kriegel

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KRIEGEL, VOLKER * Darmstadt 24. Dez. 1943 | † San Sebastián 14. Juni 2003; Jazzgitarrist, Schriftsteller, Zeichner

Während seiner Jugend trat Kriegel als Gitarrist vor allem in der Mainzer Katakombe und im Wiesbadener Jazzhaus auf, teils mit dem Volker Kriegel Trio, teils in Sessions mit verschiedenen regionalen Jazzgrößen der Zeit. So lernte er unter anderem Emil und Albert →Mangelsdorff kennen, später auch Klaus Doldinger und Ingfried Hoffmann. Mitte der 1960er Jahre studierte Kriegel in Frankfurt Soziologie, u. a. bei Theodor W. →Adorno. Zahlreiche Auftritte im Frankfurter Jazzkeller folgten, ehe er sich 1968 entschloss, Berufsmusiker zu werden und gemeinsam mit dem Vibraphonisten Dave Pike das Dave Pike Set zu gründen, mit dem er Konzerte in ganz Europa, den Vereinigten Staaten und Südamerika gab sowie mehrere Schallplatten bei dem in Deutschland führenden Jazzlabel MPS veröffentlichte. 1971 erhielt Kriegel dort einen eigenen Vertrag, sein 1972 erschienenes Doppelalbum Inside: Missing Link gilt als eines der wichtigsten Werke des deutschen Jazzrock. In den folgenden Jahren formierte er das Mild Maniac Orchestra und rief 1976 gemeinsam mit Wolfgang Dauner, Barbara Thompson und anderen das United Jazz + Rockensemble ins Leben. Um mehr künstlerische Unabhängigkeit von den vorrangig auf kommerziellen Erfolg konzentrierten Plattenfirmen zu erlangen, gründeten die Mitglieder des UJRE 1977 ihr eigenes, selbst verwaltetes Label mood records, bei dem auch Kriegels letzte drei Alben erschienen. Neben seinen musikalischen Erfolgen schrieb er mehrere Bücher und Aufsätze und widmete sich dem Zeichnen. Seine Karikaturen wurden in verschiedenen Zeitschriften und Sammelbänden veröffentlicht, 1980 entstand außerdem der Zeichentrickkurzfilm Der Falschspieler. Darüber hinaus illustrierte Kriegel zahlreiche weitere Bücher anderer Autoren. Zwar zog er sich im Laufe der 1980er-Jahre zunehmend aus dem überregionalen Musikleben zurück, doch trat Kriegel bis zu seinem Tod regelmäßig, vornehmlich im Rhein-Main-Gebiet, auf. Trotz seiner enormen Virtuosität blieb Kriegels Gitarrenspiel stets filigran und elegant, technische Kabinettstückchen gerieten ihm nie zum Selbstzweck. Vielmehr standen sie stets im Dienst einer stilistisch ausgesprochen offenen Musik, die zeigte, dass „Jazz nicht zwangsläufig mit bizarren Klangexperimenten verbunden sein muß, sondern streckenweise durchaus sentimental daherkommen kann“ (Garms 1990, S. 130), und Jazz, Rock und Funk, aber auch fernöstliche Klänge wie selbstverständlich miteinander in Einklang brachte.

Werke1. Aufnahmen: a) unter eigenem Namen: With a little help from my friends, o. O.: Liberty (83065) 1968 <> Spectrum, Villingen: MPS (15301) 1971 <> Inside: Missing Link, ebd. (15362) 1972 (s. Abb.) <> Lift!, ebd. (15390) 1973 <> Mild Maniac, ebd. (15403) 1974 <> Topical Harvest, ebd. (15471) 1975 <> Houseboat, ebd. (15535) 1978 <> Journal, Heidelberg: mood records (33.605) 1981 <> Schöne Aussichten, ebd. (33.617) 1983 <> Palazzo Blue, ebd. (33.608) 1989 <> b) mit dem „Mild Maniac Orchestra“: Octember Variations, Villingen: MPS (15495) 1976 <> Elastic Menu, ebd. (15517) 1977 <> Long Distance, ebd. (15549) 1979 <> c) mit dem „Dave Pike Set“: Album, Villingen: MPS (15309) 1968 <> Four Reasons, ebd. (15253) 1969 <> Noisy Silence – Gentle Noise, ebd. (15215) 1969 <> Infra-Red, ebd. (15280) 1970 <> Außerdem Aufnahmen mit dem „United Jazz + Rock Ensemble“ und zahlreichen anderen Jazzmusikern <> 2. Schriften (Auswahl): a) Bücher: Der Rock’n’Roll-König, Aarau u. a. 1982 <> Volker Kriegels kleine Hundekunde, Zürich 1986 <> Künstler, Kracher & Konsorten, ebd. 1992 <> Manchmal ist es besser, man sagt gar nix, Zürich 1998 <> Erwin mit der Tröte, Frankfurt/M. 2002 b) Aufsätze: Jazz & Rock, in: Jazzrock: Tendenzen einer modernen Musik, hrsg. von Burghard König, Reinbek 1983, S. 35–77 <> Adorno und der Jazz, in: Der Rabe 14 (1986), S. 20–22 <> Klassik und Jazz – Eine unglückliche Beziehung, in: Manchmal ist es besser, man sagt gar nix, Zürich 1998, S. 178–180 <> Über die Gitarre, in: ebd., S. 194–195

Literatur — Thomas Garms, Ein Gitarrist mit Zeichenstift: Volker Kriegel, in: Jazz in Frankfurt, hrsg. von Wolfgang Sandner, Frankfurt/M. 1990, S. 128–132 <> Klaus Gotthard Fischer, Jazzin’ the Black Forest – SABA/MPS: Geschichte eines Jazzlabels, Berlin: Crippled Library 1999 <> Hans-Jürgen Linke, Der Elegante – Zum Tod Volker Kriegels, in: Frankfurter Rundschau (17. Juni 2003)


Thorsten Hindrichs

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  • von bkb
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