LANG, JOHANN GEORG * verm. in der Nähe von Mies (Stříbro, Böhmen) ca. 1723/24 | † Ehrenbreitstein 17. Juli 1798; Konzertmeister und Komponist
Obwohl die Angabe, Lang sei 1724 im böhmischen Mies geboren, aus verlässlicher Quelle (nämlich der mit „Koblenz, den 5. Junius 1784“ datierten Biographie in Eschstruths Musicalischer Bibliothek) stammt, die wohl letztlich auf Mitteilungen des Musikers selbst zurückgeht, finden wir den Eintrag seiner Taufe in den Kirchenbüchern nicht; dies gilt auch für den erstmals von Shelley Davies im New Grove mitgeteilten Geburtsort Schweißing (Svojšin, wenige Kilometer westlich von Mies gelegen) – es ist anzunehmen, dass Lang irgendwo in der Nähe zur Welt kam, in Mies (hier kommt der Familienname Lonk durchaus vor) aufgewachsen ist und sich später der Ereignisse aus Kindertagen nicht mehr recht erinnerte. Dass er „von Jugend an“ die Hohe Schule (Universität) zu Prag besucht hat, „wo er sich auch vorzüglich im Clavir und Violin spilen übte“, entnimmt man jener Biographie gleichfalls – das Musizieren war mithin dem Studium (welcher Fächer auch immer) zunächst untergeordnet, wird aber mehr und mehr die Oberhand gewonnen haben, wobei man über die Lehrer nichts erfährt. Immerhin erarbeitete sich Lang eine solche Professionalität, dass er 1746 als Violinist in die fürstbischöfliche Hofkapelle in Augsburg unter Kapellmeister Johann Michael Schmidt eintreten konnte; bei dessen Eheschließung am 2. Juni 1749, war der „Hochfürstl. Camer Musicus“ Lang als Trauzeuge mit von der Partie. Wann genau er auf Kosten seines Dienstherrn zu einem dreijährigen Aufenthalt nach Italien aufbrach, um „unter [Francesco] Durante und Abbos [Gerolamo Abos] in Neapel den Contrapunct“ zu studieren, ist nicht bekannt; da aber Durante im Sept. 1755 starb, muss die Reise in der ersten Hälfte der 1750er Jahre begonnen worden sein. Nicht lange nach seiner Rückkehr, vielleicht im Zusammenhang mit der Berufung Pietro Pompeo de →Sales in der Nachfolge Schmidts (1756), spätestens aber 1758, rückte Lang zum Konzertmeister (Maestro di Concerti) auf. Im Gefolge des neuen Dienstherrn Clemens Wenzeslaus von Sachsen, der 1768 neben der Augsburger Fürstbischofswürde auch das Trierer Kurfürstenamt erhalten hatte, und gemeinsam mit Sales gelangte Lang 1769 nach Ehrenbreitstein, wo beide in denselben Funktionen wie zuvor Mitglieder der Hofkapelle wurden und blieben. Mit Johann Georg Lang war seit dem Tod von Karl Joseph Creill (1729) erstmals wieder nominell ein Konzertmeister angestellt worden; dass hierbei vor allem organisatorische und administrative Aufgaben neben den künstlerischen zu bewältigen waren, weiterhin die Verpflichtungen im kirchlichen Bereich zunahmen und zudem die privaten musikalischen Aktivitäten etlicher Mitglieder der Hofgesellschaft und ihrer Familien (inkl. Musikunterricht) breiten Raum beanspruchten, ist dokumentiert und kann durch neue, noch unveröffentlichte Quellenfunde untermauert werden. Bezeichnend sind Langs Kontakte zu den mittelrheinischen Musikverlagen André und Boßler, zu deren erster Autorengeneration und somit zu den Repräsentanten des sich entfaltenden bürgerlichen Musiklebens er zählt.
Johann Georg Lang blieb unverheiratet. Die sich vielleicht aufdrängende Annahme, das lorbeerbekränzte Haupt auf dem Titel der Quatre Grandes Sonates (1782; s. Abb. 2) stelle den Komponisten dar, mag reizvoll sein, ist aber abwegig: Es wäre nicht nur das einzige auf diese Weise überlieferte Musikerportrait jener Zeit, sondern die Züge widersprechen auch in sehr deutlicher Weise dem zweifellos authentischen Schattenriss Boßlers (s. Abb. 1). In Wahrheit haben wir eines von vielen ikonographischen Versatzstücken vor uns, von denen die Musikverlage gerade in dieser Zeit gern Gebrauch machten und die man nicht allzu wörtlich nehmen darf: Das Profilbild eines „gekrönten Dichters“ (Poeta laureatus) symbolisiert lediglich menschliche Schöpferkraft.
Werke — a) gedruckt: Sei Sinfonie à Orchestra piena (Widmung an den Augsburger Fürstbischof Joseph von Hessen-Darmstadt) o. op., Augsburg: Selbstverlag und Lotter [1764]; RISM L 548 – Nachdruck Paris: Huberty [1769] <> Fuga Ima a tre (Org.) o. op., Nürnberg: Haffner [1764]; RISM L/LL 561 <> Sei Sonate a quatri parti obligate (Cemb., Fl., Vl., Vc. bzw. Va.) op. 3, Koblenz: Selbstverlag, Offenbach: André [1775]; RISM L/LL 554 – Nachdruck Paris: Huberty [1776] – Nachdruck einer der Sonaten London: Birchall & Andrews; s. RISM L 562 <> Concerto per il Cembalo (sowie 2 Vl., 2 Ob. 2 Hr., Va. u. B.) op. 4, Koblenz: Selbstverlag, Offenbach: André [1776]; RISM L/LL 550 <> Concerto pastorale per il cembalo (sowie 2 Vl., Va., B., 2 Fl., 2 Hr. ad lib.) op. 5, Offenbach: André [1776]; RISM L/LL 551 – Londoner Nachdrucke s. RISM L 552, 553 <> Sei Sonate per il Cembalo (Cemb., Vl., Vc.) op. 6, Offenbach: André, Koblenz: Selbstverlag [1779]; RISM L/LL 555 – Londoner Nachdrucke s. RISM L 556, 557 <> Quatre Grandes Sonates (Kl. bzw. Kl. 4ms, Vl., Vc.) op. 7; Offenbach: André [1782]; RISM L/LL 558 <> Trois Symphonies (Orch.) op. 7 [recte 8], Speyer: Boßler [1781]; RISM L 549 (Abb. des Titels bei Schneider; S. 67) <> Trois Sonates (Kl., Vl., Vc.) op. 9 (Widmung an Sophie von La Roche), Speyer: Boßler [1784]; RISM L/LL 559 <> 5 Klaviersonaten, in: Oeuvres mélées contenant VI sonates pour le clavecin de tant de plus célèbres compositeurs […], hrsg. von Johann Ulrich Haffner, Nürnberg: Haffner (Partie IV [1758/59] (Digitalisat aus D-Mbs), VI [1760] (Digitalisat aus D-Mbs), VII [1761], VIII [1762/63]); s. RISM B/II Recueils imprimés, S. 271–272 <> 7 Klavierstücke, in: Blumenlese für Klavierliebhaber 1. und 2. Jg., Speyer: Boßler 1782 und 1783 (s. Schneider, S. 282–288) <> b) ungedruckt: Zur handschriftlichen Überlieferung weiterer Werke (geistliche Musik, Sinfonien und Klavier- bzw. Cembalokonzerte) vgl. MGG2P sowie RISMonline
Quellen — KB Mies (Stříbro); KB Schweißing (Svojšin); KB Augsburg (Dom); KB Ehrenbreitstein (Heilig Geist) <> Biographie Lang, (Johann Georg), in: Hans Adam Friedrich von Eschstruth, Musicalische Bibliothek II, 1785, S. 248–249 <> Regensburgisches Diarium 8. Mai 1764 <> Christian Friedrich Daniel Schubart, Ideen zu einer Ästhetik der Tonkunst, hrsg. von Ludwig Schubart, Wien 1806, S. 228–229 <> weitere Quellenangaben bei Bereths 1964 <> freundliche Mitteilungen von Herrn Dr. Franz Stephan Pelgen (Nierstein)
Literatur — SchillingE; Bernsdorf <> Johann Jakob Wagner, Coblenz-Ehrenbreitstein, Koblenz 1923 <> Lothar Hoffmann-Erbrecht, Der Nürnberger Musikverleger Johann Ulrich Haffner, in: Acta musicologica 26 (1954), S. 114–126 <> Hans Gappenach, Art. Lang, Johann Georg, in: RhM 5 (1967), S. 104–105 <> Shelley Davis, The Keyboard Concertos of Johann Georg Lang (1722–1798), PhDiss. New York 1971 <> Hans Rheinfurth, Der Musikverlag Lotter in Augsburg (ca. 1719–1845), Tutzing 1977 <> Matthäus 1973 <> Shelley Davis, J. G. Lang and the Early Classical Keyboard Concerto, in: Musical Quarterly 66 (1980), S. 21–52 <> Hans Schneider, Der Musikverleger Heinrich Philipp Bossler 1744–1812, Tutzing 1985 <> Raimund Schächer, Art. Lang, Johann Georg, in: LdMk (1999) <> Shelley Davies, Art. Lang, Johann Georg, in: NGroveD (2001) <> Peter Dicke, Art. Lang, Johann Georg, in: MGG2P (2003) <> MDB
Abbildung 1: Johann Georg („Giov[anni] G[iorgio]“) Lang; Kupferstich nach einem Schattenriss von Heinrich Carl Boßler, Speyer [1784]; D-BNba (digital) (mit freundlicher Genehmigung)
Abbildung 2: Titel der Klaviertrios op. 7, Offenbach: André [1782]; D-Dl (digital)
Axel Beer