Stollewerk (Familie)
(1) Franz * (?) Burtscheid (Aachen) 22. Apr. 1846 | † St. Paul (Minnesota) 3. Jan. 1919; Bruder von (2), Vater von (3), Musiklehrer
(2) Philipp * (?) Burtscheid (Aachen) 7. Dez. 1854 | † Johnstown (Pennsylvania) 16. Juni 1890; Bruder von (1), Musiklehrer und Komponist
(3) Wilhelm Joseph („Willy“) * Ehrenbreitstein 17. Febr. 1872 | † Schloss Favorite in Förch (heute Stadtteil von Rastatt) 24. Dez. 1950; Sohn von (1), Musiklehrer, Chorleiter, Organist und Musikverleger
Von den zahlreichen Kindern des Aachener Organisten und Klavierstimmers (Joachim) Wilhelm (Joseph) Stollewerk (* Burtscheid (Aachen) 15. Aug. 1807 | † Aachen 16. Okt. 1889) und seiner Ehefrau Franzisca geb. Bransch ergriffen – abgesehen von den zeitweise in der mittelrheinischen Region ansässigen Brüdern Franz (1) und Philipp (2) – noch weitere musikalische Berufe: Wilhelm Anton (get. Burtscheid 27. Juni 1842 | † Aachen 27. Jan. 1912) und Christian (* (?) Burtscheid 16. März 1859) waren Musiklehrer in Aachen und Wilhelm Joseph (* (?) Burtscheid 15. Nov. 1856 | † Amsterdam 11. Jan. 1927) lebte als Klavierbauer in Amsterdam.
(1) Franz Stollewerk, dessen Name in den Koblenzer Personenstandsregistern stets als „Stollwerk“ geführt ist, figuriert 1883 als in Ehrenbreitstein ansässiger „Klavierspieler“ im Koblenzer Adressbuch; wenig später kehrte er seiner Familie den Rücken – seine Ehefrau Franziska geb. Josephs (Eheschließung 1870 in Ehrenbreitstein) wird 1886 in Koblenz allein erwähnt, und der Heiratseintrag des Sohns Willy (1894) nennt als Vater den „Musiklehrer Franz Stollwerk, dessen Aufenthalt unbekannt ist“. Was seine Angehörigen offenbar nicht wussten bzw. später möglicherweise verdrängten: 1885 wanderte Franz Stollewerk nach Nordamerika aus und ließ sich als Klavierlehrer in St. Paul (Minnesota) nieder, wo er auch (ein weiteres Mal) heiratete.
(2) Philipp Stollewerk trat erstmals im Dez. 1868 als Pianist und Schüler seines Bruders Anton öffentlich in Burtscheid auf und verfolgte anschließend eine Karriere als Pianist und Musiklehrer. Die Koblenzer Adressbücher der Jahre 1879 und 1883 führen Philipp Stollewerk als Musiklehrer; unmittelbar danach tauchte er in Schottland auf (1883 in Fraserburgh) und anschließend war er für kurze Zeit in Bonn ansässig. Zeitgleich mit seinem Bruder Franz (1) wanderte er 1885 nach Nordamerika aus. Dort war er zunächst in New York als Organist der Holy Innocents Church und Lehrer am New York Conservatory of Music beschäftigt, woneben er mehrere Chöre wie den Bremer Gesang-Verein von New York und den Astoria Männerchor (Astoria, Long Island) dirigierte. Im Mai 1890 wechselte er als Leiter der Musikabteilung an das Morrell Institute in Johnstown (Pennsylvania) und übernahm an der dortigen evangelischen Kirche den Organistendienst.
Werke — Des Kindes Tod (Bar., Kl.), Aachen: W. Larsen & Cie. [1872] <> Rudermarsch (Kl.) op. 26, Koblenz: Falckenberg [1882] <> Aimée-Walzer op. 28, ebd. [1892] <> als Arrangeur (zweier zusätzlicher Stimmen): Charles Gounod, Convent Mass (4 Sst., Kl.), New York: J. Fischer & Brother (1889); US-MAu (digital)
(3) Willy Stollewerk, sicherlich Schüler seines Vaters, betätigte sich bereits seit 1887, also noch während seiner Gymnasialzeit, als Organist und vor allem als Chorleiter, u. a. 1889 kurzzeitig an St. Pankratius in (Koblenz-) Niederberg. Die Annahme, er hätte in Aachen und Köln studiert, beruht hingegen auf einer Verwechslung mit seinem Aachener Onkel Christian Stollewerk. Um die Mitte der 1890er Jahre lebte Willy Stollewerk in Ehrenbreitstein und ließ sich als Musiklehrer spätestens 1896 dauerhaft in Koblenz nieder. Bezüglich seiner umfänglichen Tätigkeit als Chorleiter ist bisher nur ein keineswegs vollständiger Überblick möglich: MGV Oberlahnstein (seit ca. 1900), MGV Cäcilia (Koblenz-) Rübenach (1903–1910, 1921–1924), GV Concordia Mayen (um 1912), MGV Frohsinn Mülheim (um 1912), MGV und Männerquartett Braubach/Rhein (1913–1921), weiterhin Coblenzer Männergesangverein, MGV Eintracht Koblenz, MGV Viktoria Koblenz, Liederkranz (Koblenz-) Wallersheim, MGV Eintracht Bassenheim, MGV Concordia (Koblenz-) Metternich, Liederkranz Mayen. Außerdem war Stollewerk in den Jahren 1922 bis 1927 Organist und Chorleiter an St. Antonius Koblenz-Lützel und fungierte bei zahlreichen Gesangswettbewerben als Preisrichter. Daneben nahm er rege am gesellschaftlichen Leben teil – so 1902 als Karnevalsprinz Willy II. von und zu Stollwerkshausen. Zur Vermarktung seiner eigenen Kompositionen betrieb Stollewerk seit etwa 1912 einen Musikverlag; die Herstellung lag in den Händen von Breitkopf & Härtel in Leipzig.
Nachdem seine Ehefrau Maria Juliana geb. Steil (1868–1927) verstorben war, verließ Stollewerk Koblenz und nahm seinen Wohnsitz im „efeuumrankten Verwaltershaus“ (Badische Presse (Karlsruhe) 21. Febr. 1932) von Schloss Favorite in Förch bei Rastatt. Seine Tätigkeit als Chorleiter (Sängerbund Niederbühl, Treue Kuppenheim, Hohe Murg Forbach) führte er ebenso weiter wie seinen Musikverlag.
Werke — Ein großer Teil der rund 200 Chorkompositionen (überwiegend Männerchöre) erschien im Druck (unvollständige Opusreihe bis mindestens op. 168), und zwar zunächst seit 1901 bei Carl Kraehmer in Koblenz (bis op. 20); 1912 begann Stollewerk mit der (vielfach retrospektiven) Veröffentlichung im Selbstverlag (allein in diesem Jahr op. 30–100) und setzte dies in der zweiten Hälfte der 1920er Jahre fort, wobei das Impressum bis 1929 Koblenz-Lützel, anschließend Rastatt als Verlagsort nennt. Überliefert sind zahlreiche Ausgaben in D-B, einige wenige in D-KBsta (opp. 30, 155, 165, 168) und in D-Kbeer (opp. 17, 30, 81).
Quellen und Referenzwerke — KB Burtscheid (St. Michael; kath.) <> Standesamtsregister Ehrenbreitstein und Koblenz <> Adressbücher Koblenz 1883, 1886, 1897, 1921/22, 1923; Kreis-Adressbuch für die Amtsbezirke Rastatt und Bühl 1939 <> Passagierlisten (S.S. Scythia, New York 30. Jan. 1885; S.S. Werra, New York 1. Apr. 1885) <> Census Records Saint Paul (Ramsey) 1895, 1910 <> Death Records Minnesota <> Echo der Gegenwart (Aachen) 29. Nov. 1868, 11. Sept. 1872, 5. März 1876 und passim; East Aberdeenshire Observer 23. Nov. 1883; Peterhead sentinel 28. Nov. 1883; Bonner Zeitung 5. Mai 1884, 4. Nov. 1884; The Musical Courier (New York) 13. Febr. 1889, 3. Juli 1889, 18. Juni 1890; American Art Journal (New York) 17 Mai 1890; Johnstown Weekly Democrat 20. Juni 1890, 27. Juni 1890; Coblenzer Zeitung 4. Aug. 1912 (betr. 25. Dirigentenjubiläum), 30. Aug. 1919 und passim; Coblenzer Volkszeitung 1921–1939; Koblenzer General-Anzeiger 14./15. Febr. 1942 (zum 70. Geburtstag) und passim; Badische Presse (Karlsruhe) 19. Apr. 1930, 14. Jan. 1931, 13. Jan. 1932, 21. Febr. 1932 (zum 60. Geburtstag), 10. März 1932 und passim; Rhein-Zeitung 29. Dez. 1950 (Nachruf) <> Denkschrift Zum 25. Stiftungsfeste des Bremer Gesang-Verein von New York […], New York 1910 <> Fest-Buch zum 50jährigen Jubelfeste […] des M.-G.-V. „Harmonia“ […] in Nievern, Nievern 1912 <> Fest-Buch zu der 40jährigen Jubel-Feier des Männergesang-Vereins „Oberlahnstein“, Oberlahnstein 1903 <> Männergesangverein Braubach am Rhein 1843–1953 […] Festschrift zur 110-Jahr-Feier, Koblenz 1953 <> 125 Jahre Männerchor 1854 Rübenach: 1854–1979. Fest-Schrift zur Feier des 125-jährigen Bestehens, Koblenz 1979 <> 100 Jahre Kirchenchor „Cäcilia“ der kath. Pfarrgemeinde St. Pankratius Koblenz-Niederberg: 1891–1991, Koblenz 1991 <> MMB <> freundliche Auskünfte von Herrn Christian Fäßler M. A., Stadtarchiv Rastatt (Sept. 2022)
Literatur — Hans Gappenach, Art. Stollewerk, in: Kurzbiographien vom Mittelrhein und Moseltal, Sonderheft der Landeskundlichen Vierteljahresblätter 1973; der darin genannte Artikel mit einem Werkverzeichnis desselben Autors in Rheinische Musiker, Bd. 8 (1973), ist dort nicht erschienen <> Baur 2008
Abbildung: Titel des Männerchors Behüt Dich Gott in stiller Nacht op. 30, Koblenz: Selbstverlag [1912]; D-Kbeer
Axel Beer und Kristina Krämer (unter Benutzung von Vorarbeiten von Uwe Baur sowie Judith Höhn-Engers, Stadtarchiv Koblenz, der wir für Ihre Mithilfe besonders danken)