Hugo Schlemüller
SCHLEMÜLLER, (EDUARD) HUGO * Königsberg (Kaliningrad) 2. Okt. 1872 | † Bad Orb (nicht Frankfurt) 1. (nicht 7.) Aug. 1918; Cellist, Komponist, Pädagoge, Schriftsteller
Schlemüller erhielt seine musikalische Ausbildung am Leipziger Konservatorium unter Alwin Schröder und Julius Klengel; außerdem studierte er Philosophie an der dortigen Universität. Sein Vater Gustav Heinrich war seit der Übersiedlung der Familie nach Leipzig Anfang der 1880er Jahre Inhaber eines Pianofortemagazins, Musiklehrer und Musikreferent des Leipziger Tagblatts. Sein Sohn schlug eine ähnlich facettenreiche Laufbahn ein. Zu Studienzeiten begannen seine zahlreichen Auftritte als Cellist. Ein Konzert in Wiesbaden unter Leitung Heinrich Spangenbergs führte ihn 1894 erstmals in mittelrheinische Gefilde. In den folgenden vier Jahren, bevor Schlemüller nach Frankfurt/M. zog, spielte er als Solo-Cellist in verschiedenen Orchestern (Kaim-Orch. in München (unter Zumpe), Winderstein-Orch. in Leipzig, Orch. Paul Prills, das während der Sommermonate in Riga spielte) und soll am Gothaer Konservatorium gelehrt haben.
In Frankfurt erteilte Schlemüller seit dem Schuljahr 1901/02 Cellounterricht am Hoch’schen Konservatorium und nutzte zahlreiche (man möchte fast sagen jegliche) Gelegenheiten, sich als Solist in Frankfurt und Umgebung hören zu lassen – von Vereins- und Wohltätigkeitskonzerten bis hin zur musikalischen Darbietung bei einem „Strickstrumpf-Tee“ (wo übrigens auch Henri Pusch beteiligt war). Weiterhin gehörte er mehreren Kammermusikformationen an – als Mitglied der Vereinigung für populäre Kammermusik veranstaltete er mit Willy Post, Ludwig Keiper (seit 1906 Eduard Ratzka) und Hugo Schmidt Konzertreihen (mind. 1904–09, 1916–1917); und mit dem späteren Ehepaar Marie von Bassewitz und Joseph Natterer bildete er die Triovereinigung von Bassewitz—Natterer—Schlemüller, die mindestens zwischen 1905 und 1910 Kammerkonzerte in Gotha und etlichen anderen Städten wie Coburg, Eisenach und Ober-Ingelheim gab. Während des ersten Weltkriegs diente Schlemüller im ersten Ersatzbataillon des Infanterie-Regiments Nr. 81, wo er gemeinsam mit Willy Bufé, August Schucht und Willy Post ein „feldgraues Streichquartett“ gründete und damit 1918 in Frankfurt, Homburg und Königstein auftrat. Im selben Jahr wirkte er außerdem bei einem Schubert-Zyklus des Brüder Post-Quartetts mit.
Als Musikreferent verfasste Schlemüller zunächst Berichte und Kritiken für die Frankfurter Kleine Presse und anschließend knapp 20 Jahre lang für den Frankfurter Generalanzeiger und die Signale für die musikalische Welt (Leipzig). Auf der Basis seiner reichen Erfahrung schrieb er verschiedene Ratgeber für angehende Solisten und stellte mit den Heften Konzertprogramme der Gegenwart Handreichungen für Chorleiter, Dirigenten etc. zusammen. Diese Schriften wie auch einige seiner Kompositionen veröffentlichte Schlemüller seit 1909 im Selbstverlag. Die einzigen „fremden“ Verlagswerke waren Ludwig Scribas opp. 8, 11 und 12. Der Verlag der Konzertprogramme der Gegenwart ging 1914 an Otto Brömme über, der Verlag Hugo Schlemüller (laut MMB) 1925 an Grunert in Leipzig.
Auch setze sich Schlemüller als Vorsitzender des Frankfurter Musiklehrer-Vereins (mind. 1906–10) für die Belange seiner Berufsgruppe ein und war viele Jahre Ausschussmitglied der Musikalien-Frei-Bibliothek. Seit 1910 trug er den Titel eines fürstlich Waldeckschen Kammervirtuosen.
Werke (für Vc., Kl., wenn nicht anders angegeben; z. T. in aktuellen Reprints oder Neuausgaben der Verlage Zimmermann bzw. Schott im Handel) — Kompositionen mit Opuszahl: Drei Salon-Stücke op. 2 (aufgef. Leipzig 1894), Leipzig: Zschocher [1894] <> Zwei Kompositionen op. 6 (aufgef. Leipzig 1895), Magdeburg: Heinrichshofen [1907]; D-B <> Zwei Stücke op. 8, Langensalza: Beyer & Söhne [1900]; US-PRV (Nr. 1) <> Sechs leichte Vortragsstücke op. 12, Leipzig: Zimmermann [1902]; D-B, D-Cl <> Vier Walzer (Kl.) op. 13, Langensalza: Beyer & Söhne [1904]; CH-Zz (Nr. 3) <> Sechs leichte Vortragsstücke op. 14, Leipzig: Zimmermann [1911]; D-B, D-F (Nr. 3) <> Acht lustige Stückchen für junge Pianisten (Kl.) op. 17, Frankfurt/M.: Schlemüller [1909]; D-B – dass., Leipzig: Zimmermann [1909]; D-B <> Sechs Stücke für Konzert und Salon op. 18, Leipzig: Zimmermann [1911]; D-B, D-BABHkrämer (Nr. 2), PL-Wn (Nr. 1, 4, 5, 6 digital) <> Die allerersten Vortragsstückchen des jungen Cellisten. 20 leichte Vortragsstücke (Vc., Kl./Vc.) op. 19, 2 Hefte, ebd. [1912]; D-B, D-F (Heft 1) <> Sechs Charakterstücke op. 20, ebd. [1912]; D-B, D-Fh (Nrn. 2, 5), PL-Wn (Nr. 1, 2, 4, 5 digital) <> Das Studium der vierten Lage. 12 leichte Vortragsstücke (Vc., Kl./Vc.) op. 21, 2 Hefte, ebd. [1913]; D-B <> Sechs unterhaltende Stücke op. 22, Offenbach: André [1915]; D-B, D-Cl (Nrn. 1, 3, 5), D-OF <> Ballade (Vc., Kl./Org.) op. 24 (UA Frankfurt 1915, begleitet von Christian Friedrich Mack), Leipzig: Zimmermann [1915] <> Sechs lustige Stücke op. 25, ebd. [1919]; D-B <> Sarabande (Vl., Kl. bzw. Vc., Kl. bzw. Vc., Orch.) op. 26, Offenbach: André [1916]; D-B <> Drei Stücke op. 27, Leipzig: Zimmermann [1919]; D-B, PL-Wn (digital) <> Der Daumenaufsatz. Eine Schule für das Studium des Daumenaufsatzes beim Violoncello, von den ersten Anfängen bis zur Virtuosität, mit zahlreichen Beispielen und Übungsstücken op. 28, 2 Hefte, ebd. [1919]; D-B <> Sieben kleine Stücke zum Vorspielen für junge Cellisten (Vc., Vc./Kl.) op. 29, Offenbach: André [1916]; D-B, D-Cl <> Auf Urlaub. Suite op. 30, Leipzig: Zimmermann [1919]; D-B <> ohne Opuszahl: Wiegenlied „Schlafe mein Kindchen in Ruh“ (Sst., Kl.), Leipzig: Zschocher [1895]; (möglicherweise eine andere Fassung von op. 2 Nr. 2) <> Etüden-Schule. Eine Sammlung von progressiv geordneten Etüden der bedeutenden Cellomeister, zusammengestellt, genau bezeichnet und herausgegeben, Leipzig: Zimmermann [1914]; A-Wn, D-B, D-F, D-Fh <> Des Cellisten Lieblinge. Eine Auswahl von 100 beliebten Stücken in leichter Bearbeitung (Vc.), ebd.; D-B <> als Bearb. Fünf Lieder von Emil Sulzbach (Vc., Kl.), Frankfurt: Baselt [1915]; D-EF (Nrn. 4–5), D-F (Nrn. 1–2) <> ungedruckte Werke: Cellokonzert a-Moll (augef. Leipzig 1894; Signale für die musikalische Welt Nr. 25 (März) 1894) <> Schriften: Konzertprogramme der Gegenwart (seit 1914 fortgeführt von Otto Brömme), Frankfurt: Schlemüller [1910–20]; D-B, D-F, D-LEdb, D-Sl <> Der Kölner Männer-Gesangverein in Italien 1910. Nach Berichten an das Kölner Tagblatt, ebd. [1910]; D-B, D-F, D-KNu <> 1100 Adressen von Musik-Direktoren, Vereins-Dirigenten und Konzertgesellschaften, die Solisten engagieren, fertig zum Aufkleben auf Kuverts […] zusammengestellt nach Programmen und Zeitungsberichten, ebd. [1914]; (vgl. Signale für die musikalische Welt 1. Juli 1914) <> Schlemüllers Künstlerbibliothek – Reihe mit sechs Lieferungen, darunter Wie bekomme ich Konzert-Engagements? Der Künstler als Kaufmann. Ein praktischer Ratgeber für konzertierende Künstler; Wo kann ich auftreten?; Wie bringe ich Notizen in die Zeitungen?, ebd. [1916]; D-Dhm (Nr. 3), D-LEdb (Nrn. 1, 3) – 1919 plante Dr. Hugo Robert Fleischmann in Wien die Publikation einer Fortsetzung und Vervollständigung unter dem Titel Der Weg zum Erfolg (vgl. Signale für die musikalische Welt 26. März 1919) <>
Quellen und Referenzwerke — KB Königsberg <> Standesamtsregister Bad Orb und Frankfurt <> Adressbücher Leipzig, Frankfurt <> Personal- und Schulamtsakte in D-Fsa <> Brief an Friedrich Nicolas Manskopf in D-F, s. Kalliope <> Jahresberichte des Hoch’schen Konservatoriums <> MMB <> Wiesbadener General-Anzeiger 6. Nov. 1894; Düna-Zeitung (Riga) 8. Mai 1897; Musikalisches Wochenblatt 27. Jan. 1910 (Ernennung zum Kammervirtuosen); Frankfurter Zeitung und Handelsblatt 28. Jan. 1915 („Strickstrumpf-Tee“); und zahlreiche weitere Artikel in der musikalischen und regionalen Presse; Nekrologe in: Frankfurter Zeitung und Handelsblatt 3. Aug. 1918; Frankfurter Nachrichten und Intelligenz-Blatt 4. Aug. 1918 (Morgenausg.); Signale für die musikalische Welt 14., 28. Aug. 1918 <> Art. Hugo Schlemüller, in: Violoncellisten der Gegenwart in Wort und Bild, Hamburg 1903 <> Art. Schlemüller, Hugo, in: Riemann 111929 <> Freia Hoffmann, Art. Bassewitz, Marie von, in: Instrumentalistinnen-Lexikon (Sophie Drinker Institut) online
Literatur — Cahn 1979
Abbildung 1: Hugo Schlemüller (Violoncellisten der Gegenwart)
Abbildung 2: Reklamemarke der Konzertprogramme der Gegenwart; D-BABHkrämer
Kristina Krämer