Franz Stöpel
STÖPEL, FRANZ (DAVID CHRISTOPH) * Oberheldrungen (Kyffhäuserkreis) 14. Nov. 1794 | † Paris 19. Dez. 1836; Musiklehrer, Musikschrifteller, Redakteur, Komponist
Seine berufliche Karriere begann Stöpel, der seine musikalische Ausbildung sicherlich vom Vater, dem Oberheldrunger Kantor, erhalten hatte, 1817 als Redakteur des Amts-Blatts der königlichen Regierung zu Merseburg. Nach einigen kurzzeitigen Anstellungen als Hauslehrer ließ er sich 1820 in Berlin nieder, wo er ein musikalisches Fachblatt begründete (es erlebte nur drei Nummern), musikhistorische Vorträge hielt und zudem – nach Johann Bernhard Logiers Methode, aber ohne dessen (angebliche) Autorisierung – 1821 eine Bildungsanstalt (Akademie für musikalischen Unterricht) zu etablieren versuchte. Bereits 1823 verließ er, nachdem Logier hier eingetroffen war, der sich 1826 öffentlich von ihm distanzierte (s. AmZ), Berlin und traf auf Umwegen im Oktober 1824 in Darmstadt ein. Auch hier hielt er – von der Regierung honoriert – Vorlesungen („über musikalische Composition“; Didaskalia 11. Nov. 1824) und erlangte die Gunst von Großherzog Ludwig, dem er das Neue System der Harmonielehre widmen durfte. Die auf etliche Gesuche Stöpels hin gewährten Honorarzahlungen und Vorschüsse in Höhe von jährlich 300 Gulden – u. a. für die geplanten Arbeiten an einer „deutschen Musik-Geschichte“ (Brief vom 11. Dez. 1826) und für damit verbundene Forschungsreisen sowie für eine „Musikgeschichte in Denkmalen“ (Brief vom 22. Jan. 1829) – wurden 1829 eingestellt, da Stöpel entgegen der Vereinbarungen inzwischen der Region den Rücken gekehrt hatte (s. weiter unten) und nichts von seinen Plänen umzusetzen in der Lage war. Zuvor – im Januar 1825 – hatte er in Frankfurt, wo er inzwischen wohnte, mit Unterstützung von Johann Baptist (II) Baldenecker und Peter Suppus „in einem passenden Lokale der Gaylischen Musikalienhandlung“ (Didaskalia 26. Febr. 1825) eine weitere „Unterrichtsschule für das Klavierspielen nach Logiers Methode“ (ebd. 1. Jan. 1825) eröffnet; daneben redigierte er den bei Johann Adolph Fischer erschienenen Allgemeinen musikalischen Anzeiger (Mitte 1826–1827). Im Juni 1827 verließ Stöpel „plötzlich das Schifflein seiner Anstalt, das ohnehin nie recht flott werden wollte“ (Zeitung für die elegante Welt (Leipzig) 12. Okt. 1827), und zog über Stuttgart nach München, wo er erneut eine Musikschule und unmittelbar darauf einen (bis Ende 1828 bestehenden) Singverein gründete sowie Vorlesungen an der Universität hielt. Die oben erwähnte Weigerung des Großherzogs – sie wird im Februar 1829 in München eingetroffen sein –, die finanzielle Unterstützung ein weiteres Jahr zu gewähren, bewog Stöpel, sich in Paris niederzulassen. Auch hier rief er eine Lehranstalt nach Logiers Vorbild ins Leben; überdies war er an der Gründung der Gazette musicale de Paris (1834) beteiligt, als deren Mitredakteur er noch 1836 genannt ist. Aufgrund seiner „philosophisch-musikalischen Werke und seiner neuen Musik-Unterrichts-Methode“ verlieh die Universität Erlangen Stöpel im Jahr 1826 den Doktortitel.
Werke — Kompositionen: Variationen für’s Pianoforte op. 10, Hildburghausen: Kesselring [1824] <> Geistliche Gesänge (4 Sst. bzw. Sst., Kl.) op. 11, Frankfurt/M.: Andreä [1824] – später Frankfurt: Fischer; D-F <> Lied Gretchen vor dem Bilde der Mater Dolorosa (Sst., Kl.), Erfurt: Suppus [1824]; D-WRz <> Melodora. Töne der Liebe, Sehnsucht und Hoffnung (Sst., Kl.), 1. Heft, Leipzig: Hofmeister in Komm. [1817]; s. hierzu AmZ 28. Jan. 1818 sowie Intelligenzblatt 6, 1. Juli 1818 <> Melodora, deutsche Gesänge (Sst., Kl.), 2. Heft, Berlin: Christiani [1820]; D-Dl <> Melodora, deutsche Gesänge (Sst., Kl.), 3. Heft, Frankfurt: Fischer [1826] <> Schriften: Grundzüge der Geschichte der modernen Musik. Nach den besten Quellen bearbeitet […] Nebst einem Vorwort von Gottfried Weber, Berlin: Duncker & Humblot 1821; D-Mbs (digital, s. Abb.) <> Neues System der Harmonie-Lehre und des Unterrichts im Pianoforte-Spiel, 3 Teile, Frankfurt: Andreä 1825 und 1827; A-Wn (digital), D-Mbs (digital: Teil 1, 2, 3) <> Freimüthige Worte. Ein Beitrag zur Beurtheilung der Schrift: System der Musik-Wissenschaft und der praktischen Composition, München: Sidler 1827 (digital) <> Ueber die Logiersche Musiklehrweise, in: Allgemeine Schulzeitung 14. Juli 1825, S. 641–645 <> Andeutungen im Gebiete der Harmonielehre, in: AmZ 3. Aug. 1825, Sp. 517–526, und 16. Nov. 1825, Sp. 757–760 <> Textbeiträge zur Gazette musicale de Paris (1834–1836) <> Herausgaben: Allgemeine Zeitung für Musik und Musikliteratur, Berlin: Christiani 1820 (Nr. 1–3)
Quellen — KB Oberheldrungen <> Briefwechsel mit der Großherzoglichen Regierung bzw. mit Großherzog Ludwig I. (1824–1829); D-DSsa, Best. 12 Nr. 44/24 (digital) <> Briefe an C. F. Peters in Leipzig (1814–1823); D-LEsta, Best. Musikverlag C. F. Peters Nr. 2639 und 2661, sowie D-Zsch (hier auch ein Brief an André in Offenbach); weitere Briefe s. Kalliope <> Joseph Mainzer, François Stoepel (Nekrolog), in: Revue et Gazette musicale des Paris 15. Jan. 1836, S. 24–25 <> AmZ (s. Reg.); Berlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen 20. Juli 1820, 10. Okt. 1820; Der Freimüthige (Berlin) 13. Okt. 1820 (S. 819–820: August Kuhn über Stöpels Allgemeine Zeitung); Neue Breslauer Zeitung 12. Febr. 1821; Zeitung für die elegante Welt (Leipzig) 6. Dez. 1821, 12. Okt. 1827; Darmstädter Tagblatt 1. Nov. 1824; Didaskalia (Frankfurt) 11. Nov. 1824, 1. Jan. 1825, 26. Febr. 1826, 30. Okt. 1825; Erlanger Zeitung 28. Febr. 1826; Berliner allgemeine musikalische Zeitung 15. Nov. 1826, 28. Febr. 1827, 18. Juli 1827, 28. Aug. 1827; Neckar-Zeitung (Stuttgart) 28. Apr. 1827, 13. Okt. 1829; Eos (München) 20. Okt. 1827, 2. Jan. 1828; Münchener politische Zeitung 3. Nov. 1827, 2. Jan. 1828; Flora (München) 18. Dez. 1827, 9. März 1828; Tag-Blatt für München 9. Dez. 1828; zahlreiche weitere Berichte und Notizen in der allgemeinen und musikalischen Presse
Literatur — SchillingE; Bernsdorf; Mendel/Reissmann; Robert Eitner, Art. Stoepel, Franz David Christoph, in: ADB 36, 1893
Axel Beer