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BRATSCH (PRATSCH), JOHANN GEORG * Zell am Main 11. Febr. 1815 | † Würzburg 7. Febr. 1888; Musiklehrer, Musikdirektor und Komponist

Verbindungen von Johann Georg Bratsch zur Region Mittelrhein liegen in dessen letzten zwölf Berufsjahren, von 15. Februar 1873 bis zur Pensionierung am 26. August 1885, in denen er sich um die Hebung des Musikunterrichts an der Kgl. Studienanstalt Aschaffenburg (Lateinschule, Gymnasium und Studienseminar für Knaben) verdient machte, in seinem Schülerverhältnis als Geiger (s. u.) und in seiner Zusammenarbeit mit den Verlagshäusern Schott (Mainz) und André (Offenbach).

Dem Vorbild seines Vaters folgend hatte sich Bratsch vor Eintritt in das Lehrerseminar bei Schulrektor Georg Mauer in Würzburg 1828–1833 vorbereitet und bereits das dortige Kgl. Musikinstitut besucht, wo er Violinschüler von Max Alleaumes war. Lehrerausbildung (1833–1835) und Anstellungsprüfung (nach Schulpraktikum in Orb, dem heutigen Bad Orb)) schloss Bratsch mit Bestnoten ab, und 1839 folgte er dem Ruf als Violin- und Gesanglehrer an das Kgl. Musikinstitut. Dort übertrug man ihm 1844 zudem das Amt des Musikdirigenten und des Mitleiters der Anstalt, wodurch er verantwortlich war für die Musikausbildung am Schullehrerseminar und am Gymnasium. Nach Pensionierung von Institutsleiter Franz Joseph Fröhlich fungierte Bratsch 1859–1873 als Vorstand des Musikinstituts, das er im Sinn seines Vorgängers weiterführte. Die Reorganisation der Anstalt durch das Staatsministerium war Anlass für Bratschs Versetzung nach Aschaffenburg. Hier kam ihm langjährige musikpädagogische Erfahrung zugute; er unterrichte als Musikdirektor am Studienseminar und an der Studienanstalt Gesang, Violine und Violoncello, dirigierte Chorklassen und Instrumentalensembles, hatte die Leitung der Kirchenmusik an der Studienkirche inne und unterstützte die Seminaraufsicht. Das Musikprogramm, das unter seiner Leitung bei Schulfeiern erklang – neben eigenen etwa Werke Beethovens, Haydns und Mendelssohns sowie Violinkonzerte mit Sohn Max Bratsch (* Würzburg 12. Febr. 1863 |† Schöllkrippen 26. Sept. 1937) als Solist – erhielt von allen Seiten hohe Anerkennung.

Bratsch wurde für seine kompositorischen Leistungen 1856 von Herzog Maximilian von Bayern mit der Goldenen Medaille für Wissenschaft und Kunst geehrt. Zu den langjährigen Schülern aus Würzburger Zeit gehören Johann Christoph Lauterbach (später Dresden) und August Kömpel (Hannover, Weimar). In seiner Würzburger Zeit suchte Bratsch persönlich Kontakt zu vielen deutschen Komponisten der Zeit (Hiller, Spohr, →Mendelssohn, Schumann, Wagner).

Werkegeistliche Vokalmusik (mit Opuszahl): Veni sancte spiritus op. 6 (gem. Chor, Orch.; 1843), Augsburg: Böhm [1858]; D-WÜh <> Salve regina G-Dur op. 7 (gem. Chor, Orch.; 1843), ebd. [1858]; D-WÜh, Ms. in D-OCH, D-WÜh <> Regina coeli op. 8 (Chor, Orch.; 1844), ebd. [1858]; D-WÜh, Ms. in D-MBGk <> geistliche Vokalmusik (ohne Opuszahl): Messe A-Dur (SATB, gem. Chor, Org.; ca. 1854); D-WÜh (Autograph) <> Messe F-Dur (Mch.; ca. 1854); D-WÜh (Autograph) <> O sacrum convivium (Chor, Orch./Org.; 1854), Aschaffenburg: E. Schmitt [1872]; D-WÜh (dort auch Ms.) <> unveröffentlicht und verschollen: Benedictus, Homo quidam, O quam suavis es, Vier Antiphonen für die Fastenzeit („Misereris omnium“, „Ne reminiscaris“, „Propitius esto“, „Exsurge Deus“) (jeweils für Chor; ca. 1854) sowie ein Ave regina und ein Salvum fac (jeweils Chor und Instr.; 1877 bzw. 1879) <> weltliche Chormusik (mit Opuszahl): Ruf zur Freude (Mch.) op. 18 (ca. 1850); D-WÜh (Ms.) – auch in einer Fassung für Mch. mit Bläserbegl.; D-WÜh (Ms.) <> An die Nacht (Mch., Bläser) op. 21 (1859); D-WÜh (Ms.) <> weltliche Chormusik (ohne Opuszahl) (Autographe bzw. Abschriften in D-WÜh, wenn nicht anders angegeben): Lobgesang (Mch.; Joseph Fröhlich gew.; 1847) <> Wohin? (Chor; 1848); verschollen <> Nach Schleswig-Holstein (Mch.; ca. 1840–1860) <> Sonntagsfrühe, Fassungen in c-Moll und Des-Dur (Mch.; ca. 1840–1860) <> Der Vöglein Hochamt im Frühlinge, Fassungen in G-Dur und F-Dur (Oberstimmen-Soli, Oberstimmen-Chor, Deklamation, Orch.; 1846–1861) <> Deutscher Sängerspruch (Mch. (?) mit Harmoniebegl.; ca. 1850) <> Eröffnungschor zum Schauspiel Friedrich von Wirsberg (Soli, gem. Chor, Orch.; 1861) – Fassung für Mst.-Soli, Mch., Bläserbegl. (1871); verschollen <> Bayerische Nationalhymne (gem. Chor, Orch.; 1861); verschollen <> Chor aus Ajas von Sophokles (Mch., Orch.; 1872) <> Zum Willkomm (Mch., Bläserbegl.), autographierter Druck, Aschaffenburg 1873; D-WÜh (auch autogr. KlA.) <> Weihnachtskantate (Chor, Instr.; bis 1881) <> Siegesgesang (Am 3. September 1870) (Mch.), in: Carl Seitz, Album patriotischer Männerchöre, Hof: Büching [1877] <> Heimweh, Deutsche Treue, Der stille Grund (jeweils Mch.), in: Das Rütli. Ein Liederbuch für Männergesang 3. Sammlung, St. Gallen: Sonderegger [1879] <> Waldlied, Abendlied (jeweils gem. Chor), in: Sammlung ausgewählter Lieder und Gesänge für gemischten Chor für Gesangvereine und höhere Lehranstalten, Regensburg: Coppenrath [1876] <> Lieder: Sechs Kinderlieder von L. Freifrau von des Bordes (Sst., Kl.; der Dichterin gew.) op. 9, Offenbach: André [1871]; D-Mbs (digital), D-OF (auch Stichvorlage) <> Drei Lieder von E. Geibel (Sst., Kl.) op. 10, Mainz: Schott [1855]; D-B <> Drei Lieder (Sst., Kl.) op. 11 (Nr. 3 mit Hr. ad lib.), ebd. [1856]; CH-Zz (Nr. 2), D-B, D-KA, D-KNmi (Nr. 1) <> Drei Lieder (Sst., Kl.) op. 12, ebd. [1856]; D-B <> Klage (Sst., Fl., Kl.) op. 13, ebd. [1857]; D-B <> Drei Lieder (Sst., Kl.) op. 14, ebd. [1857]; D-B <> Geschiedensein (S, Kl., Vc.) op. 15, Würzburg: Röser [1857]; D-Mbs <> Die Sterne (Sst., Kl., Vc.) op. 16, ebd. [1858]; D-Mbs <> 4 Lieder (Sst., Kl.) op. 17, Mainz: Schott [1862]; D-B <> Barcarole (2 Sst., Kl.) op. 18, ebd. [1862]; D-B <> Drei Lieder (Sst., Kl.) op. 19, ebd. [1852]; D-B, D-Mbs (Nr. 1, 2, 3 digital) <> Natur Lieder von Friedrich Oser (Sst., Kl.) op. 20, Offenbach: André [1867]; D-OF (auch Stichvorlage) <> Instrumentalmusik (sämtlich ungedruckt): Fest-Ouverture d-Moll (Orch.; ca. 1859); D-WÜh (Autograph) <> Concert-Ouvertüre c-Moll (Orch.; 1848); D-WÜh (Autograph und Auff.-Material) <> Trauermarsch f-Moll (Kl.; Fragment, ca. 1840–60); D-WÜh <> Orchesterbegl. zu Werken von Jean Remusat (Variationen für Flöte) und Jean-Louis Tulou (Flötensolo)

Quellen und Referenzwerke — 4 Briefe (1859) an Louis Spohr (s. Spohr-Briefe) <> Personalakte; D-Mhsa MK 18105 <> Akte Musik-Unterricht an der Studien Anstalt in Aschaffenburg und an dem Studienseminar daselbst; D-Mhsa MK 21033 <> Akten Aschaffenburg. Studienseminar allgemein 1871–1877 bzw. 1878–1889; D-WÜst, Reg. 13120 bzw. 13121 <> Akten Aschaffenburg. Studienseminar Personalverhältnisse 1873–1879 bzw. 1880–1890; D-WÜst, Reg. 13127 bzw. 13128 <> Jahresbericht des Kgl. Gymnasiums und der Lateinschule Würzburg, Würzburg 1842/43–1871/72 <> Maifest gefeiert von der studirenden Jugend an dem Königl. Bayerischen Gymnasium und der Lateinschule in Würzburg, Würzburg 1862 <> Programm für das Maifest der kgl. Studienanstalt Aschaffenburg, Aschaffenburg 1873–1885 <> Jahresbericht der Kgl. Studienanstalt Aschaffenburg, Aschaffenburg 1873–1886 <> Jahresbericht des St. Johannis-Zweigvereines in Aschaffenburg, Aschaffenburg 1882 <> Johann Nepomuk Huber, Geschichte und gegenwärtiger Zustand des k. Schullehrer-Seminars zu Würzburg zur Jubelfeier des hundertjährigen Bestehens der Anstalt herausgegeben unter Benützung der amtlichen Quellen, Würzburg 1871 <> Aschaffenburger Zeitung ab 1858 <> Würzburger Abendblatt 31. Juli 1871 <> Schul-Anzeiger für Unterfranken und Aschaffenburg Nr. 8 (1888), S. 118–123 <> Dieter Kirsch, Katalog der Musikhandschriften des Diözesanarchivs Würzburg und seiner Deposita, Teil I: Die Handschriften, Würzburg 2014 <> MMB <> RISMonline

Literatur — Karl Kliebert, Die Kgl. Musikschule Würzburg. Ihre Gründung, Entwicklung und Neugestaltung. Denkschrift aus Anlass 100jährigen Bestehens der Anstalt 1804–1904, Würzburg 1904 <> Adolf Dyroff, Zum Gedächtnis des Musikdirektors J. G. Bratsch, in: Festschrift zum Studiengenossenfest Aschaffenburg am 19., 20. und 21. Juli 1930, Aschaffenburg 1930, S. 10f. <> Klaus-Hinrich Stahmer, Komponierende Direktoren. Ein Kapitel aus Würzburgs Musikgeschichte, in: Musik und Hochschule. 200 Jahre akademische Musikausbildung in Würzburg, Würzburg 1997, S. 43–74 <> Dieter Kirsch, Die musikalische Lehranstalt unter Franz Joseph Fröhlich. Eine kommentierte Ausgabe seiner Jahresberichte und weiterer Dokumente aus den Jahren 1798 bis 1862, Würzburg 2017 (Quellen und Studien zur Musikgeschichte Würzburgs und Mainfrankens 5)

Abbildung 1: Portrait Johann Georg Bratsch (Carte de Visite) [vor 1873]; D-ERstaab

Abbildung 2: Johann Georg Bratsch, Natur Lieder von Friedrich Oser op. 20 [1867]; D-OF


Erich Staab

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  • Zuletzt geändert: 2024/01/09 17:53
  • von bkb
  • angelegt 2022/01/24 18:14