(1) Johann Georg * Zell bei Alsfeld (nicht Oberzell im Sinntal) 27. März 1738 | † Romrod 9. März (nicht April) 1803; Orgelbauer
(2) Johann Hartmann * Romrod 17. Dez. 1773 | † ebd. 22. Aug. 1839; Sohn von (1), Orgelbauer
(3) Friedrich Wilhelm * Romrod 7. Aug. 1804 | † ebd. 1. Dez. 1861; Sohn von (2), Orgelbauer
(4) Adam Karl * Romrod 11. Sept. 1807 | † Gambach 16. Juni 1893; Sohn von (2), Orgelbauer
(5) Karl Theodor * Gambach 8. Mai 1850 | † ebd. 28. Jan. 1939 (nicht 1936); Sohn von (4), Orgelbauer
(6) Otto (Karl) * ? Gambach Sept. 1852 | † Gambach 16. Mai 1885; Sohn von (4), Orgelbauer
(7) Karl Rudolf * Gambach 4. Sept. 1854 | † Stuttgart 4. April 1909; Sohn von (4), Orgel- und Klavierbauer
Der Sohn eines Maurermeisters in Zell Johann Georg Bernhard (1) wurde wohl zunächst als Schreiner ausgebildet und erlernte den Orgelbau von 1762 bis 1766 bei Domorgelmacher Adam Adolph Otto (1734–1802) in Würzburg, von dem er auch seinen Gesellenbrief erhielt. Vermutlich nach der Wanderschaft machte er sich um 1770 in Romrod selbständig. Er heiratete am 13. April 1773 als „kunsterfahrener Orgelmacher“ die Krämerstocher Sophia Angela geb. Ullner; dass er bei seinem Tod auch als „Klavier Künstler“ bezeichnet wird, mag auf musikpraktische Aktivitäten hindeuten. Erhalten ist nur sein Instrument in Lenderscheid (1787). Unter seinem Sohn Johann Hartmann Bernhard (2) als Werkstattnachfolger blühte das Geschäft auf: 36 neue Orgeln entstanden. Dieser erweiterte seine Tätigkeit auf das Gebiet zwischen der Schwalm im Norden und dem Odenwald im Süden und war vor allem in Hessen-Darmstadt und gelegentlich auch in Hessen-Kassel tätig. Aus seiner Ehe mit der Lieutenants-Tochter mit Anna Elisabeth geb. Schlosser am 21. April 1804 gingen sechs Kinder hervor. 1831 zeigte er eine Erfindung an, bei der es sich wohl um eine Registerkanzellenlade handelte, die er erstmals im Pedal der Orgel in Niederbessingen anwandte (nicht erhalten; s. Quellen). Unter Friedrich Wilhelm Bernhard (3) konzentrierte sich der Orgelbau bei gleichbleibender Auftragslage stärker auf Oberhessen. Von 1839 bis zum Erlöschen der Werkstatt in Romrod 1861 entstanden noch einmal mindestens 40 Orgeln. Adam Karl Bernhard (4) erlernte den Orgelbau bei seinem Vater, war aber im Hauptberuf von 1829 bis 1880 Lehrer in Gambach. Nach dem Tod seines Bruders Friedrich Wilhelm verlegte er 1861 den Betrieb nach Gambach und setzte wohl mit Gehilfen den Orgelbau kontinuierlich fort. Seine Söhne Karl Theodor (5) und Otto (6) ließ er bei Walcker (Ludwigsburg), Schäfer (Heilbronn) und Maaß (Köln) ausbilden. Bis zum Ersten Weltkrieg betrieben sie das Unternehmen als Bernhard & Söhne, dann als Gebr. Bernhard. Aus der Gambacher Werkstatt gingen von 1862 bis 1915 noch einmal mindestens 70 Orgeln hervor. Karl Rudolf Bernhard (7) arbeitete zunächst selbstständig als Orgelbauer in Butzbach, zuletzt als Klavierbauer in Stuttgart. Eigene Werke sind nicht bekannt.
In einem Brief vom 12. August 1881 an den Kreisrat Alsfeld schrieben die Gebrüder Bernhard, dass ihr Geschäft „die Fortsetzung des nahezu 200 Jahre in der Familie Bernhard zu Romrod bestanden[en], in weiten Kreisen berühmten Orgeletablissements“ sei; demnach müssten den vier genannten Generationen zwei vorangegangen sein – allerdings war der Vater des ersten Orgelbauers Johann Georg Bernhard Maurer in Zell. Der Zahl von mindestens 150 Orgelbauten der Familie entspricht ihre überregionale Bedeutung in Mittel- und Südhessen (bis ins Siegerland). Mehrere Orgelbauer haben hier ihre Aus- oder Weiterbildung absolviert: Johann Georg Markert (Ostheim vor der Rhön, 1838–1841), Christoph Opitz (Dobra), Adam Eifert (Stadtilm, 1858–1861), Friedrich Melchior Zindel (Kassel, 1828–1831), Georg Friedrich Wagner (Hersfeld, 1841–1844) und Johann Georg Förster (Lich, 1836–1838). 1881/84 wurde die Kegellade und etwa 1912 die pneumatische Traktur eingeführt.
Erhaltene Werke (in Auswahl) — Johann Hartmann Bernhard: 1808 Ober-Ohmen (ev.) (II/P/22); 1855 umgebaut durch Wilhelm Bernhard, 1970 restauriert und umdisponiert auf II/P/24 von Oberlinger <> 1808 (nicht 1810) Köddingen (ev.) (I/P/13); verschiedene Umbauten <> 1809 Elpenrod (ev.) (I/P/8); nach 1945 Ergänzung um einen Subbass 16’ im Pedal durch Schmidt (Gelnhausen) <> 1813 Erbenhausen (ev.) (I/P/10); 1952 Umbau durch Förster & Nicolaus <> 1817 Ober-Mockstadt (I/P/13); 1884 Umbau durch Johann Georg Förster <> 1817/18 [Alsfeld-] Heidelbach (ev.) (I/P/12); 1990 Reparaturen durch Bruno Döring (Neukirchen), 1999/2000 durch Förster & Nicolaus, 2007–2009 Restaurierung durch Orgelbau Waltershausen <> 1820 [Kirtorf-] Wahlen (ev.) (I/P/12) <> 1821/22 Borsdorf (bei Nidda) (ev.) (I/P/9); Umbauten 1960 durch Förster & Nicolaus und 1978 durch Werner Bosch <> 1822 Kelsterbach, St. Martin (ev.) (II/P/22); erhalten ist nur das Gehäuse <> 1823 Wetterfeld (ev.) (I/P/12); nach Reparaturen von Johann Georg Bürgy, Conrad Jost (1846) und Johann Georg Förster (1859) Überholung durch Förster & Nicolaus 1952 und 1962/63 <> 1825 Pfungstadt (II/P/26), Disposition nach Christian Heinrich Rinck; 1921, 1954, 1981 und 1994 Umbauten, 2012/13 Restaurierung durch Förster & Nicolaus und Rückführung auf den ursprünglichen Zustand mit 15 originalen Registern Bernhards <> 1828 Rodheim-Bieber (ev.) (I/P/11); 1958/59 umgebaut von Förster & Nicolaus, restauriert 2011 und erweitert auf (I/P/13) <> 1830 [Pohlheim-] Holzheim (ev.) (I/P/11); 1968 Neubau durch Förster & Nicolaus (II/P/13) im Gehäuse Bernhards und Erhalt des Gedackt 8’ <> 1833 Ober-Bessingen (ev.) (I/P/10); 1891 Ergänzung eines Registers und neues Gebläse durch Johann Georg Förster, 1994 Restaurierung durch Förster & Nicolaus <> [Wetzlar-] Steindorf (ev.) (I/P/9); Umbau in den 1960er Jahren <> 1837 Gleimenhain (ev.) (I/P/9) <> 1839 Dorf-Güll (ev.) (I/P/8) <> 1839 Ober-Hörgern (ev.) (I/P/13), vollendet durch Bernhards Gesellen Christoph Opitz (Debra in Thüringen) und Johann Georg Markert (Ostheim vor der Rhön); 1881/82 von Adam Karl Bernhard repariert, 1971 Erweiterung durch Förster & Nicolaus auf I/P/15 <> Friedrich Wilhelm Bernhard: 1830–1837 [Florstadt-] Staden (ev.) (II/P/17); 1879 von August Förster umdisponiert, 1994 von Förster & Nicolaus restauriert <> 1839 Heimertshausen (ev.) (I/P/8) <> 1840/41 Pohl-Göns (ev.) (I/P/10); 1920 von Förster & Nicolaus repariert, nach 1945 umdisponiert, 1981/82 von Gerald Woehl restauriert <> 1841 [Gemünden-] Ehringshausen, Michaeliskirche (ev.) (I/P/10) <> 1842 [Altenstadt-] Enzheim (ev.) (I/P/6); 1937, 1956 und 1972 Umbauten, 2017/18 Restaurierung durch Förster & Nicolaus <> 1845 Windhausen (Feldatal) (ev.) (I/P/12); 2018/19 restauriert durch Orgelbau Waltershausen <> 1847/48 [Buseck-] Beuern (ev.) (II/P/23); 1953 Versetzung um zwei Meter, 1978 Instandsetzung durch Förster & Nicolaus <> 1847–1849 [Bad Homburg-] Ober-Eschbach (II/P/14); Renovierungen 1978 und 2002 jeweils durch Andreas Ott (Bensheim) <> 1850/51 Ruppertenrod (ev.) (I/P/10); 1988–1990 restauriert <> 1854 [Münzenberg-] Gambach (ev.) (I/P/16); 1958, 1987 und 2002 Renovierung und Überholungen durch Förster & Nicolaus <> 1857 [Schotten-] Rudingshain (ev.) (I/P/9); 1982 repariert, 2015–2022 restauriert von Förster & Nicolaus <> 1858/59 [Schwalmtal-] Rainrod (ev.) (I/P/8) <> 1859 [Reichelsheim-] Heuchelheim (ev.) (I/P/6); 1947 auf ihren heutigen Platz umgesetzt, 2022 restauriert von Bosch (Niestetal) <> 1860 Merlau (I/P/10); 1980 restauriert von Förster & Nicolaus <> 1861 [Grünberg-] Harbach (ev.) (I/P/7); 2019 restauriert <>Adam Karl Bernhard: 1862 Kirch-Göns (ev.) (I/P/9): Umdisponierung der Orgel von Johann Andreas Heinemann (um 1790), Erweiterung um ein selbständiges Pedal <> 1869 [Bad Vilbel-] Massenheim (ev.) (IP/7); 1968 Instandsetzung, 1989 Restaurierung <> 1874 [Flonheim-] Uffhofen (ev.) (I/P/10); 2019 restauriert <> Gebr. Bernhard: 1862 Rendel (II/P/16) <> 1876/77 Wölfersheim (ev.) (II/P/13; 1953 Einbau eines neuen Gebläses durch Förster & Nicolaus <> 1879 [Schotten-] Breungesheim (ev.) (I/P/7) <> 1881 Grüningen (ev.) (I/P/11); 1976 Generalüberholung durch Förster & Nicolaus <> 1883 Jugenheim, St. Martin (ev.) (II/P/18); Neudisposition des Instruments von Philipp Ernst Wegmann; 1991 rekonstruiert auf den Zustand von 1762 durch Förster & Nicolaus <> 1883 Langen, Stadtkirche (ev.) (II/P/28); 1964 Neubau durch Oberlinger im historischen Prospekt, Erhalt mehrerer Register <> 1886 Burkhardsfelden (ev.) (I/P/7); 1959 Umbau durch Förster & Nicolaus <> 1886 Bleidenrod (ev.) (I/P/6); 1972/73 Ersatz eines Registers <> 1888–89 Cleeberg (ev.) (I/P/8); 1937 Umdisposition durch Eppstein <> 1890 Nieder-Hilbersheim (ev.) (I/P/9); 2025 Restaurierung begonnen <> 1890 Appenrod (ev.) (I/P/7) <> 1890/91 [Schwalmtal-] Hopfgarten (ev.) (I/P/7); 1971 Umdisposition durch Bruno Döring <> 1891 Nieder-Olm (ev.) (I/P/6); 1970–71 transloziert nach Bubenheim, St. Remigius <> Ober-Hilbersheim (ev.) (II/P/11); 1989/90 restauriert von Link <> 1891 (nicht 1893) Dietzenbach, Christuskirche (I/P/10); 1941 durch Bombenangriff zum Teil zerstört, 1948 Neubau durch Förster & Nicolaus unter Verwendung des erhaltenen Prospekts und des erhaltenen Pfeifenwerks <> 1893 [Grünberg-] Lumda (ev.) (I/P/6); 1930 Translozierung auf die neu gebaute Orgelempore, 1959 Einbau eines Motors zur Windversorgung, 1985 und 2007 umfassende Renovierungen durch Förster & Nicolaus <> 1894 Lützellinden (ev.) (II/P/14); 1970 Neubau durch Günter Hardt im historischen Gehäuse und Erweiterung auf II/P/15 <> 1894–95 Waldgirmes (ev.) (I/P/9); 2010 Restaurierung durch Günter Hardt <> 1895 Maulbach [Homberg/Ohm] (ev.) (I/P/8) <> 1896 [Kirtorf-] Lehrbach (ev.) (I/P/8) <> 1898 Neuweilnau (ev.) (I/P/9); 1966 Umbau durch die Werkstatt Hardt (Möttau) <> 1900 Ober-Breidenbach (ev.) (I/P/8) <> 1902 Unter-Seibertenrod (ev.) (I/P/6) <> 1904 Bubenheim (ev.) (I/P/6) im historischen Gehäuse von Stumm <> 1908 (nicht 1909) Dorfweil (ev.) (I/P/7); 1970/71 von Orgelbau Hardt überarbeitet <> 1910 Burg-Gemünden (ev.) (II/P/10); 1970 umdisponiert von Förster & Nicolaus <> 1914–15 Romrod, Stadtkirche (ev.) (I/P/8) im historischen Gehäuse von Georg Heinrich Wagner (1685) als Nachfolgerin der Orgel von Friedrich Wilhelm Bernhard.
Quellen — KB Romrod; KB und Standesamtsregister Gambach <> Großherzoglich Hessische Zeitung Nr. 230, 19. August 1831, Nr. 248, 6. September 1831: Erfindung im Orgelbau
Literatur — Julius Seidel, Die Orgel und ihr Bau, Breslau 1843 (Nachdruck Amsterdam 1962), S. 14 <> Bösken 1967 <> Theodor Wissmüller, Gesellenbrief aus dem Jahre 1766, in: Walcker Hausmitteilung 34 (1965), S. 18–20 <> Balz 1969, S. 298–305 <> Bösken 1975 <> Matthias Thömmes, Orgeln in Rheinland-Pfalz und im Saarland, Trier 1981 <> Eckhard Trinkaus, Orgeln und Orgelbauer im früheren Kreis Ziegenhain (Hessen), Marburg 1981, S. 243f. <> Bösken/Fischer 1988 <> Hans-Wolfgang Theobald, Der Ostheimer Orgelbauer Johann Georg Markert und sein Werk, Tutzing 1990, S. 81f. <> Eugen Rieß, 250 Jahre Evangelisch-Reformierte Kirche Wölfersheim. Festschrift anläßlich des 250. Jahrestags ihrer Einweihung am 22. Mai 1991, Wölfersheim 1991 <> Hans Martin Balz, Der „Evangelische“ Orgelbau in Hessen und Nassau von 1866 bis zum Zweiten Weltkrieg, in: Beiträge zur Orgelgeschichte im ehemals kurrheinischen Reichskreis und seinen Nachfolgestaaten, hrsg. von Friedrich W. Riedel, Mainz 1992 (Die Orgel als sakrales Kunstwerk Bd. 1), S. 119–153 <> Fischer/Wohnhaas 1994 <> Hans Martin Balz und Reinhardt Menger, Alte Orgeln in Hessen und Nassau, Kassel 21997 <> Dieter Großmann, Orgeln und Orgelbauer in Hessen, Marburg 21998 (Beiträge zur hessischen Geschichte 12) <> Wolfgang Bauer, Der Orgelbauer Christoph Opitz aus Dobra (1813–1885), in: Acta Organologica 26 (1998), S. 243–288 <> Bösken/Fischer/Thömmes 2005 <> Peter Brusius, Die Orgelbauerfamilie Bernhard, Marburg 2013 <> Restaurierungen historischer Orgeln in Hessen. Das gemeinsame Förderprogramm der Sparkassenstiftung Hessen-Thüringen und des Landesamts für Denkmalpflege 2001–2023, Regensburg 2024
Abbildung 1: Eigenhändiges Schriftstück in der Orgel in Ober-Ohmen (1808), in dem Johann Hartmann Bernhard auf sich als Erbauer und auf seine Frau und drei Kinder hinweist: „Diesse Orgel und die Orgel zu Koedingen sind mit einander gemacht worden vom Orgel und Instrumentenmacher. Hartmann Bernhard von Romrod, meine Frau wahr eine gebohrne Schlossern von Elpenroth, mein aelster Sohn wahr 4½ Jahr alt der zweite 3 Jahr und der dritte 1 Jahr. – Romrod den 12ten October 1808“; Evangelische Kirchengemeinde Ober-Ohmen
Abbildung 2: Die Orgel Johann Hartmann Bernhards in Borsdorf (1821/22), aufgenommen im April 2015 (Foto von „Cherubino“, CC BY-SA 4.0, Wikimedia Commons)
Abbildung 3: Schild „Gebr. Bernhard“ an der Orgel in Grüningen (1881), aufgenommen im Dezember 2015 (Foto von „Wikiwal“, CC BY-SA 3.0, Wikimedia Commons)
Birger Petersen (unter Verwendung von Vorarbeiten von Hermann Fischer (†))