Theodor Gerold
GEROLD, (JEAN) THÉODORE (auch Theodor) * Straßburg 26. Okt. 1866 | † Allenwiller (Elsass) 15. Febr. 1956; Sänger, Musikwissenschaftler, Theologe
Der Pfarrerssohn Gerold wuchs in Straßburg auf und erhielt am dortigen städtischen Konservatorium seine erste musikalische Ausbildung. Nach dem Besuch des Gymnasiums studierte er von 1885 bis 1890 Theologie an der Straßburger Universität, wobei er auch musikgeschichtliche Vorlesungen bei Gustav Jacobsthal besuchte. Anschließend war er für zwei Jahre Gesangsschüler Julius →Stockhausens in Frankfurt/M. und kehrte, nachdem er sich seit 1892 am Pariser Konservatorium weitergebildet und kurzzeitig als Opernsänger in seiner Heimatstadt gewirkt hatte, 1895 als Lehrer an die Privat-Gesangschule Stockhausens nach Frankfurt zurück, deren Leitung er 1904 von diesem übernahm. Es ist ungewiss, bis wann er das Institut, an dem auch Edmund Parlow und Richard Korschen lehrten, weiterführte; die Frankfurter Adressbücher nennen Gerold bis 1911 als Gesanglehrer (anschließend, mit Ausnahme 1916–1917, lediglich als auswärts in Auerbach an der Bergstraße lebender Hausbesitzer). Weitere Studien während seiner Frankfurter Zeit erfolgten unter Anton →Urspruch (Musiktheorie) und Heinrich Morf (Romanisik; an der Akadmie für Sozial- und Handelswissenschaften). Im Anschluss an seine 1910 an der Straßburger Universität erfolgte Promotion mit einer Arbeit Zur Geschichte der französischen Gesangskunst im XVII. Jahrhundert schlug Gerold endgültig eine akademische Laufbahn ein: Er habilitierte sich an der Baseler Universität, an der er von 1916 bis 1918 als Privatdozent lehrte, und übernahm anschließend 1919 (bis 1937) die Leitung des musikwissenschaftlichen Instituts seiner Alma Mater in Straßburg. Er lebte zuletzt im elsässischen Allenwiller, wo er zudem die Pfarrstelle versah. Seit 1896 war Gerold mit Julia (Theresia Blanka Maria bzw. Julie Thérèse Blanche Marie) Tulard (* Paris 18. Juni 1872 | † Saverne (Bas-Rhin) 7. Juli 1967) verheiratet, die sich 1906 in Straßburg als Gesangssolistin an seiner Seite nachweisen lässt. Bei dem Pfarrer und Hofkantor Johann Karl Gerold (1745–1822) handelt es sich um seinen Urgroßvater väterlicherseits; Max Bruch war sein Onkel dritten Grades mütterlicherseits. Keine Verwandtschaftsbeziehung bestand hingegen zu Marie Gerold.
Werke (Auswahl der während seiner Frankfurter Zeit entstandenen) — Julius Stockhausen. Ein Nachruf, in: Die Musik 6 (1906/07), S. 162–165 <> Kleine Sänger-Fibel. Sprachliche Übungen für Sänger zusammengestellt von Theodor Gerold Gesanglehrer („Dem Andenken meines hochverehrten Lehrers Julius Stockhausen gewidmet“), Mainz: Schott (1908; 1910, 1912) <> Zur Geschichte der französischen Gesangskunst im XVII. Jahrhundert vor der Gründung der Académie royale de musique, Phil. Diss., Leipzig, Breitkopf & Härtel 1910 <> Das Liederbuch einer französischen Provinzdame um 1620, Frankfurt: Knauer 1912 (zum 15. Neuphilologentag 1912)
Quellen — Standesamtsregister Straßburg, Paris (6. Arrond.) <> Adressbücher Straßburg, Frankfurt <> Briefe s. Kalliope <> Affiches de Strasbourg. Straßburger Wochenblatt 11. Nov. 1891, 26. Jan. 1895, 27. Aug. 1898; Express (Mühlhausen) 21. Apr. 1901, 1. Juli 1906, 16. Nov. 1910; Le Monde artiste illustré (Paris) 10. Juli 1904
Referenzwerke und Literatur — Art. Gerold, Théodore, in: Historisch-biographisches Musiker-Lexikon der Schweiz, hrsg. von Edgar Refardt, Leipzig und Zürich 1928 <> Art. Gerold, Theodor, in: RiemannL 111929 <> Art. Gerold, Théodore, in: MüllerDML <> Fritz Münch, In memoriam Théodore Gérold (1866–1956), in: Revue d’Historie et de Philosophie Religieuses 36 (1952), S. 173f. <> Francis Muller, Art. Gérold, Jean Théodore in: MGG1 <> Martin Kirnbauer/Heidy Zimmermann, Wissenschaft in „keimfreier Umgebung“. Musikforschung in Basel 1920–1950, in: Musikwissenschaft – eine verspätete Disziplin? Die akademische Musikforschung zwischen Fortschrittsglauben und Modernitätsverweigerung, hrsg. von Anselm Gerhard, Stuttgart u. a. 2000, S. 321–346 <> David Hiley (/Jean Gribenski), Art. Gérold, (Jean) Théodore, in: NGroveD <> Beat Föllmi, Art. Gérold, Théodore, in: Dictionnaire culturel de Strasbourg, 1880–1930, hrsg. von Roland Recht und Jean-Claude Richez, Straßburg 2017, S. 224 <> Ders., Théodore Gérold: Au carrefour de la musicologie et de la théologie, des cultures française et germanique, in: Revue d’Historie et de Philosophie Religieuses 100 (2020), S. 55–66
Abbildung: Titelseite der Kleinen Sänger-Fibel (Ausgabe von 1910); D-BABHkrämer
Kristina Krämer