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PIEL, PETER * Kessenich (heute Stadtteil von Bonn) 12. Aug. 1835 | † Boppard 21. Aug. 1904; Seminarlehrer und Komponist

Piels Verbindung mit dem mittelrheinischen Raum betrifft vor allem seine Tätigkeit am Lehrerseminar in Boppard. Ersten Musikunterricht erhielt er ab 1849 in der Präparandenanstalt des Kölner Lehrerseminars. 1854 bis 1856 besuchte er das Seminar in Kempen, wo Albert Michael Jepkens (1828–1878) seine Ausbildung maßgeblich bestimmte. Piel unterrichtete nach seinem Examen seinerseits an dieser Institution (Paul Schmetz war hier sein Schüler), um 1868 einem Ruf als Musiklehrer an das katholische Lehrerseminar von Boppard zu folgen. Bis zu seinem Tode blieb er dieser Anstalt verbunden. Durch das Ineinandergreifen von Seminarausbildung und kirchenmusikalischer Praxis, das er in seinen Schriften fortführte, erlangte Piel nicht nur im pädagogischen Bereich, sondern auch bezüglich des kirchlichen, vor allem katholischen Musiklebens prägenden Einfluss auf den Süden der preußischen Rheinprovinz. Einige verstreut überlieferte Quellen weisen ergänzend seine Tätigkeit als Glocken- und Orgelsachverständiger nach. Zu seinen Schülern am Lehrerseminar in Boppard zählten Martin Blum, Gustav Erlemann und August Wiltberger. 1887 wurde Piel, über dessen „Thätigkeit als Musiklehrer nur Günstiges verlautet[e]“ und dessen Kompositionen als „in unserer Zeit seltene Erscheinungen von hoher Stilvollendung“ empfunden wurden (Gutachten, Berlin 24. Okt. 1887, in Acta betr. Verleihung des Titels Musikdirector, Bl. 286), mit dem Titel eines Königlichen Musikdirektors ausgezeichnet. Als Komponist vertrat er in seinen mehr als 40 Messen, vielen Orgel- und unzähligen Chorsätzen Ideale, die von den kirchenmusikalischen Reformvorstellungen des Cäcilianismus bestimmt sind. Während seine größer besetzten Werke mit ihrer handwerklich soliden Faktur und manchen kontrapunktischen Effekten mittlerweile beinahe vergessen sind, haben sich einige Kirchenliedsätze für Orgel bis heute in den Diözesen Trier und Limburg gehalten. Piels Harmonie-Lehre op. 64 (1889) ist charakteristisch für den durchweg pragmatischen Zugriff auf das Gebiet der Satztechnik, in dem der Schwerpunkt auf praktischer Unterweisung liegt und theoretische Erörterungen fast ganz zurückgedrängt sind. Seine Ausführungen wurden zu einem grundlegenden Text für die Seminaristenausbildung und erlebten, später von Paul →Manderscheid bearbeitet und ergänzt, bis in die 1920er Jahre Neuauflagen.

Werke — s. das Verzeichnis in RhM. 115 Werke mit Opuszahl, überwiegend geistliche Musik (Messen, Antiphonen, Offertorien, Orgelmusik), auch Lehrwerke (darunter Harmonie-Lehre unter besonderer Berücksichtigung der Anforderungen für das kirchliche Orgelspiel zunächst für Lehrer-Seminare op. 64, 1889) und einige wenige weltliche Instrumentalkompositionen (u. a. Märsche (Kl. 4ms), Sonate (Kl., Vl.) op. 52), seit 1871 zumeist erschienen in Köln bzw. Düsseldorf bei Schwann; D-Rp (Schwann-Archiv) <> Manuskripte s. RISMonline <> zahlreiche Renzensionen im Vereins-Catalog des Cäcilien-Vereins, Regensburg u. a. 1889

QuellenActa betr. Verleihung des Titels Musikdirector 1881–1888; D-Bda (Best. Preußische Akademie der Künste Berlin, Akte 404) <> Akten des Bopparder Lehrerseminars; D-Bga (I. HA Rep. 76 Seminare, Nr. 1.207–1.265) <> Weiteres größtenteils ungesichtetes Aktenmaterial zu den Bopparder kirchlichen und pädagogischen Institutionen findet sich im Pfarrarchiv St. Severus, Boppard, in kleinen Umfängen im Archiv des Kant-Gymnasiums Boppard sowie in D-KBa (Best. 405 und Best. 406, 17). Ein Überblick über Piels Korrespondenz ist noch nicht möglich; Briefe an Franz Xaver Witt in D-Rp (s. Kalliope) <> Vereins-Catalog des Cäcilien-Vereins, Regensburg u. a. 1889 (zahlreiche Rezensionen von Werken Piels durch Dritte)

LiteraturBiographisches Jahrbuch und deutscher Nekrolog, Berlin 1904 <> Paul Mies, P. P., ein Meister der musica sacra. Zur hundertsten Wiederkehr seines Geburtstages, Düsseldorf 1935 <> Ders., P. P., in: Musica sacra 78 (1958), S. 255–257 <> Ders., in: RhM, Bd. 1 <> Ferdinand Haberl, in: MGG1 <> Geschichte der katholischen Kirchenmusik, hrsg. von Karl Gustav Fellerer, Bd. 2, Kassel u. a. 1976 <> Herbert Heine, Das Kirchenlied und der Caecilianismus, in: Der Caecilianismus. Anfänge – Grundlagen – Wirkungen, hrsg. von Hubert Unverricht, Tutzing 1988, S. 125–161 <> MDB

Hörbeispiel: Nr. 9 „Moderato“ aus Zwölf Orgel-Trio zum Studium und zu kirchlichem Gebrauche op. 36, Düsseldorf: Schwann [1884] (Aufnahme von Birger Petersen für das MMM2, Jan. 2022; Heinrich-Rasche-Orgel (1848, II/P/12) der Dorfkirche zu Bentwisch bei Rostock)

Abbildungen: Portraitfotographie Piels sowie erste Seite des Autographs einer unpublizierten Messe (A, T, B, ca. 1868–1872); Privatbesitz


Gerhard Hust (†)

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  • Zuletzt geändert: 2024/08/02 18:09
  • von kk
  • angelegt 2021/12/03 17:22