Ernst Pauer
PAUER, ERNST (ANDREAS) * Wien 21. Dez. 1826 | † Jugenheim 9. Mai 1905; Pianist, Dirigent, Komponist
Ernst Pauer, Sohn des gleichnamigen, aus Pressburg gebürtigen Predigers der evangelischen Gemeinde in Wien, war dort 1839–1844 Schüler Franz Xaver Mozarts und Simon Sechters; eine Kunsttreise führte ihn bereits 1843 nach Frankfurt, wo er an einem Konzert zugunsten der Mozartstiftung teilnahm. Nach weiterem Unterricht bei Franz Lachner in München (1845–1847) übernahm er um die Mitte des Jahres 1847 (seine Wahl erfolgte am 15. April) die Funktion Heinrich Essers als musikalischer Leiter der Mainzer Liedertafel, die er bis Mai 1851 innehatte; sein Nachfolger wurde Karl Ludwig Fischer. In London, wo Pauer in den Jahren 1851 bis 1896 lebte, wirkte er als Konzertpianist und als Lehrer (u. a. seit 1871 an der Royal Academie of Music) wie auch als Leiter des dortigen deutschen Männergesangvereins. Bei seinen alljährlichen Besuchen auf dem Kontinent ließ er sich auch in der mittelrheinischen Region hören, wie etwa im Sommer 1856 (neben Henri Vieuxtemps u. a.) anlässlich des 1. Mittelrheinischen Musikfests in Darmstadt, im Januar 1864 in Frankfurt, erneut „zum Besten der Mozart-Stiftung“ (Didaskalia 17. Jan. 1864), und zwei Jahre später im Rahmen eines Historischen Konzerts, das er mit Ludwig Gellert und dessen Liederkranz veranstaltete. Seit 1859 war Pauer vielfach auch in Jugenheim an der Bergstraße zu Gast – der Erlös seiner Konzerte floss in soziale Projekte, etwa den Bau einer Kleinkinderschule, was ihm die Gemeinde 1867 mit der Verleihung des Ehrenbürgerrechts dankte. Als er im März 1896 endgültig nach Deutschland zurückkehrte, wählte er in Jugenheim, wo er für sich und seine Familie bereits 1866 eine ansehnliche Villa hatte errichten lassen (im heutigen Pauerweg; von ihr berichten u. a. die Signale und die NZfM schon seit 1867), sein „reizendes Besitzthum“ als Alterssitz (Signale). Auch sein Sohn Max (1866–1945; zuletzt Leiter des Leipziger Konservatoriums und bis 1934 an der Mannheimer Musikhochschule als Klavierdozent tätig) verbrachte dort seine letzten Lebensjahre. Ernst Pauers auf Antrag erfolgte Ernennung zum Großherzoglich Hessischen Hofkonzertmeister im Jan. 1858 war (wie auch der 1866 in Wien erlangte Titel eines Kammervirtuosen) nicht mit Verpflichtungen verbunden. Zu seinen Klavierschülern während der Mainzer Jahre zählte Bernhard Scholz.
Übrigens: Auch familiäre Bindungen machten den (als Protestanten etwas untypischen) Wiener Ernst Pauer zum Mittelrheiner, wobei die Tatsache, dass er über seine Mutter Sophie Enkel des Pianisten, Komponisten und Klavierbauers Johann Andreas Streicher (1761–1833) war, der auch, wie man am zweiten Vornamen Pauers sieht, als Taufpate fungierte, nicht belanglos ist: Streichers Sohn Johann Baptist, mithin Ernst Pauers Onkel, schloss 1823 die Ehe mit Auguste André, einer Tochter des Offenbacher Verlegers Johann Anton André, und nur wenige Wochen zuvor war der Bräutigam Taufpate von Johann Baptist André, des jüngsten Sohns Johann Antons, geworden. Schließlich sei erwähnt, dass Pauer als junger Mann „auf Veranlassung des Herrn [Carl August] André“ erstmals öffentlich in Frankfurt auftrat (Frankfurter Konversationsblatt 25. Okt. 1843).
Werke — Bereits vor seiner Mainzer Zeit ließ Pauer Kompositionen bei André in Offenbach erscheinen, darunter 3 Romances (Kl.) op. 6 [1844], Scherzo (Kl.) op. 17 [1845] und 2 Morceaux de Salon (Kl.) op. 18 [1845]; sämtlich in D-OF. Seit 1847 wurde →Schott in Mainz einer seiner Hauptverleger: Corsaren-Walzer (Kl.) op. 9 [1847]; D-Mbs (digital) <> Sonate (Kl.) op. 22 (Eduard Föckerer gew.) [1847]; D-B (digital), D-Mbs (digital) <> 4 Gesänge (4 Mst.) op. 23 [1847] <> Fahnenschwur der Deutschen (Mch. mit Militärmusik) op. 25 [1848]; D-Mbs (Chor- u.Orch.-St. digital) <> Teile der Oper Die rothe Maske [1851] <> Caprice en forme de Tarantelle (Kl.) op. 30 [1851] <> Berceuse. Mélodie (Kl.) op. 31 (Mathilde von Rothschild gew.) [1851] u. a.
Quellen — KB Wien (Lutherische Stadtkirchen) <> Akten der Mainzer Liedertafel 1847–1851 (hier auch Briefe und andere Schriftstücke von der Hand Pauers); D-MZl <> Akte betr. Verleihung von Titeln an Nichtmitglieder der Darmstädter Hofkapelle; D-DSsa (D 8, 50/1) <> Briefe s. Kalliope (primär an Schott in D-B (1854–1888)) – weitere Briefe an Schott (8, 1855–1871); D-MZsa – Briefe an André in Offenbach (1845–1884); D-OF <> Nekrologe in: Neue Freie Presse (Wien) 12. Mai 1905, Frankfurter Zeitung und Handelsblatt 13. Mai 1905 (Abendblatt), Neues Wiener Journal 13. Mai 1905 <> Didaskalia 16. Okt. 1843 u. ö.; Frankfurter Konversationsblatt 25. Okt. 1843 u. ö.; Signale für die musikalische Welt 24. Aug. 1864, 15. Febr. 1867, 19. Aug. 1867, 21. März 1896 u. ö.; Frankfurter Reform 31. Dez. 1865; Darmstädter Frag- und Anzeigeblatt 30. Aug. 1856; NZfM 30. Okt. 1868; AmZ (s. Reg.) <> MMB <> Peth 1879 <> Festschrift 1884 <> weitere Quellen in D-MZl
Literatur — Marcus Chr. Lippe, Art. Pauer in MGG2P (dort weitere Angaben)
Abbildung 1: Ernst Pauer, Fotografie von Elliot & Fry (Digitalisat aus D-F, Porträtsammlung Manskopf)
Abbildung 2: Die Gemeinde Jugenheim erinnert an ihren Ehrenbürger Ernst Pauer, wobei unsere Feststellung, dass die Formulierung „Mozarts Schüler“ ein wenig missverständlich ist, Pauers Engagement keinen Abbruch tun soll; Foto von Rüdiger Spielkamp, Okt. 2025
Axel Beer