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RUDISCH, CARL (HEINRICH) * Neuss 25. März 1832 | † Linz am Rhein 16. Apr. 1894; Organist, Pianist, Musiklehrer, Komponist

In der Person des Lehrerssohns Carl Rudisch begegnet uns in geradezu idealtypischer Weise ein sicherlich alles andere als unbegabter kleinstädtischer Musiker, dem es trotz der Anerkennung durch seine Zeitgenossen – der Linzer Korrespondent des Koblenzer Rhein- und Mosel-Boten wünschte dem jungen Mann 1855 „von Herzen einen seiner musikalischen Befähigung entsprechenden Wirkungskreis“ – nicht gelang, aus seinen Verhältnissen herauszutreten. Seit 1852 war Rudisch in Linz Organist der katholischen Pfarrkirche, leitete den Kirchenchor und wirkte (u. a. 1864–1869) zeitweise als Gesangslehrer am Progymnasium. Zudem erteilte er privaten Musikunterricht; für seine Schülerinnen und Schüler (unter diesen war der Pianist Peter Dahm) bezog er von seinem Offenbacher Verleger André rabattiertes Notenmaterial, das er – der üblichen Praxis entsprechend und um sein sicher nicht üppiges Gehalt aufbessern – zum Ladenpreis verkaufte. Außerdem beteiligte er sich als Pianist in einer ganzen Reihe von (vielfach zu Wohltätigkeitszwecken veranstalteten) Konzerten in der Region, etwa in Bad Honnef, Bad Neuenahr, Erpel, Köln, Königswinter, Rolandseck, Unkel und natürlich Linz. Mit der Veröffentlichung seiner Kompositionen, für die er ausdrücklich kein Honorar forderte, verband Rudisch „Vorsatz und Bestreben“, „endlich einmal zum Ziele zu gelangen und meinen schon lange gehegten Wunsch erfüllt zu sehen, nämlich den: in der Welt einmal bekannt zu werden“ (Brief an André, Linz 24. Aug. 1857), was ihm freilich verwehrt blieb; nachdem sein Verleger die Herausgabe, seines op. 2 zunächst abgelehnt hatte, drohte Rudisch gar „eine große Blamage in hiesiger Gegend“ (Brief an André, Linz 17. Juli 1860), hatte er doch bereits von der anvisierten gräflichen Widmungsträgerin die Erlaubnis zur Dedikation erhalten, was sich wie ein Lauffeuer herumgesprochen haben wird. Dass André, sicherlich um Schlimmes zu verhindern, einlenkte, spricht für ihn, ändert aber nichts daran, dass erst die Nachwelt sich aufgefordert fühlen sollte, dem glücklosen Musikus in Form eines MMM-Artikels ein kleines Denkmal zu setzen.

WerkeErinnerung an Renneberg. Polka-Mazurka (Kl.) op. 1 (dem Erbprinzen Friedrich VI. zu Salm-Kyrburg gewidmet), Offenbach: André [1858]; D-OF (auch autogr. Stichvorlage), D-Kbeer (s. Abb.) <> Drei Lieder ohne Worte (Kl.) op. 2 (gewidmet Johanna Carolina Gräfin von Westerholt-Gysenberg auf Schloss Arenfels), ebd. [1860]; D-OF (dto.) <> Erinnerung an Rolandseck. Marsch (Kl.) op. 3 („seiner lieben Cousine Anna Mannroth zugeeignet“), ebd. [1862]; D-OF (dto.) <> Erinnerung an Weissenmühle. Marsch (Kl.) op. 4 („Freifräulein Marie von Pelser hochachtungsvoll zugeeignet“), ebd. [1862]; D-OF <> S’ Mailüfterl. Salon-Fantasie (Kl.) op. 6, Köln: Weber [1865] <> Zwei Lieder („Ich hab’ im Traum geweinet“, Frühlingstrauer; Sst., Kl.) op. 7, Köln: Breuer [1867] <> Hochzeits-Marsch (Kl.) op. 10, Köln: Alt & Uhrig [1881] <> 4 Beiträge zu Carl Seegers Der praktische Organist. Hand- und Musterbuch enthaltend eine reiche Auswahl gediegener Orgelstücke für alle Freunde eines würdigen Orgelspiels, Bd. 1 und 2, Offenbach: André [1855 und 1858] <> Weitere in der Korrespondenz und in der Presse genannte Kompositionen (Lieder, Chöre, Klavierstücke) blieben ungedruckt und sind verschollen.

Quellen — Briefe an André in Offenbach (25, 1854–1860); D-OF <> Rhein- und Mosel-Bote (Koblenz) 10. Aug. 1855; Kölnische Zeitung 3. März 1862, 11. Mai 1862, 1. Juni 1862, 28. Juni 1862, 7. Juli 1863, 28. Aug. 1864, 21. Juni 1867, 9. Jan. 1870, 18. Sept. 1874, 28. Apr. 1883, 17. Apr. 1894 (private Todesanzeige); Bonner Zeitung 9. März 1874; Echo des Siebengebirges (Königswinter) 5. Sept. 1874, 6. Juli 1878, 24. Juni 1886, 19. Nov. 1892, 21. Apr. 1894 (Nekrolog) und passim; Deutsche Reichs-Zeitung (Bonn) 30. Sept. 1874; Musikalisches Wochenblatt 23. Juni 1876; Honnefer Volkszeitung 1. Jan. 1890 <> Schulprogramme des Progymnasiums in Linz

Abbildung 1: Brief Rudischs an André, Linz 17. Juli 1860 (Ausschnitt; „… wollen Sie mir diese letzte Hoffnung entreißen?“); D-OF

Abbildung 2: Titel zu Rudischs Opus primum; D-Kbeer


Axel Beer

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