fraessdorf


FRÄSSDORF (auch Fräßdorf, Fraessdorf), WILHELM (EDUARD OTTO) Gommern (b. Magdeburg) 8. März 1851 | † Frankfurt/M. 20. Aug. 1923; Flötist, Saxophonist

Frässdorf wuchs als Sohn des Stadtmusikus Wilhelm Gottfried Frässdorf auf. Über seine Jugend sind keine Details bekannt. 1875 heiratete er in Regensburg – als in Altona wohnhafter Musiker – die Tapeziererstochter Wilhelmine (Maria Theresia, auch „Minna“) Steindl (* Regensburg 30. März 1858 | † Frankfurt/M. 31. Jan. 1921). Anschließend zog das Paar nach Waldenburg in Schlesien (heute Wałbrzych, Polen), wo seine Frau wenig später an Typhus erkrankte und in dessen Folge mehrere Jahre lang regelmäßig zum Schlafwandeln bzw. somnambulen Zuständen neigte. Berichten Frässdorfs zufolge war sie in der Lage, ihm teils erstaunlich genaue Auskunft über räumlich wie zeitlich weiter entfernt liegende Geschehnisse zu geben (vgl. Sphinx). Dazu gehört die Kenntnis von einer vergrabenen Eisenkiste just an jener Stelle, an der Fräsdorf ihr mehrere vierblättrige Kleeblätter gepflückt hatte. Angeblich hatte hundert Jahre zuvor bei Kriegsausbruch ein Mann darin seine Ersparnisse in Sicherheit gebracht. Da Wilhelmine Frässdorf einen bestimmten Tag als besonders glücklich zum Heben des Schatzes empfahl, das Ehepaar jedoch vorher verzog und später keine Gelegenheit mehr fand zurückzukehren, erfuhren weder er, noch seine und unsere Leser*innen, ob es das Kistchen wirklich gab. Wie bereits angedeutet übersiedelten beide 1879 nach Kronstadt in Siebenbürgen (heute Brașov, Rumänien), wo Frässdorf als Flötist Mitglied der Stadtkapelle wurde. 1883/84 gründete sich darin ein Saxophon-Quartett, nachdem sein Kollege Carl Peter die entsprechenden Instrumente in Paris gesehen hatte und anschaffen ließ. Der Erfolg der Konzerte in und um Kronstadt und die Neugier des Publikums an den zumindest in Siebenbürgen noch wenig bekannten Instrumenten führten wohl zum Entschluss, die Stadtkapelle zu verlassen und als Siebenbürger Saxophon-Quintett 1885 eine Konzertreise durch Österreich und Deutschland zu unternehmen. Es sind u. a. Auftritte in Wien, Linz, Karlsbad, Marienbad, Dresden und Leipzig belegt. Auf dem Programm standen u. a. Werke von Albert Parlow und Carl Peter; auch spielte Frässdorf gelegentlich Flötensoli. Nach einem kurzen Engagement in Baden Baden trat Frässdorf 1885 als Flötist in das Palmengartenorchester in Frankfurt/M. ein, das zu diesem Zeitpunkt unter der Leitung von Bernhard Gottlöber stand. 1910 feierte Frässdorf dort sein 25jähriges Dienstjubiläum. Seine Ehefrau war indessen als Masseuse tätig. Aus ihrer Ehe gingen mindestens zwei Kinder hervor – Taufzeuge des jüngeren Sohns Richard (Victor Anton, * Kronstadt 4. Nov. 1880 | † Frankfurt/M. 24. Aug. 1887) war der Kapellmeister Anton Brandner. Der ältere Sohn Wilhelm Ernst Andreas (* Waldenburg 22. Apr. 1877 | † Frankfurt/M. 19. Apr. 1952) diente im Ersten Weltrieg als Oberheizer zur See und war später als Kaufmann und Werkmeister tätig.

WerkeDer lustige Schnitter und sein Schatz. Marsch (Orch. bzw. Kl. mit Gsg., „Pfeiferei etc. etc. ad lib.“) op. 12, Danzig: Lau (lt. MMB) bzw. Kopenhagen: Hansen (lt. Pazdírek) [1891] – dass. arr. für Mandolinenquartett, Leipzig: Grunert [1924]; D-B <> Mens Leen Gaar! Humoristischer Marsch (Kl.) op. 12 [bis?], Kopenhagen: Hansen [ca. 1892/93] (evtl. identisch mit vorstehendem Werk); DK-A, DK-Kk <> Der schnurrige Philosoph. Marsch, 1903 André angeboten

Die Angabe im Berliner Image Katalog I, wonach Frässdorf den Namen C. Peter als Pseudonym verwendete, muss angesichts des gleichnamigen Quintett-Kollegen und Komponisten ein Irrtum sein. Merkwürdig ist allerdings, dass der André 1903 (erfolglos) angebotene Marsch bzw. ein Werk gleichen Titels im selben Jahr unter dem Namen C. Peter im Druck erschien (Leipzig: J. H. Zimmermann). Zudem ist Frässdorf 1892 in einem Konzertprogramm, auf dem sein neuer Marsch Der lustige Schnitter stand, als Komponist des Marschs Der kreuzfidele Kupferschmied bezeichnet, der wiederum als Peters op. 70 in zahlreichen Bearbeitungen erschien.

Schriften: Heiteres Bild aus dem Musikleben, in: Deutsche Musiker-Zeitung 1877 <> Ein Horn-Quartett auf dem Meeresgrunde, ebd. 1877 <> Eine natürliche Somnambule. Nach selbsterlebten Thatsachen mitgeteilt, in: Sphinx. Monatsschrift für die geschichtliche und experimentale Begründung der übersinnlichen Weltanschauung auf monistischer Grundlage 6 (1888), Nr. 31 (Juli), S. [22]–30 (digital) <> Libretto zu Theodor Erlers Oper Ingomar, der Sohn der Wildnis (nach Friedrich Halm; UA Plauen 1901) – Textbuch: s. l., s. d.; D-Sl

Quellen und Referenzwerke — Standesamtsregister Frankfurt <> KB Gommern (ev.), KB Kronstadt (ev.), KB Regensburg (St. Ulrich) <> Adressbücher Kronstadt, Frankfurt <> Brief an André in Offenbach (1, 1903); D-OF <> Neue Berliner Musikzeitung 5. Apr. 1877, 21. Juni 1877; Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt 5. Nov. 1880, 28. März 1884, 2. Apr. 1884, 4. Dez. 1884, 17. Dez. 1884, 27. Dez. 1884; Neues Wiener Tagblatt 21. Febr. 1885; Oesterreichische Touristen-Zeitung 1. März 1885; Morgen Zeitung (Linz) 4. März 1885; Tages-Post (Linz) 5. März 1885; Deutsche Kunst- & Musik-Zeitung (Wien) 22. März 1885; Oesterreichische Gemeinde-Post 25. März 1885; Dresdner Anzeiger 15. Apr. 1885; Leipziger Tageblatt und Anzeiger 10. Mai 1885; Oesterreichische Badezeitung (Wien) 9. Aug. 1885; Münsterischer Anzeiger 14. Febr. 1892; Aalborg Amtstidende 12. Sept. 1892; Frankfurter Zeitung und Handelsblatt 8. Febr. 1901 (Abendbl.), 12. Aug. 1910 (Abendbl.), 12. Juni 1915 (2. Morgenbl.), 30. Dez. 1916 (2. Morgenbl.); Wiesbadener Tagblatt 17. März 1904 (Morgenausg.) <> MMB; Pazdírek

Abbildung: Unterschrift Frässdorfs auf der Briefkarte an André; D-OF


Kristina Krämer

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