kundigraber

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KUNDIGRABER, HERMANN * Graz 6. Apr. 1879 | † St. Marein bei Graz 6. Dez. 1944; Komponist, Musikpädagoge, Musikschuldirektor

Nach dem Studium (1892–1902) in Graz u. a. bei Erich Wolf Degner (1858–1908) arbeitete Kundigraber 1902–1904 als Musiklehrer in der Musikschule in Pettau (Ptuj, Slowenien) und 1904–1905 als Musikdirektor in Cilli (Celje, Slowenien).

Seit 1905 war er als Nachfolger von Fritz Prelinger Direktor der städtischen Musikschule in Aschaffenburg, seit 1924 außerdem Direktor der von ihm dort gegründeten angegliederten Singschule. In Folge seiner Bemühungen um Verbesserungen in Organisation und Ausstattung (neben Instrumenten ist hier vor allem der Musikalienbestand zu nennen) stiegen die Schülerzahlen deutlich an, auch weitere Lehrkräfte folgten. In Kundigrabers Amtszeit fällt auch das 100-jährige Jubiläum der Musikschule 1910 samt Festkonzert und der von ihm verfassten Chronik (s. Schriften), ebenso die Beethovenfeiern 1920 und 1927. Auf sein Bestreben ging auch die Konzertreihe ASTMUK (Aschaffenburger städtische Musikkultur) und die Gründung des Collegium musicum (1920) zurück. Im Zuge des 125-jährigen Jubiläums (1935) der Musikschule lobte die gleichgeschaltete Presse Kundigrabers Auftreten „gegen den atonalen Schmutz der jüdisch-bolschewistischen Clique“ (zitiert nach Hippeli, S. 97). Nach seiner Pensionierung 1939 wurde er interimistischer Direktor des Klagenfurter Konservatoriums und von 1940 bis 1941 stellvertretender Direktor der Landesmusikschule in Graz. Danach baute er die Musikschule in Oberwart (Burgenland) auf.

Kundigraber war seit 1905 mit der Pianistin Frida geb. Ruch verheiratet, die bei verschiedenen Konzerten mitwirkte. Die Kinder Gertrud (* 1906), Erolf (* 1908) und Hermine (* 1920) erhielten ebenfalls eine musikalische Ausbildung und wirkten bei Konzerten mit. Die jüngste Tochter Hermine, verheiratete Hinghofer-Szalkay (Graz), war im Besitz des Nachlasses. Autographe sind vernichtet, wurden aber teilweise zuvor kopiert und befinden sich in der Aschaffenburger Musikschule, darunter auch Tagebücher von 1916/17 bis 1937, die zu großen Teilen aus handschriftlichen kommentierten Zeitungsausschnitten und Konzertprogrammen bestehen. 2003 wurde Kundigrabers „Grünewald-Sinfonie“ op. 22 (siehe Werke) im Rahmen der Ausstellung „Das Rätsel Grünewald“ erneut in Aschaffenburg aufgeführt.

Werke (siehe auch MGG1) — Kompositionen (die Handschriften in D-ASm sind sämtlich in Kopie): Quintett (Kl., 2 Ob., 2 Fag.) op. 1 (Part. u. St.); Ms. D-ASm <> Brautlied (Fch., Vl., Org.) op. 2 (Part. u. St., UA 1902); Ms. D-ASm <> Kadenzen zu Mozarts B-Dur-Klavierkonzert Satz 1 und 3 [op. 3b und a] 1907; Ms. D-ASm <> Lieder op. 4; Ms. verschollen? <> Deutscher Bescheid (Sst., Kl.) op. 5, Ballade v. Richard Zoozmann, Leipzig: Siegel [1912]; D-ASm, D-B <> Das Lied vom Brunnen (Mch.) op. 6, ebd. 1912; D-ASm, D-B <> Sechs Stimmungsbilder aus einer alten Stadt und deren Umgebung in Wort- und Klaviergedichten mit sechs Bildern in Kupfertiefdruck nach Originalen von Bernhard Paul Scheffler (Oberbürgermeister Dr. Wilhelm Matt gewidmet) (Kl.) op. 7, Aschaffenburg: Selbstverlag [1925]; D-ASm (s. Abb.), D-B <> 3? Gesänge (1. Fahnen hoch, 3. Burschenliebe) (Bariton, Kl.) op. 8, Ms.; D-ASm <> Festlicher Chor (Mch., Fch., Kinderchor, gr. Blasorchester) op. 9, Ms. verschollen <> Jugend-Trio (Kl., Vl., Vc.) op. 10, 1917; Ms. D-ASm <> Variationen über das deutsche Volkslied „Es waren zwei Königskinder“ und Doppelfuge (Kl.) op. 11 (August Leopolder gewidmet), Leipzig/Mannheim: Grosch [19??]; D-ASm, D-B <> Streichquartett d-moll op. 12 (Joseph Haas gewidmet, UA 1923); Ms. verschollen <> Streichtrio e-moll op. 13, Essen: Rheinischer Musikverlag (Schlingloff) 1924; D-B, D-Cl <> 4 Sonette des Michelagniolo Buonarotti (Sst., Kl. und Sst., Orch.) op. 14 (UA 1926); Ms. D-ASm <> Gebet (2 Sst., Kl., Vl./Kl.) op. 15 (UA 1926), Essen: Rheinischer Musikverlag [1926?] <> Eine kleine Hausmusik / Kammerduo (Vl., Va.) op. 16 (UA 1926); Ms. D-ASm <> Steyerische Symphonie op. 17; Ms. verschollen <> Klavierschule für die deutsche Jugend op. 18; Ms. verschollen <> Sonate D-Dur (Vl.) op. 19 (Stefan Frenkel gewidmet, UA 1933); Ms. D-ASm <> Sinfonica scholarica (Str., Bläser, Kl. 4ms) op. 20; Ms. verschollen <> Das Maidibuch, (Maidi Kundigraber) 8 Klavierstücke für die Jugend op. 21 (UA 1932), 1929; Ms. D-ASm <> Symphonie nach Matthias Grünewald (Orch., Schlusschor) op. 22 (UA 1934); Ms. D-ASm (Part.), A-Gfk <> Wandel der Mysterien (Sst., Orch.) op. 27; Ms. verschollen <> 7 Lieder op. 28; Ms. verschollen <> Serenade für 6 Solobläser (Fl., Ob., Klar., Trp., Hr., Fag.) op. 29, 1936; Ms. (Part. u. St.) D-ASm <> 4 Lieder gedichtet von Rudolf Maria Kundigraber (Heimatblumen, Mir tönet kein Singen, Ein winzig Lied, Heimat Pfad; Sst., Kl.) op. 35; Ms. D-ASm <> Lieder op. 38, Leipzig: Kistner & Siegel [1943]; D-B, D-ASm

WoO (wenn nicht anders vermerkt, Kopie des Ms. in D-ASm): Festchor zur Eröffnung des neuen Koncertsaales und der Vereinsräume der „Aschaffenburger Liedertafel“ im Neubau des Bürgervereins „Frohsinn“ (Mch.), Part., 1908 <> Oberwarter Rhapsodie (Cello, Kl.), Part. <> Wahlsprüche für das Sängerfest (Mch.), 1911 (Sängerfest der Liedertafel) <> Das Lied vom Brunnen (Mch.), Part., 1911 <> Verschiedene Schlaraffenlieder, Part. u. St. <> Du sollst an Deutschlands Zukunft glauben (Mch., Kl.), Part. <> Oper Das Narrentestament, verschollen <> Symphonische Präludien für Orgel, 1927 <> Suite nach Matthias Grünewald, Part. u. Entwurf, 1931 <> Musik zum Trauer- und Freudenspiel Der Franke Gosbert von Peter Schneider, Part. u. St. <> Kompendium des Tonleiter- und Akkordmaterials <> Kadenzen zum XXen Klavier Konzert von Jos. Haydn, 1932 <> Ricercar für Orgel über zwei Volksliederthemen, 1939 <> darüber hinaus diverse Bearbeitungen und Instrumentationen, darunter Mozart, Beethoven und sein Lehrer Degner, s. RISMonline

Schriften (Auswahl, weitere s. Hippeli): Chronik der Städtischen Musik-Schule Aschaffenburg 1810–1910, Aschaffenburg 1910 <> Das öffentliche Interesse und die Musikpflege im Banne des Erreichten, ebd. 1911 <> Aschaffenburger städtische Musikkultur Astmuk; Festschrift zur 200. Veranstaltung; 16. 1. 1916–17. 11. 1933, ebd. 1933 <> 125 Jahre Städtische Musikschule Aschaffenburg, ebd. 1935

Quellen — Berichte zur Musikschule und zu Kompositionen Kundigrabers in verschiedenen (über)regionalen Zeitungen, vor allem: Signale für die musikalische Welt, 1917–1937 <> ZfM 1923–1943, besonders daraus: Hans Wamlek, Hermann Kundigraber – Vierzig Jahre im Dienste der Musik, 1943, Heft 2, S. 50f. (mit Bildbeilage) <> Hermann Kundigraber, Werkverzeichnis [bis op. 20] und Besprechungen, D-ASm <> weitere Quellen siehe Hippeli <> freundliche Auskünfte von Burkhard Fleckenstein und Friedhelm Bloos, Aschaffenburg

Literatur — MüllerDML <> Renate Federhofer-Königs, Art. Kundigraber, Hermann in MGG1 <> PriebergH <> Oeml online <> Österreichisches Biographisches Lexikon online <> Barbara Hippeli, Hohe und tiefe Töne. Die wechselvolle Geschichte der Musikschule, in: Musikschule Aschaffenburg 1810–2010, hrsg. von Hans-Bernd Spies, Aschaffenburg 2010, S. 47–124 (hier weitere Quellen und Literatur) <> Burkhard Fleckenstein, Zur Geschichte der Aschaffenburger Musikschule (online) <> Alexander Bruchlos, Ein Kritzelgruß von Hindemith. Musikschule: Gästebuch dokumentiert Aschaffenburger Musikgeschichte von 1916 bis 1936 – Kopie erst 2009 entdeckt, in: Main-Echo 2010, online

Abbildung 1: Hermann und Frida Kundigraber, Fotographie (ca. 1905/06), mit freundlicher Genehmigung der Städtischen Musikschule Aschaffenburg


Martin Bierwisch

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