Heinrich Adam Neeb
NEEB, HEINRICH ADAM * Lich 11. Dez. 1805 | † Frankfurt/M. 17. Jan. 1878; Chordirigent, Musiklehrer und Komponist
Neeb, zunächst Schüler seines Vaters, des Organisten Johann Adam Neeb († 1824) in Lich, besuchte 1820 bis 1824 das Lehrerseminar in Friedberg, dessen Direktor Johann Peter Müller für die musikalische Unterweisung zuständig war; weiteren Unterricht erhielt er bis Mitte 1827 von Georg Christoph Winkelmeier in Worms. Von da an bis 1830 lebte Neeb in Büdingen, leitete den städtischen Singverein und fungierte als Musiklehrer der Kinder der Familie Ysenburg-Büdingen auf Schloss Büdingen; eine Affaire mit der etwa gleichaltrigen Prinzessin Adelheid wurde vom fürstlichen Haus elegant unterbunden, indem man Neeb eine Studienreise nach Paris gewährte, wo er den ersten deutschen Männergesangverein Germania gründete. 1831 ließ er sich in Frankfurt nieder und wurde Schüler Aloys → Schmitts, der ihm mittels eines hervorragenden Zeugnisses (Okt. 1832) den Weg als Privatmusiklehrer in angesehenen Familien der Stadt bahnte. Seit 1836 leitete Neeb, der als Sänger bereits im Cäcilienverein und im Liederkranz mitwirkte, die (neue) Frankfurter Liedertafel, war maßgeblich an der Organisation des Ersten Deutschen Sängerfests (1838) beteiligt und gründete in der Folgezeit eine Reihe von Männerchören, darunter Teutonia, Turnersängerkranz, Frankfurter Germania, das Neeb’sche Quartett (1858) und 1865 den Neeb’schen Männerchor, der noch heute als Neeber-Schuler-Chor besteht; zudem blieb er einer der anerkanntesten Musiklehrer der Stadt. 1874 zog sich Neeb, der „Nestor der hiesigen Gesangvereins-Dirigenten“ (Didaskalia 20. Jan. 1878), aufgrund eines bereits 1857 diagnostizierten Nervenleidens (Didaskalia 25. Okt. 1873 nennt ein „gichtiges Leiden“, das ihn schon „seit längerer Zeit auf das Zimmer gebannt“ hatte) von seinen öffentlichen Aufgaben zurück und rief 1876 eine Stiftung zugunsten bedürftiger Tonkünstler ins Leben, deren Verwaltung bis in die 1920er Jahre in den Händen des Freien Deutschen Hochstifts lag. Zu Neebs Schülern zählte Georg Vierling; auch die Schwestern Johanna und Josepha Brentano könnten – wie gewiss etliche weitere Angehörige des Frankfurter „Establishments“ – seine musikalische Unterweisung empfangen haben.
Werke (Überblick und Auswahl; vgl. das ausführliche Verzeichnis bei Bartel 1993 sowie RISMonline) — Opern Domenico Balbi (Libretto: Heribert Rau), Der Cid (Libretto: Carl Gollmick), Die schwarzen Jäger (Frankfurt 1841, 1843, 1846), Rudolph von Habsburg (nicht aufgef.); weitere Bühnenwerke <> zahlreiche Lieder und Balladen (teils gedruckt, u. a. bei André in Offenbach (opp. 5, 7, 28, 37 Nr. 5, 38; weitere ohne Opuszahl; zumeist D-OF) sowie Hofmeister in Leipzig (Lieder op. 12–18)), rund 50 Männerchöre <> ungedruckt blieben (abgesehen etwa von einer Johanna Brentano gewidmenten Serenade für Klavier (Frankfurt: Hedler)) einige Instrumentalkompositionen, darunter Ouverturen, 3 Streichquartette und Klavierwerke
Quellen — Briefe und Dokumente in D-F, D-Ff, D-Hth, D-OF, s. Kalliope <> HmL <> Nachlass Neebs im Besitz des Neeber-Schuler-Chors, Frankfurt <> Bestand Neeber-Schuler-Chor im Institut für Stadtgeschichte Frankfurt <> Georg Thudichum, Geschichte des Gymnsasiums in Büdingen, Büdingen 1832, S. 103 <> Nachruf in: Didaskalia (Frankfurt) 20. Jan. 1878 <> Todesnachricht in: Harmonia. Zeitschrift für die musikalische Welt (Offenbach), 16. Febr. 1878 <> zahlreiche weitere Erwähnungen und Berichte in regionalen Presse
Literatur — Mendel/Reissmann <> RiemannL 101922 <> Mohr <> Otto Rüb, Die chorischen Organisationen (Gesangvereine) der bürgerlichen Mittel- und Unterschicht im Raum Frankfurt am Main von 1800 bis zur Gegenwart, Frankfurt 1964 <> Helmut Bartel, „Freiheit, du mein Losungswort“. Heinrich Adam Neeb, ein Freund Friedrich Stoltzes, Begleitheft zur Ausstellung 1986, Frankfurt 1986 <> Friedhelm Brusniak, Das große Buch des Fränkischen Sängerbundes, München 1991 <> Helmut Bartel, Heinrich Adam Neeb. Ein Beitrag zur Musikgeschichte Frankfurts, Frankfurt 1993 <> Reinhard Frost, Art. Neeb, Heinrich Adam, in: Frankfurter Personenlexikon (online) <> Friedhelm Brusniak / Dietmar Klenke, Sängerfeste und die Musikpolitik der deutschen Nationalbewegung, in: Mf 52 (1999), S. 29–54
Abbildung 1: Heinrich Adam Neeb, Fotografie von Straub & Kühn (Digitalisat aus D-F, Porträtsammlung Manskopf)
Abbildung 2: Titel zu Neebs Lied Die deutschen Turner, Offenbach: André (in Kommission) [ca. 1860/70]; D-Kbeer
Abbildung 3: Gedenktafel an Heinrich Neebs Geburtshaus in Lich (Seelenhofstr. 1), aufgenommen von Gudula Schütz im April 2019
Axel Beer