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WERLÉ (eigentl. Werle), HEINRICH (Peter Jakob) * Bensheim 2. Mai 1887 | † Leipzig 26. Mai 1955; Musikpädagoge, Chorleiter

Nach dem Besuch des Lehrerseminars in seiner Heimatstadt Bensheim wirkte Werlé zunächst als Lehrer in Mainz. Mit einem staatlichen Stipendium setzte er ab 1908 seine Ausbildung am Hoch’schen Konservatorium in Frankfurt fort, wo er unter anderem bei Iwan Knorr, Bernhard Sekles und Fritz Bassermann studierte. Ab 1911 war er in Mainz als Chorleiter und Musikkritiker tätig. Nachdem er 1921 an der Berliner Hochschule für Musik die Staatsprüfung für das höhere Lehrfach bestanden hatte, wurde er 1923 Abteilungsvorsteher an der städtischen Musikhochschule in Mainz, wo er 1924 die Männerchorvereinigung leitete, die sich zu „rein künstlerischen Zwecken […] auf die Wiedergabe alten Chorgutes, sowie auf die Propagierung zeitgenössisch wertvoller Musik“ beschränkte (Musik 17 (1925), S. 717). Daneben leitete er auch den Männergesangverein Harmonie in Mainz-Kostheim, dessen Ehrenmitglied er später wurde. 1926 erfolgte seine Ernennung zum Studienrat im Fach Musik. 1928 wechselte er als Dozent an das pädagogische Institut der Universität Leipzig, das 1942 der neugegründeten Hochschule für Lehrerbildung angegliedert wurde. Nach dem Krieg arbeitete er 1947–1954 als Dozent für Musikpädagogik an der Universität Halle. 1953 promovierte ihn die Universität Jena mit seinem bereits 1949 erschienenen Buch Musik im Leben des Kindes zum Dr. phil. Der im Nachruf in der Deutschen Sängerbundeszeitung zugeschriebene Professorentitel, den Prieberg und Phleps wohl von dort übernahmen, ist offensichtlich ein Irrtum. In der Auseinandersetzung um verschiedene Modelle der Solmisation im späten Kaiserreich und der Weimarer Republik trat Werlé als „Scharfmacher“ (Phleps) unter den Gegnern des Eitzschen Tonworts hervor. Er richtete sich ebenfalls gegen die Jugendmusikbewegung, was sich unter anderem in seinem Einsatz für die Mundharmonika gegenüber der Blockflöte in der Musikerziehung ausdrückte. Werlé, der bereits das X. deutsche Sängerfest 1928 als „das größte und wahrste Bekenntnis zur Volksgemeinschaft unserer Zeit“ (Halbmonatsschrift für Schulmusikpflege 23 (1928), H. 11, S. 82; zit. nach Phleps, S. 105) bezeichnet hatte, trat 1933 konsequenterweise der NSDAP, dem Nationalsozialistischen Lehrerbund und dem NSB-Dozentenbund bei. Nachdem er in der Zeit des Nationalsozialismus’ seine „Blut-und-Boden-getränkten“ (Phleps) Texte zu Schubert veröffentlicht hatte, pries er diesen Komponisten in der frühen Sowjetischen Besatzungszone als „den friedfertigsten aller neueren Meister“, der sogar in Rußland hoch verehrt worden sei (vgl. Hust). Neben seinen Tätigkeiten als Musikpädagoge und Chorleiter war er ab 1924 Mitherausgeber der Halbmonatsschrift für Schulmusikpflege, ab 1927 Schriftleiter der Hessischen Sängerwarte; 1937 bis 1943 wirkte er als Hauptschriftleiter von Gut Ton, einem „volksmusikalischen Fach- und Werbeblatt für Konzertina-, Bandonion- und Akkordionspieler“.

WerkeHurra für Hindenburg („Das war der Herr von Hindenburg“), in: Gott, Kaiser, Vaterland! 12 Kriegslieder für mehrstimmigen (meist dreistimmigen) Schulchor, Mainz: Schott [1916] <> Liederbogen. Froher Anfang – Fahrt ins Ferienland, Langensalza u. a.: Beltz 1934 <> Liederbogen. Neue Kanons für jung und alt, ebd. 1934 <> Ostlandlied („Nach Ostland geht unser Ritt“; Mch.), Leipzig: Kistner & Siegel [1933] <> Bearbeitungen: Hymne an Deutschland („Dich preisen wir Deutschland“; Mch., Kl./Orch.; Text: Valerian Tornius) nach W. A. Mozart, Leipzig: Kistner & Siegel [1933] <> als Herausgeber: Deutschland über alles. 30 vaterländische Gesänge und Volksweisen zum Gebrauch in Volks- und höheren Schulen, sowie Frauenchören in dreistimmigen Bearbeitungen, Mainz und Leipzig: Schott [1916] <> Monografien: Methodik des Musikunterrichts auf der Grundstufe, Leipzig: Kistner & Siegel 1930 <> Der Männerchordirigent im Volkslied, Leipzig: Kistner & Siegel 1931 <> Volksmusik im Rundfunk, Berlin: Hesse 1932 <> Franz Schubert in seinen Briefen und Aufzeichnungen, Leipzig: Hirzel 1948, 41955 <> Franz Schubert. Der Mensch und sein Werk, Bayreuth: Gauverlag Bayerische Ostmark 1941 <> Franz Schubert. Ein Leben im Werk, Leipzig: Brandstetter 1942 <> Musik im Leben des Kindes, Dresden: Ehlermann 1949 <> Aufsätze: Was ist uns das Tonwort? Gedanken über die Eitzsche Lehre, in: Musikpädagogische Zeitschrift (Wien) 1914, S. 76–79 und 124–127 <> Aufgaben und Ziele des Schulgesangunterrichtes, in: Die Stimme (Berlin) 9 (1915), S. 317–321 <> Das Tonwort auf der Schulmusikwoche, in: Halbmonatsschrift für Schulmusikpflege (Essen) 16 (1921), S. 103f. <> Was ist uns heute das Eitzsche Tonwort?, in: ebd. 17 (1922), S. 124ff. <> Tonwortersatz, in: ebd. 18 (1923), S. 109–112 und 119–122 <> Gehörbildung, in: NZfM 95 (1928), S. 116–137 <> Reform der Schulmusik, in: Die Musik 16 (1924), S. 781–791 <> Reform der Musikerziehung und Musikpflege in der Volksschule. Grundsätzliche Vorschläge zum Aufbau eines Lehrplans, in: Neue Bahnen (Leipzig) 40 (1929), S. 396–402 <> Fragen um Franz Schubert, in: Der Chor (Dortmund) 3 (1951), S. 195ff. <> Franz Schubert auf der Suche nach einem Leipziger Verleger, in: Börsenblatt des deutschen Buchhandel 119 (1952), S. 967f. <> Das erstemal erwähnt, aufgeführt, gedruckt, besprochen. Erstes Schrifttum über Schubert, in: ebd., S. 969–972 <> Franz Schuberts Gesänge für mehrere Männerstimmen mit Vorschlägen für die Aufführungspraxis, in: Deutsche Sängerbundeszeitung (Mönchengladbach) 44 (1955), S. 6f. und 34f. <> Einführung in die chorische Stimmpflege, in: ebd., S. 131f. und 167f. <> Um die Zukunft des deutschen Männergesangs, in: Festschrift zum hundertjährigen Jubiläum des Männergesangvereins „Harmonie“ Mainz-Kostheim, Mainz 1954, S. 43ff. <> Armin Knabs Weg zum Männerchor, in: Deutsche Sängerbundeszeitung 44 (1955), S. 230ff. <> regelmäßige Berichte über die Reichsschulmusikwochen in der Halbmonatsschrift für Schulmusikpflege

Quellen — Standesamtsregister Bensheim und Mainz <> Briefe von und an Werlé s. Kalliope <> NZfM Jan. 1924 <> Die Musik Juni 1925 <> Mitteilungen des Archivs der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

LiteraturZum Tode von Prof. Dr. Heinrich Werlé, in: Deutsche Sängerbundeszeitung 44 (1955), S. 192 <> Ferdinand Lorenz, Dr. Heinrich Werlé gestorben, in: Musik in der Schule 6 (1955), S. 207f. <> Thomas Phleps, Die richtige Methode oder Worüber Musikpädagogen sich streiten. Anmerkungen zur Funktion und zum Funktionieren von Solmisationssilben und ihren Produzenten in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, in: Vom Umgang des Faches Musikpädagogik mit seiner Geschichte, hrsg. v. Mechthild von Schoenebeck, Essen 2001, S. 93–113 <> PriebergH, S. 7694f., 9363 und 9442 <> Christoph Hust, System-Umbruch. Breitkopf & Härtel in Leipzig von 1944 bis 1959, in: Das Leipziger Musikverlagswesen. Innerstädtische Netzwerke und internationale Ausstrahlung, hrsg. v. Stefan Keym und Peter Schmitz, Hildesheim 2016, S. 387–436, hier S. 402f., Anm. 92 <> Heide Hammel, Die Schulmusik in der Weimarer Republik, Stuttgart 2017 <> Cornelia Steltzer, Die Bedeutung der Blockflöte zur Zeit des Nationalsozialismus, Wien 2021, S. 403 <> RiemannL 101922, 111926; MüllerDML

Abbildung: Heinrich Werlé, in: Musik in der Schule 6 (1955), S. 208


Karl Traugott Goldbach

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