Boller (Familie)
(1) Adam get. Frankfurt/M. 10. Juli 1625 | † ebd. 10. Juli 1696; Musiker
(2) Johann Adolph get. Frankfurt/M. 17. Apr. 1627 | † ebd. 8. Febr. 1707; Bruder von (1), Musiker
(3) Nicolaus get. Frankfurt/M. 3. Febr. 1659 | † ebd. 27. Apr. 1721; Sohn von (1), Organist und Orgelbauer
(4) Johann Georg get. Frankfurt/M. 19. Dez. 1675 | begr. ebd. 17. Dez. 1739; Sohn von (1) und Halbbruder von (2), Musiker
(1) Adam Boller, Sohn des gleichnamigen, aus Egelsbach gebürtigen Frankfurter Bürgers und Soldaten, wird bei seiner ersten Eheschließung in Frankfurt (1652; mit der aus dem thüringischen Creuzburg stammenden Bürgerstochter Maria Regina geb. Kayser) als „Musicant“ bezeichnet; wenigstens in den Jahren 1655 bis 1657 war der „Ehrsamme undt kunsterfahrne Adam Boller Musicus uffm vordern Thurn“ der Friedberger Burg (Taufbuch der Burgpfarrei 1. März 1657). Seit 1658 bekleidete er das Amt des Pfarrtürmers in Frankfurt und wird im selben Jahr als Musikant in der Katharinenkirche bezeichnet; er gehörte als Trombone-Spieler auch der seit 1682 von Georg Christoph Strattner geleiteten Kapelle der Barfüßerkirche an. In zweiter Ehe war Boller seit 1671 mit der Frankfurter Bürgers- und Kürschnerstochter Anna Margaretha geb. Lappe verheiratet.
(2) Johann Adolph Boller verdankte seine Vornamen einem Spross der einflussreichen Patrizierfamilie von Holzhausen (1602–1673), der das Kind übers Taufbecken „hub“, wie es in den Frankfurter Kirchenbüchern immer so schön heißt – die Bollers hatten mithin (notabene als Soldatenfamilie!) einen gewissen Grad an gesellschaftlicher Anerkennung erlangt. Allerdings bescherte das Schicksal diesem Familienmitglied keine herausgehobene Position: Boller fand, wie sein Bruder, zunächst in Friedberg eine Anstellung als „disser kais. Burgk bestellte[r] Musicus und Zinckenist“ (Taufbuch der Burgpfarrei 15. Apr. 1653), später in Frankfurt als Cornettist („Capell-Musicus“; so der Sterbeeintrag) der Barfüßerkirche. Aus welcher Familie seine Ehefrau Margarethe stammte, wissen wir noch nicht – dagegen aber, dass die gleichnamige Tochter 1694 den Capell-Musicus Johann Henrich Steffan (sen.) heiratete.
(3) Nach dem Tod von Israel Gellinger (1681; dies entgegen den irrigen Angaben in der Literatur) wurde Nicolaus Boller Organist an der Frankfurter Katharinenkirche und betrieb den Orgelbau, wie damals üblich, wohl im Nebenberuf. Seine Tätigkeit erstreckte sich nach den wenigen bekannten Nachweisen zwischen Heidelberg im Süden und dem Westerwald im Norden. Er arbeitete 1702 an der Orgel in Nieder-Rosbach (I/8), 1704 in Frankfurt-Bornheim (ev. Johanniskirche I/P/8), vor 1708 in Alzey in einer unbekannten Kirche, 1708 in Heidelberg an der Orgel der Heilig-Geist-Kirche und erstellte 1716 ein Gutachten über die Orgel in Hachenburg. Nach dem Tod seiner ersten Ehefrau Catharina geb. Leining, der Tochter eines Posamentierermeisters, heiratete Boller die „Viel Ehr- und Tugendtreiche“ Euphrosina Margaretha geb. Fickwürth, deren Vater als Zeugschreiber in städtischen Diensten stand. Bei beiden Einträgen (1682 und 1697) bezeichnen die Kirchenbücher Boller lediglich als (Bürger) und „Musicus“. In Andreas Werckmeisters Harmonologia musica (Frankfurt und Leipzig: Calvisius 1702) ist Boller mit einem Lobgedicht, einem ziemlich bescheidenen Vierzeiler, für den Autor vertreten.
(4) Johann Georg Boller folgte 1696 seinem verstorbenen Vater, aus dessen 2. Ehe er hervorgegangen war, im Amt des Frankfurter Pfarrtürmers nach; 1721 ist er auch als (2.) Violinist der Kapellen sowohl der Barfüßer- als auch der Katharinenkirche nachweisbar. Seit 1705 war er mit der aus dem thüringischen Rauenstein stammenden Gastwirtstochter Eva Sabina geb. Müller verheiratet. Ob eine in den 1730er Jahren in Darmstadt von Johann Samuel Endler kopierte und mit dem Namen „Boller“ überschriebene Sinfonia (eigentlich eher eine Orchestersuite; RISMonline) mit Johann Georg Boller oder einem anderen Mitglied seiner Familie in Verbindung zu bringen ist, wissen wir nicht.
Quellen — KB Friedberg (Burgpfarrei); KB Frankfurt <> freundliche Hinweise von Prof. Dr. Birger Petersen (Jugenheim)
Literatur — EitnerQ <> Peine 1956; Valentin 1906 <> Karl Schmidt, Beiträge zur Kenntnis des musikalischen Lebens in der ehemaligen Reichsstadt Friedberg i. d. W., Leipzig 1918, S. 26 und 47 <> Fischer/Wohnhaas 1994 <> Ann Barbara Kersting-Meuleman, Die Musik an der Barfüßer- und Paulskirche, in: Von der Barfüßerkirche zur Paulskirche. Beiträge zur Frankfurter Stadt- und Kirchengeschichte, hrsg. von Roman Fischer, Frankfurt 2000 (Studien zur Frankfurter Geschichte 44), S. 343–378 <> Bösken/Fischer/Thömmes 2005
Axel Beer (unter Benutzung von Vorarbeiten zu (3) von Hermann Fischer (†))