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SPECHT, CARL (auch Karl) (GOTTLIEB CHRISTIAN) * Kassel 10. Nov. 1870 | † Frankfurt/M. 1. Juli 1946; Musiklehrer, Chorleiter, Sänger, Komponist

Als Sohn eines Kasseler Juweliers wird Carl Specht wohl frühzeitig eine Förderung seiner musikalischen Anlagen erfahren haben; Einzelheiten sind bislang jedoch nicht bekannt. Ebenso weiß man nicht, aufgrund welcher konkreter Überlegungen er nach Frankfurt ging, wo er sich 1894 als Musiklehrer (Klavier und Gesang) niederließ. Sein Unterricht stieß alsbald auf eine solche Gegenliebe, dass er 1903 eine Akademie für Kunstgesang und Musik (Fächer: Gesang, Klavier, Violine, Musiktheorie, Kontrapunkt und Komposition, Musikgeschichte, Korrepetition) errichtete, deren Lehrkörper in Spitzenzeiten rund 10 Personen umfasste; das Institut führte seit 1916 den Namen Spechtsche Kunstgesang- und Musikschule und bestand bis in die 1940er Jahre hinein. Daneben etablierte sich Carl Specht, der vielfach auch als Gesangssolist (Bariton) auftrat, schon nach Kurzem als einer der führenden Chorleiter der Stadt und der Region: Abgesehen von seinem Spechtschen Männerchor (seit 1897; 1971 vereint mit dem Sängerchor Bornheim) führte Specht zahlreiche weitere Chorgemeinschaften an, darunter die Frankfurter Gesangvereine Gutenberg (seit 1900), Schubert-Verein (seit 1904 als Nachfolger von Carl Kern) und Lyra (seit 1913), den Liederkranz Bockenheim (seit 1897) sowie den Männergesangverein Concordia Wiesbaden-Sonnenborn (um 1920). Seit 1915 fungierte er als Vorstandsmitglied und zeitweise Dirigent des Frankfurter Sängerbunds; ins gleiche Jahr fällt die Begründung des Männerchors der Verwundeten Frankfurts. Im Februar 1918 brachte ihn eine Anklage wegen Betrugs vor Gericht. Angeblich hatte er zu Wohltätigkeitszwecken gesammelte Gelder, mit deren Hilfe er Frontsoldaten mit Musikalien zu erfreuen gedachte, zur Drucklegung eigener Werke verwendet – dass er diese (wie auch solche anderer Komponisten) tatsächlich dem geplanten Zweck zuführte, half nichts: Die Strafkammer verurteilte ihn zu einer Geldstrafe in Höhe von 3.000 Mark, und dies augenscheinlich nur deshalb, weil er ohne polizeiliche Genehmigung gehandelt hatte. Dass das in der Presse viel diskutierte Ereignis seiner Popularität als Musiker keinen Abbruch tat, beweist etwa die 1922 veranstaltete „Jubelfeier“ zum 25jährigen Bestehen des nach ihm benannten Gesangvereins, bei der alle sieben von ihm damals geleiteten Chöre mit von der Partie waren. Die Pianistinnen Else Specht und Fina Specht – vermutlich Schwestern Carls – traten seit 1906 bzw. 1910 in Frankfurt auf und gehörten zeitweise dem Kollegium der Musikschule an. Verheiratet war Carl Specht seit 1896 mit der Schneidermeisterstochter Luise geb. Leppert.

Werke — Ein befriedigender bibliographischer Überblick ist derzeit nicht möglich, da man (wie allein die äußerst lückenhafte Opus-Reihe zeigt) mit sehr zahlreichen unveröffentlichten und nicht überlieferten Kompositionen zu rechnen hat; publiziert wurden: Walzer Die Wiener Blond-Else auf Reisen (Kl. bzw. 4st. Mch., Kl.) op. 35, Offenbach: André [1912]; D-B, D-OF (auch autogr. Titel; s. Abb.) <> Der deutsche Schütz (St., Kl.) op. 58, ebd. [1912] <> Hindenburg, der Held von Stahl und Eisen (Mch.) op. 60 (aufgef. 1915), Frankfurt: Selbstverlag [1916]; D-B <> Der Kriegsklapperstorch (Mch.) op. 63, ebd. [1916]; D-B <> Weitere „Kriegskompositionen“ erschienen in Form einer „allerliebst und vornehm ausgestatteten Postkartenreihe (Einzelpreis 15 Pfg.)“ (Die Fackel 25. Sept. 1915) bzw. lassen sich aufgrund von in der Presse mitgeteilten Programmen erschließen.

Quellen — Standesamtsregister Frankfurt <> Adressbücher Frankfurt <> Akten des Spechtschen Männerchors; D-Fsa (Best. V24) <> Frankfurter Leben 22. Apr. 1906, 6. Mai 1906, 14. Okt. 1906, 7. Juli 1907 und passim; Die Fackel (Frankfurt) 5. Nov. 1910, 15. März 1913, 27. März 1915, 25. Sept. 1915, 9. Okt. 1915, 12. Febr. 1916, 1. Apr. 1916, 2. Sept. 1916, 16. Febr. 1918 (Musikdirektor Karl Specht vor Gericht) und passim; Kleine Presse (Frankfurt) 4. März 1914, 5. Febr. 1915, 28. Sept. 1915 und passim; Wiesbadener Tagblatt 20. Jan. 1917; Wiesbadener Neueste Nachrichten 16. Apr. 1920, 27. Apr. 1922, 6. Sept. 1922; Frankfurter Nachrichten 11. Okt. 1914 und passim; Neueste Zeitung (Frankfurt) 13. Mai 1932, 23. Sept. 1932, 17. Febr. 1933, 22. Mai 1939, 13. Juni 1939 und passim

Abbildung 1: Inserat im Frankfurter Adressbuch 1904, [Anzeigen] S. 30

Abbildung 2: Autogr. Titel zu Spechts Die Wiener Blond-Else auf Reisen; D-OF


Axel Beer

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  • angelegt 2023/01/10 21:00