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(1) (Ernst Christian) Wilhelm * Mainz 27. Apr. 1822 | † ebd. 26. Sept. 1881; Notar und Musikmäzen

(2) (Carl) Wilhelm * Wallertheim/Rheinhessen (nicht Mainz) 13. Juni 1854 | † Nürnberg 5. Nov. 1927; Sohn von (1), Dirigent und Komponist

(3) Martha Mellie verh. Seiler * Freiburg/Breisgau 20. Dez. 1889 | † nicht vor 1937, lebte zuletzt in München; Tochter von (2), Konzertsängerin und Gesanglehrerin

(4) Hans * Straßburg/Elsass 15. Sept. 1891 | † São Paulo 11. Nov. 1968; Sohn von (2), Pianist und Musiklehrer

Zu Max Bruch und der Kölner Linie der Familie bestand eine weit entfernte Verwandtschaft über den gemeinsamen Vorfahren Johann Thomas Bruch (ca. 1550–1626/27), der als Verwalter (Propst), Amtmann und Gerichtsherr der Klöster Herbitzheim und Wadgassen bei Saarbrücken im Dienste der Grafen von Nassau-Saarbrücken stand.


(1) Wilhelm Bruch wurde wie sein Vater Carl Friedrich (1789–1857; Mitbegründer und langjähriger Direktor der Rheinischen Naturforschenden Gesellschaft) Jurist. In sein Haus in der Mainzer Pfaffengasse ließ er einen über zwei Stockwerke reichenden Konzertsaal einbauen, der viele Jahre Mittelpunkt des musikalischen und gesellschaftlichen Lebens der Stadt war. Enge Freundschaft verband ihn mit dem Musikverleger Franz →Schott. Besondere Verdienste um das Mainzer Musikleben erwarb sich Wilhelm Bruch auch als Präsident der Mainzer Liedertafel in den Jahren 1858 und 1861/62.

Aufgrund eigener künstlerischer Begabung bzw. diejenige ihrer angeheirateten Lebenspartner verdienen neben seinem Sohn Carl Wilhelm (2) auch einige seiner Töchter Erwähnung: Die älteste, Friederike Caroline verh. Petzet (* Mainz 8. Jan. 1856 | † München 11. Nov. 1916), war als Großherzogliche Badische Hofschauspielerin von 1882 bis 1904 am Theater in Karlsruhe engagiert. Eleonore Louise (gen. „Ella“; * Mainz 21. Nov. 1866) heiratete 1887 den Violinisten Emil Johann Mahr aus Wiesbaden. Die jüngste Tochter, Johanna Maria Amalia (gen. „Mellie“; * Mainz 5. Juli 1868), heiratete den aus Spanien stammenden Korkimporteur und Korkstopfenfabrikanten Martin Montaner in Mainz – der jüngste der drei gemeinsamen Söhne, Antonio Montaner, war seit 1918 mit der aus Mannheim gebürtigen Opernsängerin Anna Maria (gen. „Aenne“) Geier verheiratet, die u. a. am Stadttheater Mainz engagiert war. Deren gemeinsamer Sohn, Antonio M. (* Mainz 14. Aug. 1919 | † Ludwigshafen 19. Okt. 1991), 1953–1981 Volkswirtschaftsprofessor an der Universität Mainz, erhielt eine Gesangsausbildung bis zur Bühnenreife und komponierte, vor allem Lieder.


(2) Wilhelm Bruch wurde nicht in Mainz (wie meist angegeben), sondern im rheinhessischen Wallertheim geboren, wo sein Vater die den angehenden hessischen Notaren vorgeschriebene Pflichtzeit absolvierte. Nach dem Besuch des Humanistischen Gymnasiums in Mainz begann er sein juristisches Studium an der Universität Leipzig, wechselte jedoch bald zur Musik über, die er bisher nur nebenbei (u. a. als Schüler des dortigen Konservatoriums) betrieben hatte. Zur weiteren Ausbildung begab er sich an das Kölner Konservatorium, wo er den Unterricht Ferdinand Hillers genoss. Nach Beendigung seiner Studien wurde er als Violinist nach Bayreuth berufen und war anschließend für eine Theatersaison (1884/85) als Volontär Bratschist im Städtischen Orchester in Mainz. In den folgenden Jahren war Bruch tätig an den Theatern in Metz (als Chorrepetitor), sowie – jeweils als Kapellmeister – in Magdeburg, Detmold, Freiburg im Breisgau (1887–1890) und Straßburg (1890–1898). Auf Empfehlung von Hans Richter dirigierte er von 1898 bis 1900 das Scottish Orchestra in Edinburgh und Glasgow. Sprachliche Probleme und eine starke Bindung an die Heimat veranlassten ihn zur Rückkehr. Von 1901 bis 1918 leitete er das Nürnberger Konzertorchester, das sich als „Philharmonisches Orchester“ bald in ganz Bayern einen Namen machte und von 1903 bis 1906 in den Sommermonaten als Kurorchester in Bad Nauheim engagiert war. In seinen letzten Lebensjahren widmete sich Bruch, der seit 1888 mit Marie Henriette, einer Tochter des Luxemburger Buchdruckers und Verlegers Théophile Schroell, verheiratet war, seinem kompositorischen Schaffen. Er wurde in Mainz im Erbbegräbnis seiner Familie beigesetzt.

WerkeOpern: Hirlanda (UA Mainz 1886); Textbuch Luxemburg: Schroell [s. d.]; D-Mbs (digital) <> Das Winzerfest am Rhein (UA Nürnberg 1903) <> Dietrich von Bern (vollendet?); Textbuch Luxemburg: Schroell [s. d.] <> Lieder: Sieben Lieder (Sst., Kl.), Berlin: Fürstner [1884]; A-Wn (Nr. 6), GB-Lbl <> Zwei Volkslieder (Sst., Kl.), Frankfurt/M.: Firnberg [1892]; D-B <> Lurlei-Lieder. Ein Cyklus von 4 Gesängen aus J. Wolff’s „Lurlei“ (Sst., Kl.), Mainz: Schott [1893]; D-B <> „Noch stand der West in bunten Farben“ (Sst., Kl.), ebd. [1899]; D-B <> Instrumentalmusik: Romance (Vl., Kl./Orch.), Mainz: Schott [1885]; D-B (m. Kl.), D-MZs (m. Kl.), GB-Lbl (m. Kl.), PL-Wn (nur Kl.-St., digital, s. Abb.) – dass. arr. (Vc., Kl.), ebd. [1896] <> Drei leichte Stücke (Barkarole, Capriccio, Tarantella; Vl., Kl.), Leipzig: Hug [1898]; CH-BEl, D-B <> Weitere Kompositionen, darunter Symphonische Dichtungen, Klavier- und Violinstücke und Kammermusik, blieben offenbar ungedruckt und sind verschollen.

Quellen — Nachlassakt (Restakt); D-Nsa (Amtsgericht Nürnberg, Nachlassakten, Nr. 2296/1927) <> Briefe (v. a. an Schott in D-B), s. kalliope <> Neuer Theater-Almanach 1890–1899 <> Mainzer Tagblatt 21., 24. und 28. März 1886 <> Mainzer Journal 23. März 1886 <> NZfM 5. Nov. 1888; Signale für die musikalische Welt Nr. 7 (Jan.) 1888, Nr. 62 (Nov.) 1890, Nr. 9 (Jan.) 1891 <> Fränkischer Kurier 8. Nov. 1927 (Todesanzeige und kurzer Nachruf auf W. B.), 9. Nov. 1927 (Würdigung und Feuerbestattung des Kapellmeisters W. B.); Fränkische Tagespost 8. Nov. 1927 (W. B. – Ein Künstlerleben); ZfM Heft 12 (Dez.) 1927, S. 719 († W. B.) <> Nachruf in: Verwaltungsbericht der Stadt Nürnberg 1927/28, hrsg. vom Stadtrat Nürnberg, S. 45

Literatur und Referenzwerke — RiemannL 111929 <> Walter Maisch, Aus der Vorgeschichte des Nürnberger Städtischen Orchesters, in: Jahrbuch des Stadttheater Nürnberg und Fürth 1930/31, S. 48ff. <> Paul Alfred Merbach, Festschrift zum hundertjährigen Bestehen des Mainzer Stadttheaters 1833–1933, Mainz 1933 <> Gerhard Ballin, Die Ahnen des Kapellmeisters W. B., in: Genealogie 17 (1968), Heft 6, S. 193–207 <> StiegerO


(3) Martha Mellie Bruch, zweite Tochter von (2), erhielt am Kölner Konservatorium ihre musikalische und sängerische Ausbildung. Danach erteilte sie in Köln Musikunterricht und betätigte sich als Konzertsängerin. Als ihr 1933 eine angeblich jüdische Abstammung unterstellt wurde, wanderte sie nach Mittelamerika aus. Da sie jedoch unter den klimatischen Verhältnissen litt, kehrte sie nach einigen Jahren nach Deutschland zurück und heiratete 1937 den Arzt Gustav Seiler. Danach scheint sie sich nicht mehr künstlerisch betätigt zu haben.


(4) Hans Bruch, ältester Sohn von (2), erhielt schon in frühester Kindheit eine sorgfältige musikalische Ausbildung durch den Vater, die am Kölner Konservatorium unter dem Pianisten Carl →Friedberg fortgeführt wurde. Danach unterrichtete er einige Jahre an den Konservatorien in Köln und Koblenz. 1917 heiratete er die Pianistin Lene Weiller (* Dürkheim 7. Sept. 1891 | † São Paulo 9. Mai 1948), die ebenfalls durch Friedberg ausgebildet worden war, und ließ sich mit ihr in Mannheim nieder, wo beide zahlreiche Duo-Abende veranstalteten. Durch den Ausschluss beider Ehegatten aus der Reichsmusikkammer in den dreißiger Jahren der Existenzgrundlage beraubt, emigrierte das Ehepaar nach Brasilien. In São Paulo gab Bruch Konzerte, verbunden mit ausgedehnten Tourneen durch das Land, und nahm seine frühere Unterrichtstätigkeit wieder auf. Nach dem Tod Lene Weiller-Bruchs heiratete Hans Bruch 1950 Isolda Silla Bassi (* São Paulo 18. Sept. 1919 | † ebd. 21. Febr. 2011), Musiklehrerin und Inhaberin eines Konservatoriums in São Paulo. Die zweite Tochter aus erster Ehe, Gisela Bruch (* Mannheim 5. Juni 1920 | † São Paulo 8. März 1996), seit 1948 verheiratet mit dem aus Mainz gebürtigen Arzt Francisco Eichbaum, lebte zuletzt als Malerin und Musikerin in São Paulo.

Quellen — Nachlass in D-Fdea <> Mehrere Porträts von Mitgliedern der Familie Bruch (ca. 1770–1900, s. hier) wurden 1977 von Hans Bruchs Töchtern an das Museu de Arte de São Paulo übergeben. <> Taufregister Bela Vista (São Paulo); Heiratsregister Cerqueira César; Sterberegister Liberdade (São Paulo)

Literatur — Art. Bruch, Hans, in: RiemannL 111929; Wer ist’s? Unsere Zeitgenossen, hrsg. von Hermann A. L. Degener, 101935 <> Carolina Bresslau Aust, Musiker, Maler, Grafiker, Dichter, Schriftsteller und Journalisten: Ein Bericht über die deutsche Emigration zwischen 1933 und 1946 nach Brasilien, in: Staden-Jahrbuch 41 (1993), S. 54–93 (hier S. 59) <> Estêvão Bertoni, Isolda S.B. Bruch (1919–2011) - Pianista paulistana e professora, in: Folha de S. Paulo 3. März 2011 <> Art. Lene Bruch, in: LexM online <> Kristina Michahelles, Art. Eichbaum, Gisela, in: Biographical dictionary of refugees of nazi fascism in Brazil, hrsg. von Israel Beloch, Petrópolis 2021


LiteraturZu (2), (3) und (4): Gerhard Ballin, Der Kapellmeister W. B. und sein Familienkreis, in: Genealogie 17 (1968), Heft 4, S. 113–126


Uwe Baur (†) | Silja Geisler | Kristina Krämer | Günter Wagner (†)

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  • angelegt 2023/05/26 13:57