==== Hanfstaengl (Familie) ====
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auch Hanfstängl, Hanfstaengel, Hanfstängel
(1) **Erwin** * Dresden 21. Nov. 1837 | † München 14. Jan. 1905; Ehemann von (2), Photograph, Sänger, Komponist
(2) **Marie** geb. Schröder, verh. Schröder-Hanfstaengl * Breslau 30. Apr. 1847 | † München 5. Sept. 1917; Ehefrau von (1), Sängerin, Gesangslehrerin
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Erwin Hanfstaengl **(1)** wurde als Sohn von Franz H. (1804–1877) in eine Lithographen- und (spätere) Photographenfamilie hineingeboren. Er wuchs in München auf, besuchte die dortige Lateinschule und anschließend bis 1854/55 des Vitzthum’sche Gymnasium in Dresden. In beiden Städten wird er Einblicke in das Familienhandwerk erhalten haben – in Dresden bei seinen Onkeln Max und Hans Hanfstaengl sowie in München in der väterlichen Firma. Eigenen Angaben zufolge arbeitete Erwin Hanfstaengl mehrere Jahre in München im Labor Justus von Liebigs und an der Akademie der Wissenschaften, bevor er sich 1860 nach Paris wandte. Dort war er zunächst gemeinschaftlich mit Léon Crémière (1831–1913) tätig, bevor er 1862 ein eigenes photographisches Atelier eröffnete (4 Rue Frochot). Im selben Jahr erhielt er den Titel eines Königlich Preußischen Hof-Photographen. Einen Teil seiner Zeit widmete er der Musik – als Dilettant mit guter Tenorstimme veranstaltete er Hauskonzerte und wirkte bei Konzerten deutscher Gesangvereine in Paris mit. In der Frankfurter //Didaskalia// heißt es später im Zusammenhang mit dem Koblenzer Maler Georg Saal über ihn – „[Saal] war, gleich Erwin Hanfstängl, – Mr. Erwin, wie ihn die Franzosen nannten, weil ihnen das barbarische Wort Hanfstängl unaussprechbar war – eine Hauptkraft, wenn die deutsche Liedertafel in Paris musikalische Soiréen oder komische Opernvorträge im Hotel du Louvre arrangirte.“ (//Didaskalia// 8. März 1876). Im April 1868 sang er als Solist bei einer von [[ehmant|Anselm Ehmant]] geleiteten Aufführung von Haydns //Schöpfung// durch den //Liederkranz// an der Seite seiner späteren Ehefrau, der Opernsängerin Marie Schröder **(2)**. Diese war (nach ihrer Ausbildung bei Pauline Viardot-García) seit 1866 (nicht 1867) am //Théâtre lyrique// engagiert. Durch seine stimmliche Begabung hatte Hanfstaengl „zu allen Salons der fashionablen Welt Zutritt“ (//Photographischer Almanach// 1896). Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass aus seinem Pariser Atelier zahlreiche Photographien von Komponisten und Musikern sowie Rollenportraits überliefert sind (u. a. von Auber, Liszt, Rossini und [[wilhelmj|August Wilhelmj]]).
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Im Zuge des deutsch-französischen Kriegs kehrte Hanfstaengl 1870 nach Deutschland zurück und trat als Mitarbeiter in die väterliche Firma in München ein, die inzwischen von seinem Bruder Edgar (1842–1910) geführt wurde. Sein musikalisches Engagement setzte er fort, indem er sich etwa bei Dilettantenkonzerten im Münchener Theater hören ließ; auch fanden mehrere Kompositionen von ihm Eingang in das Repertoire der Kapelle [[gungl|Joseph Gungls]]. Im Januar 1873 verlobte er sich mit Marie Schröder, die ebenfalls 1870 Frankreich verlassen hatte und nun Königlich Württembergische Kammersängerin an der Hofbühne in Stuttgart angestellt war; die Eheschließung fand im April desselben Jahres in Breslau statt. Anschließend zog er zu ihr nach Stuttgart und eröffnete dort ein photographisches Atelier. 1875 war Marie Schröder-Hanfstaengel Solistin beim 8. Mittelrheinischen Musikfest in Mainz; 1875 und 1876 sang sie bei Konzerten des [[ruehl|Rühl]]’schen Gesangvereins in Frankfurt/M., nachdem sie dort zuvor bereits 1866 in einem Konzert von Helene →Heermann und 1871 bei einem Museumskonzert mitgewirkt hatte. Weitere frühere Auftritte in der Region waren 1867 und 1872 im Wiesbadener Kurhaus erfolgt. 1882 wurde sie schließlich (nach erfolgreichem Gastspiel) mit einer Gage von 25.000 Mark nach Frankfurt/M. engagiert, wohin ihr Ehemann abermals folgte und entsprechend in der Presse das gemeinsame Stuttgarter Privathaus „in schönster Lage der Stadt“ (Alleenplatz 4), das über „14 Zimmer, [einen] großen Musiksaal, 2 Salons, kleinen Garten“ verfügte, zum Verkauf anbot (//Allgemeine Zeitung// (München) 20. Juni 1882).
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Bereits im Herbst 1882 konnte Erwin Hanfstaengl, inzwischen durch den Herzog von Sachsen-Coburg mit dem Professorentitel versehen, der Öffentlichkeit die Eröffnung seines Frankfurter Ateliers (ehem. F. Weisbrod) anzeigen – auch hier ließen sich in der Folgezeit etliche Persönlichkeiten aus Kunst und Kultur (darunter etwa Engelbert Humperdinck, Jules Massenet, Teresa Milanollo und [[rigutini|Silvio Rigutini]]), photographisch verewigen. 1888 fungierte er zudem (u. a. an der Seite [[erlanger|Ludwig von Erlangers]]) als Geschworener des Frankfurter Assisengerichts. Marie Schröder-Hanfstaengl wiederum absolvierte in den 1880er Jahren neben ihrer Beschäftigung am Frankfurter Opernhaus (dort war sie etwa an der Uraufführung von [[hill|Wilhelm Hills]] //Alona// beteiligt) mehrere Gastspielreisen (u. a. 1884 (im Dez. ein Auftritt mit [[faelten|Carl Fälten]] belegt) und 1889 nach New York) und war in den Jahren 1894 bis 1897 auch als Gesangslehrerin am //[[hoch|Hoch]]’schen Konservatorium// tätig. Zu ihren Schülerinnen zählen [[canstatt|Tony Canstatt]], Margarethe →Dessoff, Fanny [[grosskopf|Großkopf]], Johanna [[orth|Orth]], Anna [[steinwarz|Steinwarz]] und [[toemlich|Mathilde Tömlich]].
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1897 erwarb das Ehepaar das Landgut Lindenfycht bei Gmund am Tegernsee (später bewohnt von Sänger Alois Burgstaller und während der NS-Zeit im Besitz von Heinrich Himmler, heute [2025] Gastronomie und Hotelbetrieb //Blyb.-Hotel//), auf dem sie in den Sommermonaten lebten und wo Marie abermals Gesangsunterricht erteilte. Die Wintermonate verbrachten sie in München; auch dort lehrte sie und war 1901/02 an der //Königlichen Akademie der Tonkunst// in München angestellt, bevor sie aus gesundheitlichen Gründen ausschied. 1902/03 unternahm sie „mit ihren besten Schülerinnen eine Concert-Tournée“, die sie u. a. nach Frankfurt und Wiesbaden führte, und hielt (sicherlich im Zusammenhang mit der von ihr publizierten Gesangsschule) Vorträge über Gesangskunst (//Frankfurter Zeitung und Handelsblatt// 7. Dez. 1902 (2. Morgenbl.)). 1905 wurde sie – wenige Monate nach dem Tod ihres Ehemanns – entmündigt und in eine Münchener Nervenheilanstalt eingewiesen.
Die gemeinsame Tochter Eleonore (Marie Franziska) (* Stuttgart 8. Mai 1878) heiratete 1909 in Karlsruhe als Gesangslehrerin den Musiklehrer und Musikdirektorssohn Albert (Wilhelm) Guggenbühler (* Freiburg/Br. 4. Okt. 1882).
**Werke** — __Kompositionen von Erwin Hanfstaengl (1)__:
//Rheinlieder. Walzer// (Orch.; aufgef. von Joseph Gungl, München 28. Jan. 1870) <>
//Virginien-Tänze. Walzer// (Orch.; aufgef. von Joseph Gungl, München 16. Juli 1870) <>
//Julius-Marsch// (Orch.; aufgef. von Friedrich Hünn, München 29. Nov. 1888) – dass. (Kl.), Offenbach: [[andre|André]] (in Komm.) [1889]; D-OF (Herstellungsunterlagen) <>
//Prinz Ludwig-Marsch// (Orch.; aufgef. von Joseph Gungl, München 15. Dez. 1889) <>
__Fotographien aus dem Atelier Erwin Hanfstaengls__: siehe u. a. Portraitsammlung Manskopf; D-F (digital [[https://sammlungen.ub.uni-frankfurt.de/manskopf/search?operation=searchRetrieve&query=bib.personalName%3D%22Hanfstaengl%2C%20Erwin%22%20and%20vl.domain%3Ddomain%20|hier]] und [[https://sammlungen.ub.uni-frankfurt.de/manskopf/search?operation=searchRetrieve&query=bib.personalName%3D%22Hanfstaengl%2C%20E.%22%20and%20vl.domain%3Ddomain%20|hier]]) <>
__Schrift von Marie Schröder-Hanfstaengl (2)__: //Meine Lehrweise der Gesangskunst und Elementartheorie in Wort und Bild//, Mainz u. a.: Schott (1902); A-Sum, D-B, D-Bhm, D-KAhm, D-MZu, %%GB%%-Lbl
**Quellen** — KB Dresden (Hofkirche) <> Nachlassakte Erwin H.; D-WIhha (Best. 469/6 Nr. 4622) <> Korrespondenz mit C. A. André in Frankfurt 1889 (in Herstellungsakte); D-OF <> Briefe von Erwin Hanfstaengl s. [[http://kalliope-verbund.info/gnd/116446137|Kalliope]] <> Briefe von Marie Schröder-Hanfstaengl s. [[http://kalliope-verbund.info/gnd/116453222|Kalliope]] <> Adressbücher München, Dresden, Stuttgart, Frankfurt <> //Annuaire-almanach de Commerce et de l’Industrie// 1861–1873 <> //Jahres-Bericht über die Königliche lateinische Schule in München// 1848/49, S. 40 <> Jahresbericht Vitzthumsches Geschlechtsgymnasium, Dresden 1855, S. 75f. <> Konzertprogramme (Dez. 1884 und März 1889) der //Philharmonic Society of New York//, s. [[https://archives.nyphil.org/|Digital Archives]] <> Jahresberichte des Hoch’schen Konservatoriums 1894/95–1897/98 <> //Photographischer Almanach für das Jahr 1896//, Düsseldorf 1896, S. 116 (Autobiographischer Abriss Erwin H.) <> //Le moniteur de la photographie// 1. Sept. 1861; //National-Zeitung// (Berlin) 18. Juni 1862 (Morgenausg.); //La Presse théatrale et musicale// 3. Nov. 1864; //Signale für die musikalische Welt// 23. Nov. 1865, 15. Nov. 1867, 15. Nov. 1871, Nr. 24 (März) 1882, Nr. 35 (Mai) 1882, Nr. 36 (Juni) 1882, Nr. 39 (Juni) 1882, Nr. 29 (Apr.) 1884, Nr. 60 (Nov.) 1884, Nr. 61 (Nov.) 1884, Nr. 37 (Mai) 1887, Nr. 12 (Febr.) 1888, Nr. 32 (Mai) 1888, Nr. 57 (Nov.) 1888, Nr. 66 (Dez.) 1888, Nr. 35 (Mai) 1889, Nr. 5 (Jan.) 1890, Nr. 49 (Sept.) 1891, Nr. 45 (Sept.) 1894, Nr. 48 (Okt.) 1894, Nr. 29 (Apr.) 1895, 5. März 1897, 15. März 1898 u. ö.; //Revue et Gazette Musicale de Paris// 11. Febr. 1866; NZfM 11. Mai 1866, 12. Juli 1867, 15. Febr. 1888, 9. Okt. 1889, 8. Juni 1892; //Neue Berliner Musikzeitung// 15. Aug. 1866, 19. Juni 1872; //Süddeutsche Musik-Zeitung// 26. Aug. 1867; //Le Ménestrel// 19. Apr. 1868; //Münchener Tages-Anzeiger// 27. Jan. 1870, 16. Juli 1870; //Der Bayerische Landbote// 21. März 1872; //Bade-Blatt für Wiesbaden// 8. Juni 1872; //Musikalisches Wochenblatt// 31. März 1873, 24. Apr. 1874, 10. Nov. 1876, 11. Mai 1882, 30. Okt. 1884, 2. Mai 1889, 3. März 1892, 16. Juni 1892; //Didaskalia// 8. März 1876 (Elise Püttner, //Erinnerungen an Paris und Georg Saal//); //Münchner Neueste Nachrichten// 26. Juni 1881, 29. Nov. 1888, 15. Dez. 1889, 9. Juli 1901, 26. Juni 1902, 19. Aug. 1902, 13. Apr. 1903, 17. Jan. 1905 (Nekrolog Erwin H.), 8. Sept. 1917 (Todesanzeige Marie H.); //Allgemeine Zeitung// (München) 20. Juni 1882, 3. Okt. 1901; //Wiesbadener Bade-Blatt// 12. Sept. 1882, 8. Okt. 1882, 6. Nov. 1882, 7. Nov. 1882, 6. März 1885, 20. März 1885; //Frankfurter Zeitung und Handelsblatt// 9. Okt. 1882 (Morgenbl.), 13. Nov. 1883 (Abendbl.), 25. Sept. 1884 (Morgenbl.), 14. Okt. 1884 (Abendbl.), 10. Juli 1886 (Morgenbl.), 25. Juni 1888 (Abendbl.), 30. Apr. 1899 (3. Morgenbl.), 7. Dez. 1902 (2. Morgenbl.), 31. Juli 1905 (Abendbl.) u. ö.; //Wiesbadener Tagblatt// 24. Febr. 1903 (Morgenausg.), 27. Febr. 1903 (Beilage), 30. März 1903 (Abend-Ausg.)
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**Referenzwerke** — Art. zu Marie Schröder-Hanfstaengl, in: Frank/Altmann 121926; RiemannL 111929; KlötzerFB; Kutsch/Riemens <> Art. //Hanfstaengl, Franz Seraph//, in: Ulrich Thieme / Ferdinand Becker, //Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler//, Bd. 15, Leipzig 1922
Abbildung 1: Erwin Hanfstaengl, in: //Photographischer Almanach für das Jahr 1896//, Düsseldorf 1896
Abbildung 2: Anzeige zur Ateliereröffnung in Frankfurt, in: //Frankfurter Zeitung und Handelsblatt// 9. Okt. 1882 (Morgenbl.)
Abbildung 3: Anzeige Marie Schröder-Hanfstaengls, in: //Signale für die musikalische Welt// Nr. 48 (Okt.) 1894
Abbildung 4: Marie Schröder-Hanfstaengl, Rollenbild, Photographie von Erwin Hanfstaengl ([[https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:hebis:30:2-138393|Digitalisat]] aus D-F, Portraitsammlung [[manskopf|Manskopf]])
Abbildung 5: Konzertanzeige Marie Schröder-Hanfstaengls, in: //Wiesbadener Tagblatt// 27. März 1903 (Beilage)
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Kristina Krämer