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KOẞMALY (auch Cosmaly u. ä.), CARL (BERTHOLD THEODOR) * Breslau 27. Juli 1812 | † Stettin 1. Dez. 1893; Dirigent, Musikschriftsteller und Komponist

Als sehr junger Mann, der zunächst in seiner Heimatstadt und ab 1828 in Berlin seine musikalische Ausbildung erhalten hatte, kam Carl Koßmaly nach Mainz, wo sein Name erstmals 1831 aufscheint: Er war unter den 45 Musikfreunden, die Ende Okt. des Jahres den Aufruf zur Gründung der Liedertafel unterzeichneten. Wenig später hatte er bereits durch mehrere „Kompositionen, besonders durch die geschmackvolle und charakteristische Musik eines Melodrams, sowie auch durch den Satz von Liedern und Romanzen, zuletzt noch durch die sehr gelungene Komposition des schönen Gedichts: „Der weiße Adler am Rhein“ die Aufmerksamkeit des Publikums auf sich gezogen.“ (Didaskalia 5. Apr. 1832). Im Sommer 1832 war er Chorrepetitor der vereinigen Bühnen Mainz und Wiesbaden, deren musikalische Leitung er nach Kurzem übernahm und bis 1838 innehatte. Daneben erprobte er sein schriftstellerisches Talent zunächst in Form von Gedichten für die Wöchentlichen Unterhaltungen, einer Beilage der Didaskalia, konzentrierte sich aber zunehmend auf reflektierende Texte über Musik und Theater, die in den Mainzer Unterhaltungsblättern sowie – bereits in ihrem Gründungsjahr – in der Neuen Zeitschrift für Musik erschienen, wo auf Robert Schumanns Wunsch seit 1838 u. a. Korrespondenzberichte über das Frankfurter Musikleben aus der Feder Koßmalys veröffentlicht wurden. Nachdem er im August 1838 noch in Wiesbaden tätig gewesen war, nennt ihn die Amsterdamer Presse bereits im folgenden Monat „orkestmeester“ der dortigen Deutschen Oper; im August 1839 wurde der Weggang nach Bremen gemeldet, wo Koßmaly bis 1841 blieb, um anschließend nach Detmold (als Nachfolger von Johann Baptist Hagen), 1845 nach Breslau und schließlich 1847 nach Stettin zu gehen. 1883 kehrte er kurz nach Mainz zurück, um nach 50 Jahren als einziges lebendes Mitglied der damaligen Operngesellschaft noch einmal die Funktion des Chordirektors auszuüben. – In den Jahren 1834 bis 1836 war Peter Cornelius in Mainz (ungerne) Klavierschüler Koßmalys.

Übrigens: Man fragt sich schon, wie und warum ein 19jähriger (mithin damals noch nicht volljähriger) junger Mann – freilich nicht ohne Talent, aber offensichtlich ohne bemerkenswerte Reputation – auf den mutigen Gedanken verfallen konnte, sich einfach mal so von Berlin kommend in Mainz bzw. Wiesbaden niederzulassen. Nun – eine Vermutung sei geäußert: In der Didaskalia vom 16. Nov. 1831 erschien eine sprachlich wie inhaltlich sehr ungewöhnliche Frankfurter Theaterkritik, unterschrieben mit „M. G. S. Aphir“; man muss nicht lange überlegen und erkennt – durch den verstörend-provozierenden Stil des vorstehenden Texts bestätigt – den bitterbösen Satiriker Moritz Gottlieb Saphir dahinter, der sich mutmaßlich einmal mehr aufgrund von Verläumdungsklagen etc. (von München aus) auf der Flucht befand. Der von Saphir in Berlin gegründeten literarischen Gesellschaft Tunnel über die Spree gehörte aufgrund seiner musikalischen wie sprachlichen Talente unser Koßmaly bereits in sehr jungen Jahren (mit dem Vereinsnamen „Orpheus“) an – mag sein, dass er im Kielwasser Saphirs (als dessen HiWi vielleicht) unterwegs war und im schönen Meenz hängenblieb, während sein Meister sich bald wieder aus dem Staub machte; dies aber nicht ohne ein Angebot unter erwähnten Text zu setzen, das wir nicht übergehen wollen: „P. S. Theaterkritiken und sonstige in das Recensionsfach einschlagende Artikel, so wie auch Sonette mit und ohne Pointe, liefere zu den billigst möglichsten Fabrikpreisen. Wohne Lit. Z. No. O. römisch, gleicher Erde au second.“

Werke (Auswahl; während der Jahre in der Region entstanden) — Kompositionen: Lied Der weisse Adler am Rhein im Januar 1832 (Sst., Kl.; „Was glänzt am Himmelsbogen“), Mainz: Schott [1832] (Auswahl von Gesängen Nr. 304); D-Mbs (auch autogr. Stichvorlage, dat. 20. Febr. 1832) <> Lied Es werde Licht und es ward Licht (Sst., Kl.; „Die Welt war trüb umzogen“ – Text als Demonstration des Buchdruckerhandwerks während der Enthüllung des Gutenbergdenkmals gedruckt); ebd. [1837] (Auswahl von Gesängen Nr. 357); D-Mbs (digital, s. Abb. 2; auch autogr. Stichvorlage digital) <> Three Songs written by Charles V. Incledon (Sst., Kl.), ebd. [1838]; D-Mbs (digiltal; auch autogr. Stichvorlage digital) <> Wunsch der Liebe (Sst., Kl.), in: Der Minnesänger, 2. Jg. (Nr. 48), ebd. [1835] – auch einzeln [1837]; A-Wn, D-Mbs (digital) <> Zur handschr. Überlieferung vgl. auch RISMonline <> Melodram Das Irrenhaus zu Dijon (Text: Adalbert Prix; UA Wiesbaden 23. Juni 1832 (lt. Sachs), Mainz 1833); verschollen <> Ballade Des Hauses letzte Stunde (Sst., Orch.), aufgef. Mainz 14. März 1836; verschollen <> Literarisches: Gedichte in: Wöchentliche Unterhaltungen (Frankfurt), darunter Theater (28. Apr. 1833) <> Texte für die Mainzer Unterhaltungsblätter (s. Deaville, S. 73) <> Aphorismen, in: NZfM 13. Nov. 1834, S. 259; 17. Nov. 1834, S. 263–264; 27. Nov. 1834, S. 274 <> Kunststationen, in: NZfM 9. Jan. 1835, S. 10–11 <> Das Sängerfest in Frankfurt am Main, in: NZfM 11. Sept. 1838, S. [83]–84; 14. Sept. 1838, S. [87]–89; 18. Sept. 1838, S. 92–94; 21. Sept. 1838, S. 96–98 (gez. C. K-y)

Quellen — Standesamtsregister Stettin <> Briefe Koßmalys, s. Kalliope, darunter an Schott in Mainz (11, 1832–1834; 3, 1859) sowie Korrespondenz mit Louis Spohr in Kassel (s. a. Spohr Briefe, hrsg. von Karl Traugott Goldbach) <> Peter Cornelius, [Autobiographische Skizzen], in: Peter Cornelius. Gesammelte Aufsätze. Gedanken über Musik und Theater, Poesie und Bildende Kunst, hrsg. von Günter Wagner, Mainz etc. 2004 (BzmM Nr. 38), S. 55, 68, 122 <> Peter Cornelius. Briefe und Tagebuchblätter. Erster Band, hrsg. von Günter Wagner, Mainz 2015 (BzmM Nr. 44), S. 46, 48, 313, 314, 399 <> Didaskalia 5. Apr. 1832, 3. Juli 1832, 20. März 1836 u. ö.; NZfM 29. März 1836, 13. Apr. 1838, 20. Aug. 1838, 17. Sept. 1839; Nieuwe Amsterdamsche Courant 21. Sept. 1838, 29. Aug. 1839 u. ö.; AmZ 28. Juni 1843, 2. Juli 1845, 13. Jan. 1847; Neue Berliner Musikzeitung 13. Jan. 1847 u. ö.; Frankfurter Zeitung und Handelsblatt 5. Sept. 1883 (Morgenblatt) <> Peth 1879, S. 181 <> Festschrift Mainz 1884, S. 4 <> Jürgen Sachs, Ur- und Erstaufführungen von Opern, Operetten, Singspielen und Orchesterwerken in Wiesbaden seit 1810, Ms. in D-MZmi <> Mendel/Reissmann <> MMB

Literatur — Klaus Blum, Musikfreunde und Musici. Musikleben in Bremen seit der Aufklärung, Tutzing 1975 <> James Deaville, Die Mainzer Musikkritik im Vormärz, in: MittAGm 42, 1981, S. 63–88 <> Wolfgang Boetticher, Art. Koßmaly, Carl in: MGG1 sowie MGG2P (gekürzt) <> Art. Koßmaly, Carl, in: Stettiner Lebensbilder, hrsg. von Eckhard Wendt, Köln etc. 2004, S. 287–289 <> Kristina Krämer, Untersuchungen zur Inauguration des Gutenbergdenkmals in Mainz, Bachelorarbeit Mainz 2016 (maschr.)

Abbildung 1: Carl Koßmaly nach einer Photographie (ca. 1875) (Digitalisat aus D-F, Porträtsammlung Manskopf)

Abbildung 2: Titelseite zum Klavierlied Es werde Licht und es ward Licht; D-Mbs


Axel Beer

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