erlanger

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ERLANGER (Familie)

(1) Max * Wetzlar 14. Mai 1813 (nicht 1812) | † Moskau (?) 24. März 1873; Violinist, Kapellmeister, Komponist

(2) Gustav * Halle/Saale 19. Jan. 1842 | † Frankfurt/M. 22. (nicht 23.) Juni 1908; Sohn von (1), Musikschriftsteller und Komponist


(1) Max Erlanger, Sohn des Wechselmaklers Löb Erlanger und dessen Ehefrau Jette geb. Beer, war Schüler von Carl Guhr in Frankfurt und zu Beginn der 1830er Jahre (verm. 1832) von Joseph Mayseder in Wien. In Begleitung anderer Musiker aus Frankfurt begab er sich auf eine Konzertreise, die ihn 1834 zunächst nach Holland führte; in Amsterdam musizierte er gemeinsam mit der Pianistin Clasine Josephine van Brussel (* Amsterdam 1. Febr. 1808 | † Moskau 31. Okt. 1858), die im September 1834 seine Frau wurde. 1836 reiste das Paar weiter nach England, trat 1838 in Berlin auf und 1840/41 in Prag und Wien. Eine Verpflichtung als Musikdirektor band Erlanger von Ende 1841 bis 1842 an Halle an der Saale, dann, nach einem Auftritt in Görlitz, kurzzeitig an Frankfurt an der Oder (1844). Von dort aus reisten die Erlangers nach Riga, wo Max 1845–1846 als Musikdirektor und Erster Geiger am Stadttheater engagiert war. Anschließend, nachdem sein Plan, die Direktion des Theaters in Reval zu übernehmen, sich zerschlagen hatte, ließ sich die Familie 1847 in Moskau nieder; neben seiner Tätigkeit als Kapellmeister am Kaiserlichen Theater (bis ca. 1866) betrieb Erlanger hier seit 1858 die Musikalienhandlung (mit Musikverlag) Lyra (Max Erlanger); das Unternehmen ging zu einem bisher nicht ermittelten Zeitpunkt an seinen Sohn Anton über, der es nach dem Tod des Vaters an den Verleger Peter Jurgenson verkaufte. Erlanger war ein jüngerer Bruder von Raphael von (dies seit 1859) Erlanger (1806–1878), der 1848 ein Frankfurter Bankhaus gründete; dessen Söhne Ludwig (1836–1898) und Viktor (1840–1894) betätigten sich bisweilen als Komponisten und ließen ihre Werke in Wiener Verlagen erscheinen (s. MMB).

Werke — Die meisten der in den Quellen genannten Kompositionen (Bühnenmusik, eine Ouverture, Tänze) erschienen in seinem Moskauer Verlag bzw. blieben ungedruckt und sind verschollen; überliefert ist das Lied De algemeene Bededag in Nederlanden (Sst., Kl.), Frankfurt: Fischer [1834]; A-Wn <> In Riga führte Erlanger seinen Eisenbahn-Actien-Schwindel-Galopp auf (s. Rigasche Zeitung 2. Apr. 1845, mit Inhaltsangabe), der als sein op. 6 1844 bei Horwitzky in Frankfurt/Oder erschienen war. Seit etwa 1870 redigierte er in Moskau das Musikblatt Mузыкальный вестник (Musikalny Westnik; Teile des 3. Jg., der 1872 bei Jurgenson erschien, in RUS-Mrg digital)

Quellen und Referenzwerke — KB Frankfurt (mit Abschrift des Geburtseintrags aus Wetzlar) <> Wiener Zeitung 12. Juni 1830, 12. Okt. 1832 (Fremdenanzeigen Erlanger aus Frankfurt); Amsterdamsche Courant 28. Febr. 1834, 7. März 1834, 6. Mai 1834 (Erlanger nennt sich „Discipel van Mayseder“), 28. Sept. 1834 (Anzeige der Trauung am 24. Sept.), 12. Febr. 1836 (Abreise nach England) u. ö.; Journal de La Haye 13. Febr. 1835, 21. Febr. 1835 (betr. Frankfurter Musiker); Rigasche Zeitung 2. Apr. 1845, 1. Sept. 1845, 31. Dez. 1845, 26. Sept. 1846, 6. Dez. 1846 u. ö.; AmZ (s. Reg.) <> Geschäftsrundschreiben des Musikverlags Lyra in Moskau (1858); D-LEdbsm <> MMB <> Börsenblatt für den deutschen Buchhandel 18. Sept. 1873, S. 3410 (Anzeige der Firmenübernahme durch Jurgenson) <> Mendel <> Rigaer Theater- und Tonkünstler-Lexikon, hrsg. von Moritz Rudolph, Riga 1890


(2) Über die musikalische Ausbildung Gustav Erlangers – abgesehen von derjenigen bei seinen Eltern – liegen bislang keine gesicherten Nachrichten vor. Jedenfalls lebte er mit seiner Familie wenigstens noch gegen Ende der 1860er Jahre in Moskau, wie es aus einem späteren Tagebucheintrag Tschaikowskys hervorgeht, der bei seinem Besuch in Frankfurt (1889) notierte, dass Erlanger nun endlich seine seit 20 Jahren bestehenden Spielschulden beglichen hätte (s. hierzu Glaab, S. 75). Wenn Erlanger nach dem Tod seines Vaters (1873) Moskau verlassen hat, könnte er (wie ältere Lexika behaupten) in Leipzig tatsächlich Schüler Carl Reineckes gewesen sein und auch zumindest einen Abstecher zum Pariser Conservatoire unternommen haben; allerdings hielt er sich bereits 1873 in London auf, wo er mit Maria Adelheid geb. Erlanger die Ehe schloss. Andererseits mag die Veröffentlichung seines op. 2 bei Schott in Mainz (1858) als Indiz für einen früheren Deutschland- bzw. Paris-Aufenthalt gedeutet werden. Seit 1875 wurden Kompositionen von ihm in Frankfurt aufgeführt, wo er seit spätestens 1878 – den Eintragungen in den Zivilstandsakten zufolge – als „Privatier“ lebte und musikalische Beiträge für die Frankfurter Zeitung schrieb; die Sterbeurkunde weist ihm hingegen die Berufsbezeichnung „Tonkünstler“ zu.

WerkeKompositionen: 1872–1890 ließ Erlanger seine Werke (v. a. Vokalmusik) überwiegend bei Kistner in Leipzig und vereinzelt bei Jurgenson in Moskau erscheinen, seitdem (wie schon in einem früheren Fall) bei Verlagen in der Region: Nocturne-Impromptu (Kl.) op. 2, Mainz: Schott [1858]; D-B <> Lieder (Sst., Kl.) op. 43, 2 Hefte, Offenbach: André [1890]; D-B, D-KWbeer (s. Abb.) <> Sechs Lieder (Sst., Kl.) op. 45, Frankfurt/M.: Steyl & Thomas [1896]; D-B <> Sechs Lieder (Sst., Kl.) op. 46, ebd. [1896]; D-B, D-Mbs <> Sechs zweistimmige Lieder (m. Kl.) op. 47, ebd. [1896]; D-B, D-Mbs <> Drei Gesänge (Fch., Kl.) op. 48, ebd. [1898]; D-B <> Drei Klavierstücke op. 49, ebd. [1898]; D-B <> Acht Lieder (Sst., Kl.) op. 50, ebd. [1898]; D-B <> ein „Claviertrio f-Moll“ (s. Signale 14. Nov. 1900) blieb ungedruckt und ist verm. verschollen. <> Schriften: L. van Beethoven. Erste Symphonie in C-dur, Frankfurt: Bechhold [1895] (Der Musikführer Nr. 31); L. van Beethoven. Zweite Symphonie in D-dur, ebd. [1895] (Der Musikführer Nr. 24); L. van Beethoven. Achte Symphonie in F-dur, ebd. [1896] (Der Musikführer Nr. 66); Felix Mendelssohn-Bartholdy. Vierte Symphonie op. 90, ebd. [1897] (Der Musikführer Nr. 126) <> zahlreiche Beiträge zum Feuilleton der Frankfurter Zeitung seit 1878 <> Beiträge für die Neue Wiener Schachzeitung (1900)

Quellen und Referenzwerke — KB Halle, Standesamtsregister Frankfurt <> Didaskalia 19. Okt. 1875, 7. Nov. 1875 <> MMB <> Signale für die musikalische Welt 14. Nov. 1900 <> Neues Wiener Tagblatt 24. Juni 1908 (kurzer Nekrolog) <> Mendel/Reissmann; Conversations-Lexikon der Tonkunst. Herausgegeben als Belage der Neuen Musikzeitung von P. J. Tonger, Köln [ca. 1900]; RiemannL 1922

Literatur — Wolfgang Glaab, Čajkovskijs vier Tage in Frankfurt am Main. Eine Station seiner Konzertreise 1889, in: Mitteilungen der Tschaikowsky-Gesellschaft 9 (2002), S. 34–75

Abbildung 1: Gustav Erlanger, Fotografie von M. Scherer (Digitalisat aus D-F, Porträtsammlung Manskopf)


Axel Beer

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