieren; vorab: Mit Flugschriften spektakulären Inhalts (und in mehreren Auflagen – auch die Aggratulatio erschien als „Editio tertia correctior“!) kannte er sich aus, und sicher geht man nicht fehl in der Annahme, dass er in der späteren Phase seines Lebens einen Teil seines Unterhalts genau mit dieser „Unterhaltungsware“ bestritt. Jedenfalls wird Keirleber mit seiner damaligen Ehefrau Wien alsbald verlassen haben; aufgrund welcher Notwendigkeit sich beide – wohl im Spätjahr 1691 – bei Eiseskälte und bedroht von Bären und Wölfen durch die mährischen Wälder schlagen mussten, wissen wir nicht. Jedenfalls kam Keirlebers Gattin unvermutet in „kleinen Metritsch“ (gemeint ist Klein Meseritz, heute Meziříčko, gelegen zwischen Iglau (Jihlava) und Brünn (Brno)) mit Tochter Maria Anna nieder; man ließ das Kind im (katholischen) Iglau (natürlich evangelisch) taufen, wurde von „Hexen-Leuten“ angegriffen, und Maria Anna, kaum ein halbes Jahr alt, erkrankte dann in der Nähe von Brünn „vom Beschreyen böser Leute tödtlich“. Wenige Monate spätere erlitt die Familie auf dem Weg nach Breslau einen tragischen Unfall, den das Kind unbeschadet überstand. Auf der Weiterreise geriet man in eine „unbeschreibliche Menge plötzlich angekommener Heuschrecken“, durch deren „vergifften Dampff“ man erneut lebensgefährlich erkrankte; die Mutter starb darauf im schlesischen Glogau (Głogow), wo sich Vater und Tochter zu erholen suchten. Eine „Catholische Adeliche Wittwe“ jedoch, die sich Maria Annas fürsorglich anzunehmen vorgab, nutzte heimtückisch Keirlebers 28wöchiges Krankenlager, riss zwar „das arme Kind dem Tod aus dem Rachen“, zog es jedoch [fast schlimmer!] in das „finstere Pabstthumb hinein“ und wollte es, um es später in ein Kloster zu geben, nicht wieder hergeben. Der genesene Vater suchte alsdann unter Zuhilfenahme zuständiger Dienststellen in Küstrin und Berlin [dass er hier beiläufig wieder heiratete, sei erinnert – es passt zeitlich gut!], seine Tochter nach Erlegung des Kostgelds auszulösen, doch der Glogauer Bürgermeister verweigerte die Herausgabe, zumal die (katholische) Firmung inzwischen vollzogen worden war. Keirleber sah sich gezwungen, „das Kind heimlich hinweg zu practiciren“, wozu er, kreativ wie er war, „mit eigener Hand ein sehr wunderlich-niemals ersehenes Gehäuß / welches auf einem Schubkarch fest auffgemacht / und in zweyerley Gestalt 1. als ein Vogelbauer / und dann 2. als ein Caröthlein [offenbar abgeleitet von chariot, also ein kleiner Wagen] verstellet werden könnte“, anfertigte (s. Abb. 2 a und b).

Unseren Leserinnen und Lesern, die uns bis hierher offenen Mundes gefolgt sind, ersparen wir weitere Details: Natürlich gelang dem guten Keirleber – wenn auch unter Überwindung zahlreicher weiterer, auf drei eng bedruckten Buchseiten geschilderter Hindernisse – mit Hilfe seines Gefährts und nicht ohne Unterstützung durch Dritte nach vier Jahren (!) die überaus listenreiche Rück-Entführung; und am Ende dieser mit dem 13. Okt. 1697 datierten Version seiner Flugschrift bat der „exulirende Pfarrer von Flehingen“ seine christlich-protestantische Mitwelt um Zuwendungen, damit das inzwischen sechsjährige Kind „diesen Winter auch sein Leiblein zubedecken habe“. Es scheint, als hätte Keirleber ins Schwarze getroffen – nach etwa vier weiteren Jahren ließ er eine etwas veränderte und erweiterte Fassung (Zwey niemahls erhörte wunderliche Begebenheiten) erscheinen: Zunächst nahm er den Zweiflern den Wind aus den Segeln, indem er auf eine vor Gericht erfolgte eidliche Aussage einer seiner Helferinnen verwies. Und außerdem war Maria Anna inzwischen ein zweites Mal entführt worden – diesmal von Prinzessin Charlotta Marie von Sachsen-Jena (1669–6. Jan. 1703), der „tollen Hertzogin“, wie Keirleber sie nennt; allerdings beschränkt sich unser „Pastor olim Flehingensis“ in dieser Fassung des Jahres 1702 auf die (durchaus drastische) Andeutung jenes neuen Verbrechens und erzielt hiermit einen ausgesprochenen Cliffhanger, dem nach dem Tod der in der Tat etwas rätselhaften Prinzessin die finale Version mit wiederum glücklichem Ausgang folgte; Keirleber, inzwischen 65 Jahre alt, wusste hierin jedoch weiterhin zu berichten, dass inzwischen auch sein fünfjähriger Sohn entführt worden war. Von einer diesbezüglichen Flugschrift fehlt hingegen jede Spur, so dass wir mit dem alsbaldigen Ableben Johann Georg Keirlebers rechnen müssen; ob man ihn tatsächlich als „Außenseiter der Gesellschaft“ (so Ulrich Siegele ohne Kenntnis der Entführungsfälle) zu sehen hat, sei dahingestellt – jedenfalls unterhielt Keirleber seine Zeitgenossen höchst professionell mit „niemals erhörten Begebenheiten“ und „niemals ersehener künstlicher Music“ (vgl. die Titel im Werkverzeichnis).

Werke — „Concert“, 1677 der Universität Gießen dediziert; nicht überliefert (s. Universitätsarchiv Gießen, Best. 24 Director musices) <> In festum Ascensionis („Et cum essent intentis in caelum oculis“; C, A, T, B, 2 Vl., Va. da gamba, Violone, Fag., 2 Hr., Pos., B. c.), am 10. Juli 1679 dem Rat überreicht und (sechs Wochen zuvor) an Christi Himmelfahrt in der Barfüßerkirche aufgeführt; D-Fsa (Autogr.; s. a. RISMonline) <> Eine Musik zum Osterfest 1679 sowie weitere dem Frankfurter Rat dedizierte Kompositionen sind nicht überliefert <> Kanons (Einblattdrucke): DEm Drey-Einigen wahren GOtt / Obristen Capellmeistern / Rectori Englischer Music / Regens Chori der Cherubin und Seraphin / Könige aller Königen […] wird das in denen zweyen Wörtern ORA ET LABORA. Allhier kurtz- und wohl-abgefaßte Christenthumb. Worinnen nebst einigen Sinn-Bildern und nützlichen Moralien / zugleich eine Niemals ersehene künstliche Music / da nehmlich […] Ein Canon Perpetuus von 8. Stimmen […] Eine Arietta, auch von 8. Stimmen […] in allerunterthänigster Devotion und Pflicht präsentiret und dediciret, o. O. u. J. [verm. Frankfurt um 1680]; s. RISM K/KK 500 sowie Schaefer 1975, S. 574, und Willert (Auflösung S. 320 sowie Abb. 27) <> Perpetuum mobile musico-poëticum. / Das ist: / Immerwehrender Arbeit Ewigwehrender Gnaden-Lohn. / Aller gottsehliger from[m]en Christen-Hertzen vornehmlich derer / so in steter Arbeit ihres von GOtt anvertrauten Ambts / und Beruffs gleichsam wie des Him[m]els Circkel-Rad unaufhörlich sich umwenden müssen / beedes zur Auffrischung als einem kräfftigen Labsaal / in einer Immerwehrender [!] Music nebst etlichen wenigen Verslein abgefasset […] [Rückseite mit Adresse an die […] Herrn Burgermeistern und Rath der berühmten Stadt [freigelassen; …]], o. O. u. J. [verm. Frankfurt um 1680]; s. RISM K 501 sowie Schaefer 1975, S. 575 <> Aggratulatio musico-poetica, qua Leopoldo imperatori Romano […] dies natalis, qui extat hujus 1691. An[ni] 19. Martij. Josephi primi […] Foelix esse jubetur […] („Lætare Cæsar, lætare Rex […]“), [Wien] [1691]; D-Mbs („Editio tertia correctior“); s. VD 17 12:659177E sowie RISM K 499 <> Schrift: Eingabe an den Frankfurter Rat zur Verbesserung der Music in den Kirchen (abgedruckt bei Valentin, S. 190–192) <> Flugschrift über die Entführung und Wiederentführung der Tochter Maria Anna Keirleber (* ca. 1691/92) in mehreren Auflagen: Niemahls erhörte Neue Begebenheit. Da Ends-bemelter Exulirender Magister Sein Einiges Liebes Töchterlein Maria Anna. Welches Ihme die Catholischen zu Großglogau in der Schlesien vortheilhafftig abgenommen / vier Jahre verhalten / und mit der Zeit in ein Kloster einzusprerren gedacht / durch eine sonderbahre List In einem Vogelbauer Auff einem Schubkarch unter dem Schein Eines führenden Pappagey / oder habenden sonderlichen Neuen Spiels / Nicht ohne Gefahr unvermerckt auß der Stadt führen / und dasselbe als sein wieder gefundenes armes Schäfflein mit Frewden glücklich nacher Hause bringen lässet. […], o. O. [1697]; s. VD 17 547:643197P <> Zwey niemahls erhörte Wunderliche Begebenheiten / Die Erste: Da endsbemeldter Magister sein einiges liebes Töchterlein / welches ihme die Catholische zu Groß Glogau abgenom[m]en / und in ein Nonnen-Closter thun wollen / wunderlich aus der Stadt practiciret / in einem Vogel-Baur auf einem Schub-Karch aus den Schlesischen Gräntzen führet / und endlich mit Freuden glücklich nacher Hause bringert / [etc.] Die Zweyte: Wird vorgestellet in einem Send-Brieffe / an die obscure Weimarische Fürstin / Charlotta Maria, Die tolle Hertzogin genannt […] welche eben dieses sein Töchterlein mit Gewalt an sich ziehet […], o. O. [1702 (nicht 1697)]; s.  VD 17 29:718828C <> Virgo plagiariis obnoxia oder ein Kind zu dem dritten mahl genommen […], o. O. 1705; D-LEu

Quellen und Referenzwerke — KB Nürtingen; KB Güglingen; KB Grüningen; KB Alpirsbach; KB Berlin (Dom) <> Bürgerbuch Nürtingen <> Verzeichnis der evangelischen Geistlichen in Flehingen (Kirchenbuch Flehingen 1696–1758; Anhang) <> weitere Quellen s. bei Siegele und Willert (s. Literatur) <> Friedrich Wilhelm Marpurg, Abhandlung von der Fuge, Bd. 2, Berlin: Haude und Spener 1754 <> WaltherL; Gerber NTL; FétisB; Mendel/Reissmann

Literatur — N.N., Anna Maria Keyrleber. Ein eigenthümlicher Fall des Plagium und der Wiederentführung. Aus dem Ende des 17. Jahrhunderts, in: Annalen der deutschen und ausländischen Criminal-Rechtspflege 60, 1852, S. [252]–257 <> Valentin 1906 <> Paul Willert, Ein Kanonblatt des 17. Jahrhunderts und sein Verfasser Johann Georg Keyrleber, in: Festschrift Heinrich Besseler zum sechzigsten Geburtstag, hrsg. vom Institut für Musikwissenschaft der Karl-Marx-Universität, Leipzig 1961, S. 317–322 und Tafel 27 <> Schaefer 1975, Bd. 1, S. 225–228, Bd. 2, S. 574 und 575 <> Ulrich Siegele, Art. Keyrleber, Johann Georg, in: MGG1 (1958) <> SL (Ulrich Siegele), Art. Keyrleber, Johann Georg, in: MGG2 (2003) sowie MGGonline <> Eberhard Stiefel, Art. Keyrleber [Keirleber], Johann Georg, in: Grove Music Online (2001; Zugriff 19. Febr. 2025) <> Roman Fischer, Art. Keyrleber, Johann Georg, in: Frankfurter Personenlexikon (online)

Abbildung 1: Aggratulatio musico-poetica [1691]; D-Mbs. Das Blatt enthält neben der ausdrücklich knappen, aber natürlich lateinischen Gebrauchsanleitung („Brevis Philomuso Informatio“) auch zu allem Überfluss ein – nennen wir es so – von unten nach oben zu lesendes Binnensilbenakrostichon, das die Taten Leopolds preist.

Abbildung 2 (a und b): Johann Georg Keirleber mit dem von ihm konstruierten „Schubkarch“ zum vorgeblichen Transport eines von einem Papagey bewohnten Vogelbauers (oben) sowie (unten) eine namentlich nicht bekannte Helferin mit dem umgerüsteten Gefährt und der darin verborgenen Tochter des Gelehrten; Holzschnitte in: Niemahls erhörte Neue Begebenheit [1697] (D-GOl); Titel und Schlussseite.


Axel Beer

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  • Zuletzt geändert: 2025/04/09 12:09
  • von kk
  • angelegt 2025/02/21 13:48