koerfer


KÖRFER, MICHAEL * (Grevenbroich-) Gindorf 31. Dez. 1868 | † Gau-Algesheim 11. Februar 1950; Orgelbauer

Es ist wahrscheinlich, aber nicht nachweisbar, dass der Sohn des Ackerers Johann Josef Körfer nach dem Besuch der katholischen Volksschule Gustorf das Orgelbauerhandwerk in der Werkstatt Hermann Josef Köpps in Gindorf erlernt hat; gleiches gilt für eine Beschäftigung als Geselle bei Johannes Klais in Bonn und Heinrich Dautzenberg in Linnich (Kreis Düren). Anlässlich der Hochzeit mit seiner Volksschullehrerin Catharina Rödesheim (1857–1942) gab Körfer 1893 Boppard als Wohnort an und war vermutlich in der Werkstatt von Christian Gerhardt tätig; danach ließ er sich zunächst als selbständiger Orgelbauer in Düsseldorf nieder, 1900 ist er als Geselle in der Werkstatt von Gustav Stumm in Kirn nachweisbar. 1901 gründete Körfer in Sobernheim eine eigene Orgelbauwerkstatt, für wenige Monate gemeinsam mit seinem Kollegen Rudolf Merk: „Ein neues Orgelbaugeschäft hat sich hier etablirt unter Leitung der Orgelbauer Michael Körf und Rud. Merk. Der katholische Kirchenvorstand hat denselben den Orgelbau für die neue Kirche übertragen.“ (Sobernheimer Intelligenzblatt 26. Jan. 1901) Ab 1905 inserierte Körfer auch den Verkauf von „Pianinos und Harmoniums“. Auf Veranlassung des Mainzer Domkapellmeisters Albert Vogt siedelte die Werkstatt 1907 nach Gau-Algesheim um. Die gut 50 Neubauten der Werkstatt entstanden vornehmlich für Kirchengemeinden der Diözese Mainz; seine größte Orgel errichtete Körfer in der Pfarrkirche St. Stephan, dem „Rheinhessen-Dom“, in Gonsenheim (heute Mainz-Gonsenheim). Ein freundschaftlicher Kontakt zu Pfarrer Adam Faber bewirkte bis 1949 auch eine Reihe von Neubauaufträgen im Bistum Trier, insbesondere in der Eifel. Körfer legte 1928 – als einziger katholischer Orgelbauer – einen Entwurf für die neu zu errichtende Orgel für den Mainzer Dom vor, der auch von Domkapellmeister Vogt befürwortet wurde. Zu seiner Niederlage gegenüber Klais führte neben der vergleichbar geringen Betriebsgröße vor allem die Unerfahrenheit der Werkstatt mit elektrischen Systemen. Seine Instrumente weisen pneumatische Kegelladen auf, nur die Neubauten für Mainz-Laubenheim (1908) und Mainz-Bretzenheim (St. Achatius, 1909) haben mechanische Kegelladen. Die Pfarrkirche in Bingen-Kempten (1933) erhielt ein elektrisch angesteuertes Fernwerk. Bauteile der von ihm errichteten Orgeln bezog Körfer von der Firma Laukhuff (Weikersheim). 1944 wurde er im Rahmen der sogenannten „Metallspende“ für die Kriegswirtschaft mit der Erstellung von Meldebögen über die Orgeln des Bistums Mainz betraut. Die Aufstellung seines letzten Instruments in Esch in der Eifel musste Körfer bereits seinen Gesellen überlassen; nachdem die Vermittlung der Betriebsübergabe an den pfälzischen Orgelbauer Josef Raschke nach 1946 gescheitert und eine von ihm gewünschte Übergabe an seinen Gesellen Georg Korn (1900–1983) nicht schriftlich erfolgt war, lösten Körfers Erben die Werkstatt nach dessen Tod auf. Teile des Werkstattinventars übernahm die Firma Oberlinger in Windesheim.

Werk (in Auswahl) — 1902 Bad Sobernheim, St. Matthäus (II/P/20); 1950 Entfernung des Spieltischs, 2011/12 Restaurierung durch Förster & Nicolaus (Lich) <> 1906 Rödermark-Ober-Roden, St. Nazarius (II/P/24); im Ersten Weltkrieg Konfiszierung des Pfeifenmaterials, nach der Renovierung der Kirche 1986–1991 Ersatz durch eine Digitalorgel <> 1913 Mainz-Gonsenheim, St. Stephan (II/P/34); nicht erhalten <> 1921 Schwabenheim, St. Bartholomäus (I/P/8) im barocken Gehäuse, vermutlich von Kohlhaas; 1986–1989 Renovierung und Drehung des Spieltischs durch Vleugels (Hardheim) <> 1924 Mainz, Institut der Englischen Fräulein (II/P/14); 1957 Umbau durch Oberlinger, 1967 durch Breitmann (Nieder-Olm) mit Barockisierung der Disposition und Elektrifizierung der pneumatischen Traktur <> 1930 Bodenheim, St. Alban (II/P/31); 2004 Instandsetzung durch Oberlinger (Windesheim) <> 1932 Rüsselsheim, St. Georg (I/P/7); 1982 überholt, 1989 transloziert nach Gau-Algesheim, St. Laurentius <> 1936 Gundersheim, St. Remigius (II/P/12) im barocken Gehäuse aus der Werkstatt Stumm <> 1949 Esch (Eifel), St. Medardus (II/P/11).

Literatur — Bösken 1967 <> Hans-Martin Balz, Orgeln und Orgelbauer im Gebiet der ehemaligen hessischen Provinz Starkenburg. Ein Beitrag zur Geschichte des Orgelbaus, Darmstadt 1969 (= Studien zur hessischen Musikgeschichte 3) <> Matthias Thömmes, Orgeln in Rheinland-Pfalz und im Saarland, Trier 1981 <> Bösken/Fischer 1988 <> Günter Schneider, Der Orgelbau in der Diözese Mainz zwischen 1866 und 1945, in: Die Orgel als sakrales Kunstwerk. Bd. 1: Beiträge zur Orgelgeschichte im ehemals kurrheinischen Reichskreis und seinen Nachfolgestaaten, hrsg. von Friedrich Wilhelm Riedel, Mainz 1992 (= Neues Jahrbuch für das Bistum Mainz. Sonderband 1991/92), S. 154–182 <> Friedrich Wilhelm Riedel (Hrsg.), Die Orgel als sakrales Kunstwerk, Bd. 2: Katalog der Sonderausstellung des Bischöflichen Dom- und Diözesanmuseums Mainz vom 9. Oktober 1992 bis 31. Oktober 1993, Mainz 1992 (= Neues Jahrbuch für das Bistum Mainz 1991/92) <> Fischer/Wohnhaas 1994 <> Achim Seip, Alte und neue Orgeln im Bistum Mainz, Mainz 2003 <> Bösken/Fischer/Thömmes 2005 <> Reinhard Siegert, Der Orgelbauer Michael Körfer (1868–1950) und seine Werkstatt in Gau-Algesheim (1907–1950), in: Heimatbeilage. Blätter für Kultur- und Heimatpflege. Beilage des Amtsblattes der Verbandsgemeinde Gau-Algesheim 17/4 (Dezember 2007), S. 1–8 <> Manfred Wittelsberger, Kirchenorgeln in Mainz – eine Bestandsaufnahme, in: Acta organologica 31 (2007), S. 15–86 <> Maximilian Künster, Der katholische Orgelbau zwischen Spätromantik und Orgelbewegung. Eine Untersuchung zu den Orgelneubauten im Bistum Mainz in den Jahren 1919–1939, Masterarbeit im Studiengang M.Ed. an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz 2021 (unveröff.).


Birger Petersen

Diese Website verwendet Cookies. Durch die Nutzung der Website stimmen Sie dem Speichern von Cookies auf Ihrem Computer zu. Außerdem bestätigen Sie, dass Sie unsere Datenschutzbestimmungen gelesen und verstanden haben. Wenn Sie nicht einverstanden sind, verlassen Sie die Website.Weitere Information
  • koerfer.txt
  • Zuletzt geändert: 2022/05/24 13:56
  • von mb
  • angelegt 2022/04/07 18:53