hundeshagen


HUNDESHAGEN, (HELFRICH) BERNHARD * Hanau 18. Sept. 1784 | † Endenich 9. Okt. 1858; Architekturhistoriker, Germanist, Archäologe

Nach Jurastudium in Marburg und Göttingen ließ Hundeshagen sich als Hofgerichtsadvokat in Hanau nieder, wo er seine Publikationen zur Architekturgeschichte der Antike und vor allem des Mittelalters aufnahm. Insbesondere seine Monografien zur Liebfrauenkapelle in Frankenberg und dem Stauferpalast in Gelnhausen werden heute noch beachtet. 1813–1817 arbeitete er als Bibliothekar in Wiesbaden. In dieser Zeit entdeckte er 1816 die heute nach ihm benannte einzige illustrierte Nibelungen-Handschrift, womit er auch in die Fachgeschichte der Germanistik einging. Anschließend wirkte er in Mainz, wo er Zeichnungen des Doms anfertigte, die beim Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg eine wertvolle Quelle waren. 1819–1823 war er Architekturdozent an der Universität in Bonn; das Ende dieser Tätigkeit stand vermutlich im Zusammenhang seiner Privatinsolvenz. In den Folgejahren beteiligte er sich in der Region an archäologischen Ausgrabungen und publizierte 1832 das noch heute aufgelegte Buch Die Stadt und Universität Bonn am Rhein. 1846 erfolgte wegen seines zunehmenden Größenwahns die Zwangseinweisung in die Nervenheilanstalt in Endenich. In die Zeit kurz vor der Zwangseinweisung fallen seine musiktheoretischen und kompositorischen Arbeiten. Er glaubte, er habe in seiner Nibelungenhandschrift, hieroglyphisch verschlüsselt, „eine neue Theorie der Musik gefunden, Canzonetten entwickelt, die eine völlige Umwälzung in der gesamten Vokal- und Instrumentalmusik, besonders der modernen Opernbelustigung herbeiführen müssen“ (zit. n. Henseler, S. 119). In einem Brief des Jahres 1845 an Louis Spohr gab er einen Überblick über seine kompositorischen Arbeiten: „Meine CompositionsProben […] bestehen unter andern aus dem Anfange eines Concertes für die vier HauptstreichInstrumente, einen Einmarsch und Ausmarsch in ihrer Mitte ein Lebehoch als besonderes Musikstück, für alle Octaven und Stimmen führend: noch so ein Chor zur Medea des Euripides getreu nach dem griechischen Texte, und mehrere Compositionsversuche aller Art, in meinem System der Musik von 16 Octaven Umfang und Hundert Stimmen-Arten, ohne mein Gehör (ich bin beinahe ganz taub) u Instrumentalhülfe hervorgebracht, durch die Ueberlegung u Berechnung der Verhaltnisse der Stoffs.“

Quellen — Brief von Hundeshagen an Louis Spohr, 8. Aug. 1845 (s. Spohr-Briefe); Briefe von Hundeshagen an Johann Wolfgang von Goethe in: Goethe-Jahrbuch 6 (1885), S. 125–138, weitere Briefe von und an Hundeshagen s. (Kalliope)

Literatur — Julius Noll, Helfrich Bernhard Hundeshagen und seine Stellung zur Romantik, in: Jahresbericht des Königlichen Kaiser-Friedrichs-Gymnasium zu Frankfurt a.M. (1891), S. 3–45 <> Theodor Anton Henseler, Das musikalische Bonn im 19. Jahrhundert, Bonn 1959, S. 119f.; NDB


Karl Traugott Goldbach

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