knauss


(1) (Johann) Heinrich (Friedrich) * Molsdorf (heute Stadtteil von Erfurt) 18. Juni 1802 | † Koblenz 13. Nov.1879; Klavierbauer

(2) (Johann Wilhelm) Rudolph (Rudolf) * Koblenz 13. Nov. 1840 | † ebd. 6. Apr. 1898; Sohn von (1), Klavierbauer

(3) Wilhelm Emil * Koblenz 18. Aug. 1842 | † ebd. 29. Jan. 1891; Sohn von (1), Klavierbauer

(4) Wilhelm Heinrich Walter * Koblenz 10. Okt. 1880 | † ebd. 9. Juni 1934, Sohn von (2), Klavierbauer


Die Koblenzer Werkstatt wurde 1832 von (1) Heinrich Knauss, Sohn eines Molsdorfer Chirurgus, „nach mehrjähriger Beschäftigung in den bedeutendsten Fabriken Deutschlands“ gegründet: Er fertigte Flügel und zwei- und dreichörige Pianino-Instrumente „wenigstens eben so gut, jedenfalls aber wohlfeiler, als diejenigen, welche aus dem Auslande bezogen werden“. Zu Knauss’ größten Erfolgen gehörte der 1843 erfolgte Auftrag des preußischen Königs für ein „Piano oblique in gotischem Styl“ für Schloss Stolzenfels, das dort heute noch verwahrt wird. 1844 erhielt Knauss den Titel „Hof-Instrumentenmacher“ und wurde ab 1856 von der Handelskammer unter die Fabrikanten gezählt, was auf Arbeitsteilung und Maschineneinsatz in der Herstellung schließen lässt. Knauss lieferte Instrumente unter anderem in die Niederlande und in die USA und erhielt 1864 nach der Fertigstellung des tausendsten Instruments die preußische Große goldene Medaille für hervorragende gewerbliche Leistungen. Nach dem Tod des Firmengründers übernahmen dessen Söhne die Leitung der Hof-Pianofortefabrik Heinrich Knauss Söhne; sie beschäftigten bis zu 50 „Gehülfen“ – Rudolf und Emil Knauss erhielten 1873 das Prädikat „Königl. Hof-Piano-Lieferanten“ (Mosel-Zeitung). Nach dem Tod Emils (3) führte Rudolph Knauss (2) das Unternehmen allein als Flügel- und Pianofortefabrik Knauss GmbH weiter. Die „Fabrik mit Dampfbetrieb“ mit einer jährlichen Produktion von bis zu 1600 (auch „tropenfesten“) Pianinos und Stutzflügeln, wie ein Werbeprospekt 1890 angibt, hatte bis 1906 23.000 Instrumente abgesetzt. Der Koblenzer Oberbürgermeister Emil Schüller berichtete an den Regierungspräsidenten Jesco Franz Ewald von Puttkamer am 21. August 1890:

„Diese Fabrik fertigt nur Pianinos. […] Die Zahl der Arbeiter betrug im Jahre 1889 durchschnittlich 120, im Vorjahre 102. Einige derselben Schlosser und Drechsler, sind außerhalb der Fabrik beschäftigt. In der Pianofortefabrikation geschulte Leute gibt es außer den in den Fabriken beschäftigten Arbeitern in hiesiger Stadt nicht, da dieselben erst in den Fabriken herangebildet werden müssen. Der Wechsel unter den Arbeitern ist deshalb unbedeutend. Die Arbeiter der Fabrik verdienen durchschnittlich täglich 2,50 Mark – 3 Mark.“

Nach dem Tod Rudolphs 1898 waren neben dessen Witwe ihre Kinder Teilhaber des seit dem 31. Oktober 1901 als Flügel- und Pianofortefabrik Knauss GmbH firmierenden Betriebs, darunter der bereits volljährige Sohn Wilhelm Heinrich Walter (4); Geschäftsführer waren allerdings Georg Ahlemeyer und Clamor Topp. 1903 trennte sich die Familie ganz von dem Unternehmen, das jetzt allein Ahlemeyer gehörte. Nach dessen Tod 1904 wurde die Fabrik von den Koblenzer Kaufleuten Robert Oppitz und Bruno Kemp weitergeführt; 1904 erhielt die Firma erneut ein Hofprädikat, wurde 1905 zum Hoflieferanten ernannt und eröffnete 1906 eine Filiale in Berlin, die schließlich 1912 in die Piano- und Harmonium-Handlung überging. Die Firma Knauss übernahm 1907 die ebenfalls in Koblenz ansässige Konkurrenzfirma Mand, die nach dem Tod des Besitzers Carl Mand jun. in eine Aktiengesellschaft mit dem Namen Rheinische Pianofortefabriken A.-G. vormals C. Mand überführt worden war. Die Aktiengesellschaft verstärkte den Export ins Ausland und wurde schließlich 1911 von Paul Kappler übernommen. Die Knauss’schen Betriebstätten wurden 1914 stillgelegt und 1920 verkauft; die amtliche Löschung des Unternehmens erfolgte jedoch erst am 11. September 1936. Heinrich und seine beiden Söhne waren Mitglieder der Koblenzer Casinogesellschaft (1849, 1868, 1873), Rudolph sogar deren Direktor.

Quellen — KB Koblenz und Molsdorf; Standesamtsregister Koblenz und Oldenburg <> Adressbücher Koblenz <> Akten in D-KBa (Bestand 441 Nr. 8983, Nr. 12861–12867) <> Akten in D-KBsta (Bestand 623 Nr. 2084 und 5239 (darin Bericht von Oberbürgermeister Emil Schüller zur „Lage der Industrie in der Stadt Coblenz“, 21. Aug. 1890)) <> Coblenzer Anzeiger 14. Aug. 1832, 7. Nov. 1843, 17. Aug. 1844, 17. Nov. 1846; Coblenzer Zeitung 1. März 1863, 12. Sept. 1901; Mosel-Zeitung 5. Juni 1873 <> Ausführlicher Bericht über die von dem Gewerbverein für das Großherzogthum Hessen im Jahre 1842 veranstaltete Allgemeine Deutsche Industrie-Ausstellung zu Mainz, Darmstadt 1843, S. 121 <> Wiener Weltausstellung. Amtlicher Katalog der Ausstellung des Deutschen Reiches, Berlin 1873, S. 520 <> Industrie-Lexicon von Rheinland-Westphalen, Leipzig 1875, S. 124 <> Welt-Adressbuch der gesamten Musikinstrumenten-Industrie, hrsg. von Paul de Wit, Leipzig und London 1906, S. 131 <> Casino Coblenz 1808–1908. Ein Gedenkbuch zur Hundertjahr-Feier, hrsg. von Werner Wilhelm Weichelt, Koblenz 1908 <> Freundliche Mitteilungen von Frau Judith Höhn-Engers, Stadtarchiv Koblenz (5. Dez. 2023)

Literatur — Brigitte Schmutzler, Klaviere aus Koblenz, in: Meister Bd. 6: Musikinstrumente (Katalog zur Ausstellung der Handwerkskammer Koblenz und des Landesmuseums Koblenz: Meisterwerke – 2000 Handwerk am Mittelrhein), Koblenz 1992, S. 19–28 <> Faszination Klavier. 300 Jahre Pianofortebau in Deutschland, hrsg. von Konstantin Restle, München 2000 <> HenkelLdK <> Florian Speer, Ibach und die anderen. Rheinisch-Bergischer Klavierbau im 19. Jahrhundert, Wuppertal 2002, S. 272–274 <> Wolfgang Schütz, Koblenzer Köpfe. Personen der Stadtgeschichte – Namensgeber für Straßen und Plätze, Mülheim-Kärlich 22005

Abbildung 1: Welt-Adressbuch der gesamten Musikinstrumenten-Industrie, hrsg. von Paul de Wit, Leipzig und London 1890, S. 21

Abbildung 2: Briefkopf der Firma Knauss auf einem Schreiben an den Koblenzer Oberbürgermeister vom 14. Nov. 1902; D-KBsta (Best. 623 Nr. 5239, S. 300)


Uwe Baur † | Birger Petersen

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