Johann Hopf
HOPF, JOHANN (Anton) * Lauterbach in Böhmen (heute Město Litrbachi, Tschechien) 17. Febr. 1822 (nicht 1826) | † Wien 9. Juli 1887; Militärkapellmeister und Komponist
Johann Hopf, Sohn eines Fleischhauers und einer der vielen böhmischen Musikanten, die – ohne dass sich Details ihrer Ausbildung ermitteln lassen – irgendwann als brillante Instrumentalisten oder versierte Orchesterleiter auftauchen, ist seit den frühen 1860er Jahren als Kapellmeister des 30. Infanterie-Linien-Regiments in Prag bzw. im böhmischen Josefstadt (Josefov) nachweisbar. Nicht lange nachdem er im Mai 1862 mit der wenig später vom österreichischen Handelsministerium privilegierten Erfindung einer „Tenorgeige“ hervorgetreten war, wurde er Nachfolger des im Juli 1863 verstorbenen Ludwig Jeschko, der die beliebten Militärmusik-Konzerte im Frankfurter Hof und im Casinosaal in Mainz geleitet hatte. Hopf konnte an die Erfolge seines Vorgängers mit der Kapelle des k. k. österreichischen Infanterie-Regiments Baron Wernhardt offenbar bruchlos anknüpfen; auch in der Region fand er – sogar von „allerhöchster“ Stelle – Anerkennung: Aus der Hand des russischen Zaren erhielt er 1864 in Bad Schwalbach einen „werthvollen Brillantring“ (Gemeinde-Zeitung (Wien) 23. Aug. 1864), was darauf hindeutet, dass er auch dort mit seinem Orchester aufgetreten ist; belegt sind weiterhin Konzerte in Darmstadt, Frankfurt, Oppenheim, außerdem in Elberfeld, Kissingen (aufgrund der Anwesenheit des Kaisers im dortigen Bad; s. Mainzer Anzeiger 23. Juni 1864) und anderswo. Dass Hopf jedoch bereits nach gut drei Jahren Mainz wieder verließ, um in Wien die Regimentskapelle Herzog von Württemberg zu übernehmen, wird man nicht auf unangenehme Erfahrungen am Rhein zurückzuführen haben – das Regiment wurde mitsamt dem Kapellmeister abkommandiert, und vielfach führte Hopf noch in den Folgejahren an der Donau seine Polka Erinnerung an Mainz sowie seine Mainzer Karnevals-Polka-Française auf. Seit etwa 1870 war er zudem Musiklehrer an der Theresianischen Akademie in Wien, und 1879 erhielt er aufgrund seiner langjährigen Tätigkeit als Militärkapellmeister mehrerer Regimenter ein Goldenes Verdienstkreuz. Nach einem Kuraufenthalt in Marienbad, wo er vergeblich auf Heilung eines Lungenleidens hoffte, starb er als schon länger pensionierter Militärkapellmeister, der inzwischen von „Cameraden und einstigen Freunden“ vergessen worden war (Mährisches Tagblatt 16. Juli 1887), in einem Wiener Krankenhaus.
Sicher aber für die Freundinnen und Freunde der mittelrheinischen Musikgeschichte reizvoller als jenes traurige Schicksal ist eine feuilletonistische Kostbarkeit, die ein gewisser „E. F.“ (ohne Zweifel Eduard Föckerer) am 12. Febr. 1866 in die Süddeutschen Musik-Zeitung über das Mainzer Musikleben einrückte: Lediglich die Militärmusik-Concerte „unter Leitung des trefflichen Capellmeisters Hopf“ fand der Autor erwähnenswert, „da deren Programme dem Geschmacke des grossen Publikums […] angepasst werden und die Aufführung der verschiedenen Musikstücke stets eine sehr schwungvolle und präcise ist. Wir wollen auch gar nichts gegen die flotten Tänze einwenden, von denen die dortigen Zuhörer electrisirt zu werden pflegen, und möchten nur jene musikalischen Ungethüme, die sogenannten Potpourri’s, die mit Locomotivengeschnaube, Ochsengebrüll, Hahnengeschrei und anderen Absurditäten so reichlich gespickt sind, möglichst selten in die Programme dieser Concerte aufgenommen sehen, wenn auch ein gewisser Theil des Auditoriums gerade bei jenen widerwärtigen Auswüchsen eines schlechten Geschmacks von Vergnügen ganz ausser sich geräth und selbst mit zu brüllen anfängt.“
Werke — Veröffentlicht wurden seit etwa 1860 vor allem von in Prag ansässigen Verlegern zahlreiche Tänze (Mazurkas, Polkas, Quadrillen, Märsche u. a.) für Klavier (überliefert vielfach in CZ-Pn sowie auch vereinzelt in A-Wst mit zuweilen begegnenden Opuszahlen bis 164; s. a. RISMonline), deren Orchesterfassungen ungedruckt blieben und wohl verschollen sind; etliche dieser Werke führte Hopf auch in Mainz auf. Titel mit Bezug zur mittelrheinischen Region: Die schöne Mainzerin. Polka française (EA Mainz 1863), Mainz: Beyer [1866]; D-MZs, CZ-Pn (Manuskript) <> Rheinlieder-Walzer (Mainzer Anzeiger 17. Jan. 1865) <> Didaskalia-Potpourri (Mainzer Anzeiger 21. Juli 1865) <> „Großes Tongemälde“ Belzebub am Rhein (Mainzer Anzeiger 17. Jan. 1866) <> Polka Erinnerung an Mainz (Neues Fremden-Blatt (Wien) 31. Okt. 1868); CZ-Pn (Manuskript) <> Mainzer Karnevals-Polka-Française (Neues Fremden-Blatt (Wien) 13. März 1870)
Quellen — KB Lauterbach (Město Litrbachi); KB Wien (Alservorstadtkrankenhaus) <> Prager Zeitung 11. Mai 1862 (Intelligenzblatt), 23. Okt. 1862, 9. Dez. 1862; Mainzer Anzeiger 18. Aug. 1863, 21. Okt. 1863, 3. Nov. 1863, 27. Nov. 1863, 22. Mai 1864, 28. Mai 1864, 23. Juni 1864, 7. Juli 1864, 21. Juli 1864, 21. Juli 1865, 17. Jan. 1866, 12. Juni 1866 (Abschiedsgruss an das k. k. österreichische Infanterieregiment „Baron Wernhardt“ Nr. 16 bei seinem Abmarsch aus Mainz nach sechsjähriger Garnison im Monat Juni 1866, insbesondere an die ausgezeichnete Musikkapelle des Regiments; folgt von „W. Weiler I. aus Mainz“ verfasstes Gedicht auf die Melodie Schöne Minka), 13. Juni 1866 und passim; Klagenfurter Zeitung 18. Nov. 1862; Gemeinde-Zeitung (Wien) 23. Aug. 1864; Süddeutsche Musik-Zeitung 12. Febr. 1866; Neues Fremden-Blatt (Wien) 10. Okt. 1868, 31. Okt. 1868, 13. März 1870, 1. Okt. 1870: Neues Wiener Blatt 3. Aug. 1873; Neues Wiener Tagblatt 7. März 1874; Fremden-Blatt (Wien) 11. Juli 1879; Wiener Zeitung 15. Juli 1887 <> MMB
Abbildung 1: Konzertanzeige im Mainzer Anzeiger 7. Juli 1864
Abbildung 2: Titel zu Hopfs Polka Die schöne Mainzerin (1866); D-MZs (mit bestem Dank an Silja Geisler) – natürlich würden wir unsere Leserinnen und Leser gerne mit dem Namen der zeitlos hübschen jungen Dame versorgen, vermuten aber, dass eine bestimmte Person gar nicht gemeint ist, denn Rätselraten machte sicher mehr Spaß als neidvolle Diskussionen. Dass wir für andere Deutungen offen sind, ist selbstverständlich.
Abbildung 3: Hopf und sein Orchester verabschieden sich vom Meenzer Publikum; Mainzer Anzeiger 13. Juni 1866
Axel Beer