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BERNARD, PETER * Offenbach 29. Dez. 1755 | † ebd. 4. Apr. 1805; Schnupfabakfabrikant und Musikmäzen in Offenbach

Peter Bernard hatte die von seinem 1709 in Straßburg geborenen Vater Nikolaus 1733 in Offenbach gegründete Schnupftabakfabrik 1780 geerbt und mit Erfolg weitergeführt. Er war zudem ein guter Geiger und den Zeitgenossen als „grosser Liebhaber und Kenner der Kunst“ (AmZ Nr. 3, 16. Okt. 1799, Sp. 42) bekannt, war Begründer eines privaten Streichquartetts und hielt „zu seinem Vergnügen selbst eine Kapelle“ (ebd.), die in dem gemeinsam mit dem einer hugenottischen Familie angehörenden Fabrikanten Jean George d’Orville um 1775 begonnenen „Bernard-d’Orvilleschen Herrenhaus“ (heute Büsing-Palais in Offenbach) seit Mitte der 1780er Jahre regelmäßig öffentliche Konzerte veranstaltete; sie fanden während der Sommermonate im Freien statt, teils sogar – dies als besondere Attraktion – auf einem Musikschiff, das auf dem Main auf- und abfuhr. Leiter des Orchesters war u. a. Ferdinand Fränzl (1794–1799), und zu den Mitgliedern zählten zeitweilig Johann Gottfried Arnold, Peter Faubel, Philipp Carl Hoffmann, August Daniel →Mangold und Friedrich Eugen Thurner. Auf Initiative Bernards wurde 1791 ein „Comödienhaus“ errichtet (später Fürstlich-Isenburgisches Schauspielhaus), und 1798 folgte ein „Musikerhaus“, in dem Orchestermitglieder mietfrei wohnen konnten. Gegen Ende des Jahres 1799 wurde als Folge beträchtlicher Verluste, die die Firma erlitten hatte, „die vortreffliche, ganz aus Konzertisten bestehende Kapelle […] aufgelöst“ (AmZ Nr. 13, 25. Dez. 1799, Sp. 239). Für 1803 sind wieder Konzerte nachgewiesen, doch erfährt man aus einem Brief Friedrich Heinrich Himmels vom 10. Mai des Jahres, „daß Herr Bernard sein schönes Orchester auseinander gehen zu lassen gezwungen ist.“ Eine enge Freundschaft verband Bernard mit der Familie André, die den Erfolg ihres Verlages zu einem guten Teil den musikalischen Aktivitäten Bernards zu verdanken hatte. Widmungen erhielt Bernard u. a. von „seinem Freunde“ Johann André (Lenore, 1775), von dessen Sohn Johann Anton André (Trois Quatuors concertans op. 14 [1801]) und Franz Krommer (Sinfonie op. 40 [1803]). Bernards Verdienste erstreckten sich – so die Nekrologe – nicht nur auf den kulturellen und insbesondere musikalischen Bereich; sein vielfältiges soziales Engagement darf als beispielhaft angesehen werden.

Quellen — Brief Fränzls an Johann Anton André, Offenbach 24. Juni 1795, sowie Korrespondenz zwischen André und dem Hause Bernard 1803–1805; D-OF <> Brief Friedrich Heinrich Himmels an einen unbekannten Adressaten, Potsdam 10. Mai 1803; D-HEu <> Nekrologe in Der Freimüthige (Berlin) 16. Apr. 1805, S. 306–307 (unterz. Dr. Meyer), sowie in National-Zeitung der Teutschen (Gotha) 25. Apr. 1805, Sp. 313–315 (unterz. Buri) <> AmZ (s. Register; ein kurzer Nekrolog in der Ausgabe vom 5. Juni 1805, Sp. 583–584) <> anon., Offenbach (zum Jahrestag des Todes Peter Bernards), in: National-Zeitung der Teutschen 1. Mai 1806, Sp. 370–372 <> Morgenblatt für gelbildete Stände (Stuttgart/Tübringen) 26. Febr. 1807 <> Claus Kindler, Die Kapelle des Peter Bernard zu Offenbach, Münster 1966 (unveröffentlichtes Typoskript); Offenbach, Haus der Stadtgeschichte (Sign. Y 2547) <> freundliche Mitteilungen von Frau Lydia Gesenhus (Kulturamt Offenbach), Herrn Lukas Svatek-Storch, M.A. (Haus der Stadtgeschichte, Offenbach) und von Herrn Dr. Bernd Krause (Forchheim)

Literatur — Johann Konrad Friederich, Vierzig Jahre aus dem Leben eines Todten. Hinterlassene Papiere eines französisch-preußischen Offiziers, Bd. 1, Tübingen 1848, S. 139–140 <> Emil Pirazzi, Bilder und Geschichten aus Offenbachs Vergangenheit, Offenbach 1879 <> Wilhelm Heraeus, Nicolaus Bernard und sein Verwandtenkreis, in: Alt-Offenbach 9, Jan. 1933, S. 1–52 (bes. S. 40–46) <> 225 Jahre Gebrüber Bernard. 225 Jahre Schnupftabak, o.O. [1958] <> August Hermann André, Zur Geschichte der Familie André, Garmisch-Partenkirchen 1963 <> Roland Würtz, Ferdinand Fränzl, in: Mannheimer Hefte 1967, S. 43–48 <> Friedrich W. Riedel, Zur Musikgeschichte der Stadt Offenbach, in: MittAGm 29, 1974, S. 62–63 <> Egmont Michels, Philipp Carl Hoffmann (1769–1842). Musicus, Privatgelehrter und Pianoforte-Kenner, Mainz 2016 (Beiträge zur mittelrheinischen Musikgeschichte 45), S. 12–14 und passim

Abbildung 1: Peter Bernard, Zeichnung und Stich von Franz von Seelmann (Digitalisat aus D-DS)

Abbildung 2: Grabstein Bernards auf dem alten Friedhof in Offenbach, aufgenommen von Kristina Krämer im August 2019


Axel Beer

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  • angelegt 2018/03/29 20:42